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Die Straße nach Eden - The Other Eden

Titel: Die Straße nach Eden - The Other Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Bryant
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er seine Aufmerksamkeit wieder auf mich. »Ich hätte dir das alles schon lange vor dieser unerquicklichen Szene erklären sollen, und ich wünschte, ich könnte es jetzt tun … aber ich kann es nicht. Nicht, weil ich es nicht wollte oder nicht für nötig hielte, sondern weil ich mir selbst nicht mehr sicher bin, was ich mit Bestimmtheit weiß und was nicht.«
    Er setzte sich auf eine steinerne Bank vor dem Geländer und zog mich zu sich hinunter, dann holte er tief Atem. »Was ich dir aber sagen kann und muss, ist, dass ich nicht aufrichtig zu dir war. Ich habe dich in dem Glauben gelassen, Dorian Ducoeur nie zuvor begegnet zu sein, bevor ich ihn in deinem Haus traf. In Wahrheit habe ich ihn aber schon viel früher kennen gelernt, und zwar unter völlig anders gearteten Umständen. Ich weiß, dass er ein intriganter, überaus gefährlicher Mann ist, denn er versteht es meisterhaft, andere Menschen zu manipulieren. Und ich habe Angst, er könnte dir etwas zu Leide tun, weil du dich mit mir zusammengetan hast.«
    »Wieso bist du dir da so sicher? Die Art, wie er mit dir gesprochen hat … ich meine, mir kam es nicht so vor, als wäre er dein erbitterter Feind.«
    »Die Dinge sind oft nicht so, wie sie zu sein scheinen, Eleanor«, entgegnete er weich. »Vergiss, was du gehört hast, es wird dich nur quälen und noch tiefer in dieses Verwirrspiel verstricken. Glaub nur das, was du siehst.«
    Ich blickte zu ihm auf. Der liebevollen Sorge, die ich in seinem Gesicht las, haftete kein Hauch von Falschheit an. Ich schlang die Arme um seinen Hals, küsste ihn und spürte augenblicklich wieder die Zurückhaltung, die ich bis heute für charakteristisch für ihn gehalten hatte. Doch ein paar Stunden zuvor war ich eines Besseren belehrt worden. Ich wusste, dass er zur Leidenschaft fähig war und gedachte nicht zuzulassen, dass er sie erneut unterdrückte. Seine
Küsse wurden inniger, die Anspannung wich allmählich aus seinem Körper, und seine Lippen glitten so zart wie Schmetterlingsflügel über meinen Hals hinweg. Das Blut begann schneller durch meine Adern zu rauschen, meine Haut schien mit einem Mal in Flammen zu stehen - und dann löste er sich schwer atmend von mir.
    »Nicht hier, Eleanor«, flüsterte er. »Nicht hier und nicht jetzt.«
    Seine Augen hatten sich umwölkt. Fetzen des Gesprächs, das ich mit angehört hatte, kamen mir wieder in den Sinn. »Alexander…«, begann ich.
    Er wandte den Blick nicht von meinem Gesicht, und ich wusste, dass, ob ich es nun wollte oder nicht, mein Herz offen wie ein Buch vor ihm lag, während das seine mir verschlossen blieb.
    »Du bist meine einzige wahre Liebe«, flüsterte er nahezu unhörbar, »ich werde dich nie als einen selbstverständlichen Bestandteil meines Lebens betrachten. Und jetzt komm.« Er stand auf, zog mich sanft in die Höhe und schob meinen Arm unter den seinen. »Lass uns nach Hause fahren.«
    Doch so leicht kamen wir nicht davon. Sowie wir uns wieder unter Dorians Gäste mischten, wurden Forderungen nach einer Kostprobe unseres musikalischen Könnens laut. Alexander warf mir einen hilflosen Blick zu. Ich schüttelte den Kopf - kein Gedanke daran, dass ich mich jetzt an ein Instrument setzen konnte. Seufzend wandte er sich wieder zu der Menge um und rang sich ein Lächeln ab.
    »Miss Rose verzichtet«, erklärte er, »aber mir wäre es eine Ehre, für Sie zu spielen.«
    Wir wurden von einem Strom weicher, erhitzter Leiber zum Wintergarten gespült. Einigen Glücklichen gelang es, die vorhandenen Stühle mit Beschlag zu belegen, der Rest drängte sich in den Ecken des Raumes und draußen auf
dem Korridor. Als Alexander auf der Bank vor dem Klavier Platz nahm, erstarb das Getuschel und Geraune. Ich versuchte, mich gleichfalls unauffällig in eine Ecke zurückzuziehen, doch er hinderte mich daran und deutete auf einen Stuhl ganz in seiner Nähe. Widerstrebend ließ ich mich auf der äußersten Kante nieder. Mir war peinlich bewusst, dass zahlreiche Augenpaare auf mir ruhten und ich mindestens so neugierig begutachtet wurde wie Alexander. Ich sah Mary inmitten einer Gruppe von Gästen an einer Tür auf der anderen Seite des Wintergartens stehen. Dorian hielt sich an ihrer Seite. Unsere Blicke trafen sich, und ein schmales, ironisches Lächeln spielte um seine Lippen. Ich wandte mich rasch ab, dann zerrissen auch schon die ersten Töne eines Präludiums von Rachmaninow die Stille.
    Ich hatte gehört, dass dieses Stück wie so viele von Rachmaninows Kompositionen

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