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Die Strasse ohne Ende

Die Strasse ohne Ende

Titel: Die Strasse ohne Ende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Regen, nach einem richtigen, stundenlangen, klatschenden Regen, der alles durchnäßt, der alles kühlt, der über die Haut rinnt, der uns durchweicht.
    Regen! Den letzten Regen erlebte ich vor drei Jahren in Algier. Es war ein schnurfeiner, warmer, stiller Regen, der wie ein Tüllvorhang über der Stadt hing und nach einer Stunde von der Sonne aufgesaugt wurde.
    Es war ein Irrtum der Natur. Man spürte es – die Natur schämte sich und korrigierte den Fehler. Oben im hohen Atlas, in Chréa und Tikjda, liegt im Winter Schnee, dorthin ziehen die reichen Algerier und verleben ihre Winterferien. Dort gibt es wunderbare Hänge, Sprungschanzen, Sessellifts, Luxushotels wie in den Alpen, meterhoch liegt dort der Schnee – Schnee in Afrika.
    Wie sieht Schnee überhaupt aus? Ich weiß es kaum mehr. Ich kann mich nur erinnern.
    Weiß ist er, ein Meer aus wunderschönen Kristallen.
    Lautlos rieselt er aus den grauen Wolken, die Flocken tanzen, es ist wie gefrorene Musik.
    Wie wundervoll ist Schnee!
    Das Wasser in dem kleinen Brunnen, an dessen Rand ich jetzt sitze, ist sandig und trübe. Im weiten Umkreis liegen die weißen, gebleichten Skelette von Kamelen und Eseln, die hier zusammenbrachen und nicht mehr die Kraft besaßen zu warten, bis der Brunnen vom Flugsand freigeschaufelt wurde. Aasgeier und Hyänen, die Müllabfuhr der Wüste, nagten das Fleisch von ihren Körpern, so sauber und vollkommen, wie es kein Skelettpräparator in Europa mit seinen technischen Mitteln könnte.
    Wann geht es endlich weiter? Hier in der Sonne zu sitzen, ist fürchterlich. Die Wüste läßt sich nur auf dem Rücken eines guten Kamels ertragen; man hat das Gefühl, über ihr zu schweben, sie zu besiegen, und man ist doch in Wahrheit nur ein armseliges Etwas, das sich verzweifelt gegen die Macht der Natur stemmt.
    Jetzt sehe ich Amar Ben Belkacem wieder!
    Er kommt zwischen den Palmen her, von dem Lager der Lastkamele. Ein anderer, mir fremder Araber geht an seiner Seite. Ein kleiner, dicker Mann mit einer viel zu langen Djellabah; er schleift sie hinter sich her wie eine kurze Schleppe. Auf seinem runden Kopf sitzt ein grellroter Fez, umwickelt mit einem Seidentuch, das die Ohren und die Stirn völlig einhüllt. Er scheint älter als Amar Ben Belkacem zu sein, und sein Gesicht ist brauner. Sie kommen zu mir – was werde ich erfahren?
    Eine Stunde später.
    Ich mußte mein Tagebuch unterbrechen, denn die beiden Araber kamen wirklich zu mir und blieben vor mir stehen. Amar Ben Belkacem sprach ein paar Worte in einem mir unbekannten arabischen Dialekt zu dem kleinen Dicken, der mich mit unverhohlener Neugier anstarrte.
    Dann hob dieser den Arm und grüßte mich auf seine Landesart, indem er die flache Hand an die Stirn legte und sich leicht, fast nur andeutungsweise, verneigte. »Ich bin erfreut, Sie kennenzulernen«, sagte er. Sein Französisch war flüssig und gewandt, es war ein reiner Pariser Dialekt, gemischt mit der Nonchalance der Südfranzosen.
    »Dr. Ahmed Djaballah.« Amar Ben Belkacem wies auf den neuen Besuch. »Sie kennen ihn, Doktor?«
    »Dem Namen nach.«
    Ich sah Dr. Djaballah mit größtem Interesse an. Viel hatte ich in den fünfzehn Jahren meiner Wüstenzüge von ihm gehört, von dem geheimnisvollen Gelehrten, der rahmanischen Bruderschaft, die den Priesternachwuchs Algeriens stellt und in der für Europäer verbotenen heiligen Stadt El Hamel, südlich der Oase Bou Saâda, ein großes Kloster besitzt. Dort lernen die Schüler lesen und schreiben und den heiligen Fanatismus für die grüne Fahne des Propheten. Auch Dr. Djaballah sollte in El Hamel wohnen, wenn ihn auch niemand dort gesehen hatte, in diesen großen wehrhaften Steinklötzen, emporgebaut auf die Felsen, die mitten in der Wüste aufragen. Am Tisch des Marabuts sitzt er, des großen geistigen Führers Algeriens, dessen Wort von Algier und seiner Mittelmeerküste bis nach Timbuktu, der alten Karawanenstadt am Niger in Zentralafrika, gilt. Er beherrscht die Sahara, seine Sprache ist die Sprache Allahs und Mohammeds.
    Nun stand dieser Mann vor mir, dieser geheimnisvolle Kopf der Wüste, die rechte Hand des Marabuts, ein kleiner, dicker Mann mit einer randlosen, scharfen Brille, einem schütteren grauen Bart und einer hohen, sehr intelligenten Stirn. Wir standen uns eine Weile stumm gegenüber und musterten uns, dann streckte ich meine Hand hin und war verwundert, daß er sie ergriff und drückte.
    »Ich habe Ihre Pläne durchgesehen, Dr. Sievert«, begann Dr. Djaballah

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