Die stumme Bruderschaft
Jungen. Er musste sich ausruhen. Er selbst würde nachdenken und beten. Er würde Gott bitten, ihm die Erleuchtung zu schicken, was zu tun war.
»Wenn das stimmt, was du sagst, und irgendwo in dieser Stadt das Grabtuch unseres Herrn verborgen ist, dann will ich nicht derjenige sein, der es unnötig in Gefahr bringt. Du kannst dich in meinem Haus ausruhen, und wenn du dich von den Strapazen der Reise erholt hast, reden wir und entscheiden, wie wir am besten vorgehen.«
»Wirst du auch niemandem verraten, was ich dir gesagt habe?«
»Nein, gewiss nicht.«
Die Bestimmtheit, mit der Eulalius das gesagt hatte, überzeugte Johannes. Er betete zu Gott, dass er sich nicht irrte. Als sein sterbender Vater ihm die Geschichte erzählte, ermahnte er ihn, dass das Schicksal des Tuches mit dem Antlitz Christi nun in seinen Händen liege, und er ließ ihn schwören, dass er das Geheimnis nicht preisgeben werde, bis er sich ganz sicher sei, dass der Moment dafür gekommen war.
Aber er, Johannes, hatte das dringende Bedürfnis verspürt, sich umgehend auf den Weg nach Edessa zu machen. In Alexandria hatte man ihm von Eulalius und seiner Güte erzählt, und er hatte befunden, dass es an der Zeit war, den Christen das Tuch zurückzugeben.
Vielleicht hatte er übereilt gehandelt. Es war ein Wagnis, das Tuch jetzt aus dem Versteck zu holen, wo Edessa vor einem neuen Krieg stand. Er fühlte sich verloren und fürchtete, einen Fehler gemacht zu haben.
Johannes war Arzt wie sein Vater. Die bekanntesten Männer Alexandrias kamen zu ihm, weil sie seinen Fähigkeiten vertrauten. Er hatte bei den großen Meistern studiert, und sein Vater hatte an ihn weitergegeben, was er wusste.
Sein Leben war glücklich gewesen bis zum Tod seines Vaters, den er über alles liebte und achtete, sogar mehr noch als seine Frau Miriam, schlank und sanftmütig, mit einem schönen Gesicht und tiefschwarzen Augen.
Eulalius begleitete den jungen Mann zu einem Zimmer mit einem Bett und einem groben Holztisch.
»Ich lasse dir etwas zu essen und Wasser bringen, damit du dich ein wenig erfrischen kannst. Ruh dich aus, solange du möchtest.«
Der Alte ging gedankenverloren in die Kirche, kniete vor dem Kreuz nieder, verbarg das Gesicht in den Händen und bat Gott, ihm den rechten Weg zu weisen, falls das stimmte, was der junge Reisende berichtet hatte.
In einer Ecke stand verborgen in der Dunkelheit Efren und beobachtete besorgt seinen Bischof. Er hatte Eulalius nie verwirrt oder überfordert erlebt. Er musste zu dem Karawanenplatz gehen und eine Karawane suchen, die nach Alexandria zog, damit er einen Brief für seinen Bruder Abib mitschicken konnte, um ihn zu fragen, was es mit diesem seltsamen jungen Mann auf sich hatte, der Eulalius so betrübt zu haben schien.
Der Mond erhellte schwach die Nacht, als der Bischof in sein Haus zurückkehrte. Er war müde. Er hatte gehofft, Gottes Stimme zu vernehmen, aber da war nur Schweigen gewesen. Weder der Verstand noch sein Herz gaben ihm den geringsten Hinweis. Efren wartete im Türrahmen.
»Du musst müde sein, es ist schon spät.«
»Ich habe mir Sorgen um dich gemacht. Kann ich dir helfen?«
»Ich möchte, dass du jemanden nach Alexandria schickst, Abib soll uns sagen, was er über Johannes weiß.«
»Ich habe schon einen Brief an meinen Bruder geschrieben, aber es wird nicht so leicht sein, ihn ihm zukommen zu lassen. Am Karawanenplatz hat man mir gesagt, dass erst vor zwei Tagen eine Karawane nach Ägypten aufgebrochen ist, und bis zur nächsten kann es dauern. Die Händler sind besorgt, sie glauben, der Krieg mit den Persern ist unvermeidlich, und viele Karawanen haben in den letzten Tagen die Stadt verlassen. Eulalius, erlaube mir die Frage: Was hat dieser junge Mann zu dir gesagt, dass du so bedrückt bist?«
»Das kann ich dir noch nicht sagen. Mir wäre viel leichter ums Herz, wenn ich es könnte. Geteiltes Leid ist halbes Leid, aber ich habe Johannes mein Wort gegeben.«
Der Priester senkte den Kopf und spürte einen Stich. Eulalius hatte ihm immer vertraut, sie hatten allen Verdruss und alle Gefahren gemeinsam bewältigt.
Der Bischof wusste, wie Efren zumute war, und hätte beinahe der Versuchung nachgegeben, ihn einzuweihen, aber letztlich schwieg er doch.
Die beiden Männer verabschiedeten sich traurig.
»Warum seid ihr mit den Persern verfeindet?«
»Nicht wir sind mit ihnen verfeindet, sie wollen sich in ihrer Gier unserer Stadt bemächtigen.«
Johannes unterhielt sich mit einem jungen
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