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Die Strasse ohne Ende

Die Strasse ohne Ende

Titel: Die Strasse ohne Ende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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dem Haß und den Leidenschaften, die sich um ihn herum entwickelten und einmal zu einer Katastrophe führen mußten. Er wünschte sich, wieder in seiner stillen Garnison zu sein, in jenem kleinen, verträumten Landstädtchen im Süden der Provence, wo der Wein an der Kasernenmauer wuchs und am Abend die Gitarren durch die Pinienhaine flüsterten. Dieses Afrika aber war grausam, erbarmungslos.
    Die Wagen sausten durch die Steinsteppe und verlangsamten die Fahrt erst, als die Sanddünen wieder begannen. Im trockenen Flußbett, das einen festeren Untergrund hatte, hüpften die leichten Fahrzeuge auf und ab.
    Amar Ben Belkacem sah den Wagen nach, bis sie in einer Staubwolke in der Nacht untergingen. Dann schob er langsam den Teppich zurück, der den Eingang seines Zeltes verdeckte, und trat ein.
    Von dem Mittelpfahl warf eine Öllampe einen hellen, runden Schein durch den großen Raum. Im Hintergrund, auf einem Lager aus Kamelfellen und Teppichen, saß Dr. Sievert und rauchte eine Pfeife.
    »Sie sind weg«, sagte Amar Ben Belkacem einfach.
    »Ich habe es gehört.« Dr. Sievert klopfte die Pfeife an einem Stein, der neben ihm lag, aus. »Wenn ich nun gerufen hätte?«
    Amar Ben Belkacem hob bedauernd die Schultern. Sein Gesicht war wie verschlossen. »Warum sollten Sie zehn unschuldige Männer opfern? Sie waren sehr klug, Doktor.«
    Dr. Sievert erhob sich und trat aus dem Zelt. Sehnsüchtig blickte er in die Wüste, dorthin, wo noch immer die Staubwolke in der Luft hing, die Wolke, hinter der die Freiheit fortfuhr.
    Amar Ben Belkacem stand hinter ihm und erriet seine Gedanken. Er legte ihm die lange, schmale, knochige Hand auf die Schulter. Deutlich waren die dicken Sehnen der Finger durch die lederne Haut zu sehen. »Es war besser so, Doktor, glauben Sie mir. Was Sie hier erleben – von Ihrer Warte aus gesehen: erdulden –, ist ein Stück Weltgeschichte. Wie oft hing das Schicksal der Völker von einem einzigen Mann ab. Für unseren Traum, das Großafrikanisch-Arabische Reich, sind Sie der Mann. Mit der Fruchtbarmachung der Wüste sänken alle unsere Aussichten, jemals den weißen Mann aus Afrika zu vertreiben. Für große Ziele sind alle Mittel recht! Auch das haben wir von Europa gelernt.« Sein Lächeln war ein wenig zynisch, aber Dr. Sievert übersah es, weil er spürte, daß Amar Ben Belkacem die Wahrheit sagte. »Wenn Sie die Pläne der Sahara vergessen könnten, wären Sie frei! Wir brauchen nur Ihr Ehrenwort.«
    »Und wer sagt Ihnen, daß ich es in der Freiheit halte?«
    Amar Ben Belkacem sah Dr. Sievert lange und ernst an, ehe er antwortete. »Sie sind doch Deutscher.«
    Dr. Sievert blickte zu Boden und trat zurück in das große Zelt. Mit einem tiefen Seufzer ließ er sich auf die Polster fallen und stopfte wieder seine Pfeife. Er sah auch nicht auf, als Amar Ben Belkacem ihm wieder folgte und sich seitlich vor ihm auf ein Lederkissen niederhockte. »Das hätten Sie nicht sagen dürfen, Amar«, sagte er endlich.
    Der Araber lächelte leicht. »Es freut mich, daß es Sie traf. Warum sollen wir immer im Kreise reden? Die Patrouille der Fremdenlegion beweist uns doch, daß die Zeit reif ist. Man hat Sie gesehen, man wird jetzt nicht wieder von unserer Fährte ablassen, man wird uns verfolgen wie ein Wild. Die Chancen für Sie und mich stehen jetzt eins zu eins. Findet man Sie bei mir, ist alles verloren.«
    »Und findet man mich nicht?«
    »Dann ziehen wir weiter in die Wüste, hinunter ins Hoggar, wie es der Plan Babaâdours war. Dort wird es schwer sein, uns zu finden. Das Hoggar ist zum Teil noch unerforscht! Auch von Ihnen, Doktor«, setzte Amar Ben Belkacem mit einem Lächeln hinzu.
    »Und die Offiziere der Legion? Warum haben sie das Lager nicht durchsucht?«
    Amar Ben Belkacem betrachtete seine Hände. »Weil sie wenig vom Pokern verstehen! Ich spielte va banque. Ich stellte es ihnen anheim, das Lager zu durchsuchen. Diese Sicherheit des Bluffs überzeugte sie.«
    Dr. Sievert nahm das Streichholz, das ihm der Araber reichte, und steckte seine Pfeife in Brand. Dabei sah er durch die kleine Flamme in Amar Ben Belkacems hageres Gesicht. »Sie sind ein gefährlicher Gegner«, sagte er ehrlich. »Es war wirklich ein Fehler Frankreichs, Sie dort studieren zu lassen.«
    Der Tag war ruhig. Nachdem mir Amar Ben Belkacem eine Djellabah und ein Kopftuch gegeben hatte, die ich beide anlegen mußte, zogen wir weiter nach Süden, weg von Bir-Adjiba, das meine große Hoffnung gewesen war. In der Ferne sah ich wieder die

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