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Die Straße nach Eden - The Other Eden

Titel: Die Straße nach Eden - The Other Eden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Bryant
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Gesellschaft mit dieser Menge hier messen, die selbst jetzt noch unter
dem Zauberbann der Vergangenheit zu stehen schien. Die samstagabendlichen Soirées meines Großvaters verblassten angesichts dieses üppigen Prunkes, den ich so ehrfürchtig in mich aufnahm wie ein Kind, das eine majestätische Kathedrale bestaunt.
    Im Gegensatz zu Edens blasser Schlichtheit trumpfte Joyous Garde mit kräftigen Farben, kostbaren Stoffen und reichem Dekor auf. Die Wände eines Raumes waren mit ähnlichen, mythologische Szenen darstellenden Fresken bemalt wie die Ballsaaldecke des Hauses auf dem Hügel, ein anderer schien in offenkundiger Anlehnung an die Säle im Schloss von Versailles nur aus Gold und Spiegeln zu bestehen. Dorians Gäste tanzten, schlenderten durch das Haus oder standen plaudernd in Gruppen beieinander. Alle trugen schillernde Roben in leuchtenden Farben und erweckten den Eindruck, als seien sie Bestandteile eines prachtvollen mittelalterlichen Wandbehanges.
    Dorians Prophezeiung bewahrheitete sich: Seine Gäste zeigten sich von uns fasziniert. Wir konnten kaum drei Schritte gehen, ohne von irgendjemandem aufgehalten und in ein Gespräch verwickelt zu werden. Es dauerte nicht lange, bis ich von Alexander getrennt wurde, aber der Alkohol hatte mir einen großen Teil meiner Scheu vor anderen Menschen genommen, und dafür war ich so dankbar, dass ich nicht darüber nachdachte, wie viel ich unter seinem Einfluss ungewollt von mir preisgab. Ich trank keinen Sekt mehr, sondern eine helle, undurchsichtige Flüssigkeit, die schwach nach irgendwelchen unbekannten Kräutern schmeckte. Ich wusste nicht, was es war, aber es kümmerte mich auch nicht mehr. Ich ließ mich von einer Gästegruppe zur nächsten durchreichen, sprach über alles Mögliche, von Musik bis hin zum Krieg, von Kunst und Politik, bis meine Worte ineinander verschwammen und ich mich, als hätte Alexanders Trinkspruch einen Zauber über mich verhängt,
widerstandslos vom wildem Strudel puren Lebens mitreißen ließ.
    Endlich wurde mir alles zu viel. Ich folgte einem frischen Luftzug, der durch den überfüllten Raum wehte, und gelangte zu einer entlang des hinteren Teils des Hauses verlaufenden Galerie. Sie ging auf einen Garten mit einem Teich in der Mitte hinaus, in dem sich im Mondschein silbrig glitzernde Fische tummelten. Befriedigt stellte ich fest, dass dieser Garten genauso ungepflegt war wie die Edens. Ich lehnte mich gegen das Geländer, blickte auf die durch das Wasser schießenden Fische hinab, leerte mein Glas und atmete tief durch, damit mein Kopf wieder klar wurde.
    Ich musste einige Zeit dort gestanden haben, denn plötzlich war der Lärm der Gästeschar abgeebbt, und stattdessen erklangen im Raum hinter mir plötzlich zwei Männerstimmen. In meinem benommenen Zustand schienen die Sprecher einmal ganz nah und dann wieder meilenweit entfernt zu sein, aber ich erkannte ihre Stimmen sofort.
    »Ich will jetzt die Wahrheit hören«, verlangte Alexander. »Warum bist du hier?«
    »Dasselbe könnte ich dich fragen«, gab Dorian zurück.
    Es war mehr der bittende Unterton in seiner Stimme als seine Worte, der meine Neugier weckte und mich dazu bewog, draußen auf der Galerie zu verharren, statt, wie es der Anstand geboten hätte, meinen Lauschposten sofort zu verlassen und in den Raum zurückzugehen. Ich schlich, ohne mich auch nur im Geringsten für mein indiskretes Verhalten zu schämen, noch näher auf die Tür zu.
    »Keine Angst«, fuhr Dorian fort. »Ich will dir nichts Böses, Alexander.«
    »Natürlich nicht«, knirschte Alexander grimmig. »Aber du hättest keinerlei Skrupel, sie für deine Zwecke zu benutzen.«
    Dorians Lachen klang hohl. »Du verstehst mich vollkommen
falsch. Ich lasse mich mit niemandem ein, der nicht dazu bereit ist.«
    Obwohl ich wusste, dass das, was ich hier hörte, von entscheidender Bedeutung für mich war, vermochte ich den Sinn der Worte nicht ganz zu erfassen. Mir war, als hätte sich ein Schleier, der nicht allein vom Alkohol herrührte, über meine Sinne gelegt. Eine steinerne Chimäre, eine Hälfte des Paares, das die Tür flankierte, ragte neben mir im Schatten auf. Ihr gesenkter Blick schien Mitgefühl auszudrücken. Ich stütze mich mit einer Hand auf ihren Rücken, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren, und beugte mich vor.
    »Du redest, als wäre dir die Macht deines Charmes nicht bewusst«, entgegnete Alexander scharf.
    »Ganz im Gegenteil - ich bin mir darüber im Klaren, dass meinem Charme, wie du es

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