Die Strozzi
34 am Tag. Millionenbeträge liefen durch die Bank. Der wichtigste Kunde war der Staat selbst. Der oberste Steuereinnehmer, Pascasio Diaz Garlon, und der Schatzmeister des Königreichs, Pietro Bernat, ließen ihre Einnahmen und Ausgaben über ein Konto bei der Strozzi-Bank laufen, die auf diese Weise Kassendienste für die königliche Finanzverwaltung übernahm. So verfügte sie immer über viele flüssige Mittel, die in andere Geschäfte investiert werdenkonnten. Persönliche Kredite an den König scheinen indes eher eine Ausnahme gewesen zu sein. Filippo Strozzi exponierte sich in dieser Hinsicht weitaus weniger als Lorenzo de’ Medici, dessen Bank aus politischen Gründen verschiedenen Fürsten oft große Summen lieh und Mühe hatte, sich diese Kredite zurückzahlen zu lassen. Die Bankfiliale, die Lorenzo de’ Medici 1471 in Neapel, ebenfalls aus politischen Gründen, eröffnete, kam nie auf einen grünen Zweig, sondern war schon nach wenigen Jahren hoch verschuldet. Eine Konkurrenz für die Strozzi-Bank stellte sie nicht dar. Während Filippo sich um die Bank kümmerte, war Lorenzo Strozzi dagegen für das Warenlager, das heißt für den Handel, verantwortlich. Die Firma Strozzi kaufte und verkaufte so gut wie alles, was der Markt bot, Korn, Flachs und andere Agrarprodukte vor allem, dazu Waren verschiedenster Art.
Der Banksitz selbst lag hinter der Piazza del Mercato, dem großen Markt, das Wohnhaus dagegen im Stadtbezirk Portanuova. Es handelte sich bei diesem Wohnhaus um ein großes zweistöckiges Gebäude, das von der adligen Familie Scannasorice gemietet war. In diesem hatte schon 1459 Matteo Strozzi sein Testament gemacht, und hier war er gestorben. Es enthielt viele Räume, hatte eine Dachterrasse mit einem Aufbau und einen Stall; ein kleineres Nebenhaus war dazugemietet worden. In diesem bequemen Haus lebten außer den Sklavinnen, die den Haushalt führten, auch die Lehrjungen und Gehilfen, die meist aus der engeren oder weiteren Strozzi-Familie stammten. Achtzehn seien es zeitweise gewesen, schreibt Lorenzo Strozzi in der Vita seines Vaters. Von den Lehrjungen, oft noch Kindern, wie es Filippo und Lorenzo Strozzi gewesen waren, als sie in Spanien ihre Lehre begannen, ist sehr oft in den Briefen Alessandra Macignis die Rede, denn sie hatte die Aufgabe, diese Jungen nach Neapel zu vermitteln. Eine rechte Männerwirtschaft also, die Alessandra schon fürchten ließ, sie könne ein Hindernis für eine Ehe der Söhne darstellen. Wer wolle schon, meinte sie, die eigene Tochter in ein Haus voller junger Männer schicken?
In diesem repräsentativen Wohnhaus empfingen die Strozzi ihre Gäste. Nicht nur die Gesandten auf Mission in Neapel, auch andere Florentiner und vornehme Fremde, die zu Besuch in die Stadt kamen, wurden hier mit allen Ehren aufgenommen und bewirtet. Lorenzo Strozzi beschreibt in der Vita seines Vaters diese Gastfreundschaft so:«(Das Haus) war immer offen nicht nur für jene, mit denen er arbeitete, sondern für alle Florentiner und jeden Fremden von Ansehen, indem er sie höflich empfing und für alle ihre Bedürfnisse sorgte.» Es ist möglich, dass auch der junge Lorenzo de’ Medici, der im Frühjahr 1466 seinen Antrittsbesuch bei König Ferrante in Neapel machte, in den Genuss der Bewirtung kam, falls nicht politische Bedenken ihn von einem Besuch im Haus der Strozzi abhielten. Einer dieser Gäste lobte, zurück in Florenz, die Kochkünste der Sklavin Marina in höchsten Tönen. Sie habe in Windeseile ein so reichliches Essen auf den Tisch gestellt, dass es für sehr viel mehr Gäste als ihn allein gereicht hätte.
Ein «lettuccio» aus einem Florentiner Patrizierhaus
In Neapel hatten die Strozzi demnach keinen Hausbesitz. Wohl aber kaufte sich Filippo ein kleines Landgut nahe der Stadt. Hier baute er zur Entspannung von der Arbeit edles Obst und Gemüse an, und auf diesem Gelände errichtete er später auch ein Gartenhaus mit vier Räumen, dem eine Loggia vorgelagert war. Sein Sohn Lorenzo schreibt, dass er einige bislang unbekannte Obst- und Gemüsearten in Florenz eingeführt habe; er spricht von Artischocken und einer gewissen Feigensorte. So ging der Austausch von kulinarischen Spezialitäten weiter, von denen so oft in den Briefen von Filippos Mutter die Rede ist. Aus Florenz kamen die Märzenkäse und die süßlich aromatischen Fruchtkapseln der Fenchelpflanze, die zum Gebäck gereicht wurden; aus dem Süden gelangten Apfelsinen und andere südliche Früchte und Gemüsesorten
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