Die Strozzi
sein, und es will mir scheinen, dass ich durch seinen Tod noch viel mehr verloren habe als nur seine kindliche Liebe. Dies betrifft auch euch beiden anderen Söhne, die ihr nun so wenige an der Zahl geworden seid … Und obwohl ich im Herzen einen solch großen Schmerz empfand, wie ich ihn nie im Leben gespürt habe, so haben mich doch zwei Dinge getröstet», und dies war, dass Matteo während der Krankheit den Beistand seines Bruders genossen hatte, der nichts unversucht gelassen hatte, um sein Leben zu retten, zum anderen, dass Matteo vor dem Tod gebeichtet und die Kommunion und die Letzte Ölung empfangen hatte, sodass er, wie sie glaubte, sicherlich in den Himmel gekommenwar. Dann aber wandte sie sich Filippos Zustand zu, der ihr Sorge machte: Sie wisse, dass ihm der Tod Matteos sehr zu Herzen gehe, er müsse aber an sein eigenes Wohlergehen denken. Und als die «Mutter voller Schmerzen», wie sie sich selbst bezeichnete, schrieb sie ihm in dem ihr eigenen, bildhaften Stil die ergreifenden Sätze: «Ich weiß, es hat dir sehr weh getan. Sorge aber, dass der Schmerz dich nicht übermannt und dir Schaden antut und du den Griff hinter dem Beil herwirfst … Ich denke mir, um deine Gesundheit wird es nach all der Beschwerde der bösen Nächte, nach dem Kummer um seinen Tod und all das andere nicht zum Besten stehen. Und so sehr geht mir dieser Gedanke Tag und Nacht durch den Kopf, dass ich keine Ruhe finde. Ich wollte, ich hätte niemanden um Rat gefragt, sondern das getan, was ich für richtig hielt und was ich tun wollte, dann wäre ich noch zeitig genug bei euch angekommen und hätte meinen süßen Sohn noch einmal lebend gesehen und geherzt und hätte Trost daraus geschöpft und ihn auch ihm und dir gespendet. Ich will aber alles zum Besten nehmen. Nur möchte ich dich bitten …, dass du dich mir zuliebe zusammennimmst, alles in Geduld zu ertragen und auf dein körperliches Wohl zu achten und die Geschäfte ein wenig beiseitezulegen … Was hilft es mir, dass ihr mir von eurem großen Vermögen erzählt, wenn ihr durch so viele Plage und Beschwerde eure Gesundheit ruiniert!»
Dann aber kamen schnell auch die praktischen Fragen zu Wort: Sie freute sich über das ehrenvolle Begräbnis, das Matteo in Neapel erhalten hatte, zumal ein solches in Florenz für einen Verbannten nicht möglich gewesen wäre, sprach von der Trauerkleidung für sie selbst und Matteos Schwestern und deren Kosten, von Matteos Testament und den Beileidsbesuchen und Briefen, die sie erhalten hatte. Ein Wachsbild des Verstorbenen sollte vor dem Gnadenbild der Gottesmutter in der Kirche der Annunziata aufgestellt und ein Messgewand gestiftet werden, wie Filippo es während Matteos Krankheit gelobt hatte. Dann rührte sie auch Fragen an, die sie seit mehreren Monaten bewegten. Es ging darum, dass sie Florenz verlassen und mit ihren Söhnen zusammenziehen sollte. Dies war infolge der politischen Ereignisse entschieden worden. Doch bevor wir uns dieser neuen Phase im Leben der Familie zuwenden, müssen wir noch einmal zurückgehen in die Zeit, als Matteo Florenz verlassen sollte.
HEIRATSANGELEGENHEITEN
E s ist im Laufe dieser Geschichte schon mehrmals von Heiraten die Rede gewesen, und auch später wird dieses Thema noch öfter aktuell werden, denn Heiraten hatten für alle Florentiner Familien eine entscheidende Bedeutung. Eheschließungen waren in Florenz nie eine nur private Angelegenheit, sondern hatten immer auch eine gesellschaftliche und politische Valenz. Heiraten stifteten Bündnisse zwischen den Familien und sollten ihre Präsenz auf der politischen Bühne stärken. Viele Aspekte waren für die Wahl eines Ehepartners wichtig. Vor allem aber legte man Wert auf die Stellung seiner Familie im sozialen Gefüge der Stadt, bei den Mädchen kamen dazu noch die Höhe der Mitgift und ihr Aussehen. Die Strozzi, die seit 1434 im gesellschaftlichen und politischen Abseits standen, hatten es deshalb nicht leicht, passende Ehepartner zu finden.
Alessandra Macigni hatte zwei Töchter, Caterina und Alessandra, und ihre Verheiratung war bei dieser Lage kein einfach zu lösendes Problem. Nur die Tatsache, dass Matteo Strozzi Vorsorge getroffen und, wie in Florenz üblich, früh schon Heiratsversicherungen bei der staatlichen Mitgiftkasse für seine Töchter abgeschlossen hatte, erleichterte ihr die Aufgabe etwas. Da aber die gesellschaftliche und politische Stärkung der Familie, die sich alle von einer Heirat erhofften, bei einer Verbindung mit einer
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