Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Strasse ohne Ende

Die Strasse ohne Ende

Titel: Die Strasse ohne Ende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
wird alles vergessen lassen, Handrick. Stürzen Sie sich in die Arbeit, suchen Sie Ihre Viren und Bazillen, vergessen Sie alles andere und denken Sie nur noch an Retorten und ruhrverseuchtes Blut. Das wird Sie heilen.«
    Dr. Handrick schwieg. Er schloß die Augen und lehnte sich zurück. Heilen, dachte er. Ich werde innerlich an diesem Stich verbluten, ich werde herzlos werden, hart und düster.
    Kurz bevor der Offizier seine Truppen wieder aufsitzen ließ und die Wagen sich in Bewegung setzten, tauchte im Süden ein Scheinwerfer auf.
    Hinter ihm folgten andere. Dann konnte man Jeeps und einen großen Raupentransporter sehen, die in einer Staubwolke näher kamen.
    Leutnant Grandtours sprang als erster aus dem Wagen und stellte sich den beiden Offizieren vor. Er sah sich schnell um und überblickte die Lage. »Nichts?« fragte er.
    »Doch. Sie wurde nach El Hamel geschafft. Hoffnungslos.«
    »Verfluchte Schweinerei!« schrie Grandtours.
    »Wir können nichts machen. Sie wissen ja, Leutnant.«
    »Ich weiß! Und ich weiß auch, wer dahintersteckt! Wir werden sie trotzdem bekommen!«
    »Sie wollen El Hamel stürmen?« Entsetzen lag in den Augen der anderen Offiziere.
    »Stürmen? Nein!« Grandtours wandte sich ab. »Gute Nacht, meine Herren.« Er rannte zu dem Jeep zurück und sah zu, wie die anderen Wagen nach Laghouat abfuhren. Dann beugte er sich über Dr. Sievert, der ihn anstarrte.
    »Wo ist sie?« fragte Sievert schwach.
    »In El Hamel!«
    »In der Stadt des Marabut.« Dr. Sievert sah Ferrai an, der neben ihm hockte. »Kennst du El Hamel, Ferrai?«
    »Nein, Herr. Aber die Stadt ist heilig!«
    »Sie liegt doch bei Bou Saâda, nicht wahr?«
    »Ja.«
    »Wieviel Kilometer sind es von hier?«
    »Zweihundertsechzig Kilometer«, sagte Grandtours zögernd. »Der Weg geht über Aïn Rieh.«
    »Zweihundertsechzig Kilometer«, sagte Dr. Sievert schwach. »Das ist weit, sehr weit für mich.«
    In dieser Nacht wurden vier Menschen vermißt.
    Aus dem Krankenhaus verschwand Dr. Handrick. Er war ohne Gepäck gegangen, nur einen kleinen Kasten Serum und Arztbestecke hatte er mitgenommen.
    Nach Fort III wurde vom Funkwagen gemeldet, daß Leutnant Grandtours, Dr. Hans Sievert und der Boy Ferrai nach einem kurzen Spaziergang in die Wüste nicht zurückgekehrt seien. Die sofort aufgenommene Suche sei ergebnislos geblieben.
    Hauptmann Prochaine zögerte bis zum Morgen, ehe er die Meldung nach Algier weitergab. So haben sie einen Vorsprung, dachte er. Sie haben eine ganze Nacht für sich gewonnen.
    Als Jacqueline Dumêle von der plötzlichen Flucht Dr. Handricks hörte, brach sie zusammen und schrie über eine Stunde. Sie hatte sich nach den sich überstürzenden Ereignissen zu Bett gelegt und bis zu dem Augenblick still vor sich hingeweint, in dem einer der Unterärzte in ihr Zimmer rannte und rief: »Dr. Handrick ist verschwunden!«
    In diesem Augenblick wußte sie, daß sie das große Spiel um seine Liebe verloren hatte, daß die Deutsche, dieses verfluchte deutsche Mädchen, gesiegt hatte und daß sie jetzt einsam war inmitten der Wüstenberge und begraben unter den Trümmern ihrer Träume von einer glücklichen Zukunft an Dr. Handricks Seite.
    Erst allmählich beruhigte sie sich. Schluchzend lag sie auf dem zerwühlten Bett und starrte an die weißgetünchte Decke des Zimmers. Der Gedanke an Rache und Haß stieg in ihr hoch. Man müßte zu den Arabern gehen, dachte sie, zu diesen Nationalisten, und ihnen bieten, was sie wollen, damit sie Dr. Handrick töten. Wie ich ihn hasse, diesen blonden Deutschen! Wie herrlich wäre der Tod dieser Hilde Sievert! Ich könnte dabeistehen, wenn sie unter den Steinwürfen der Araber oder unter ihren Dolchen stürbe.
    Sie erhob sich und trat ans Fenster. Still lag die Wüste im Mondlicht. Ich werde sie aufhetzen gegen alle Weißen; ich werde sie verrückt machen mit meinem Körper, meinen Lippen, meinen Augen, bis sie heulend gegen die Forts stürmen und die Fackel des Aufruhrs über ganz Afrika tragen! Sie sah, wie Dr. van Behl durch den Garten lief, und hörte ihn etwas rufen. Der deutsche Konsul, so klang es. Sie lächelte bitter und zog sich an.
    Noch einmal glitten die Stunden mit Dr. Handrick an ihr vorbei, die Abende unter den Malvenbüschen, die Nächte in ihrem Zimmer, die Ritte durch die Wüste, die gemeinsame schwere Arbeit in den Labors von Biskra und Laghouat. Sie dachte an die Wochen, in denen sie immer um ihn war und ihm unentbehrlich wurde, bis sie wieder auftauchte, diese Deutsche,

Weitere Kostenlose Bücher