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Die stummen Götter

Die stummen Götter

Titel: Die stummen Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Sjöberg
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journalistisch noch einmal aufzu wärmen. Große Sensationen hatte er sich jedenfalls bestimmt nicht erhofft. Als ich losfuhr, dachte eigentlich auch ich kaum anders, zumal sich die größte Aufregung über Scholkow und San-Yan schon längst wieder gelegt hatte und die Rätsel jenes Saturnmondes im wesentlichen nur noch die Wissenschaftler beschäftigten. San-Yans Hypothesen waren nie endgültig be stätigt, freilich auch nicht eindeutig widerlegt worden. Die Tan- taliden waren und blieben verschollen, und die Menschheit sah sich mit den ungeklärten Fragen, die ihr solcherart hinterlassen wurden, auf sich allein gestellt. Aber es waren nicht die einzigen Fragen, die es gab, und scheinbar auch nicht die wichtigsten, und so war es mit dem Parzival-Problem in der Öffentlichkeit langsam dahin gekommen, wie dermaleinst mit dem sagenhaften Ungeheuer von Loch Ness: ein bißchen Videoaufregung für die Saure-Gurken-Zeit.
    Dennoch wußte ich natürlich, daß der Große Rat die Angelegenheit nie aus den Augen verloren hatte und daß die ganze Sache ja auch viel zu ernst war, als daß man sie stillschweigend zu den Akten legen konnte. Der Forschungsbeauftragte des Ra- tes, Semjon Alpak, zu dem ich schon seit vielen Jahren gute Beziehungen unterhielt, versicherte mir jedenfalls in sehr ernst zu nehmender Weise, daß in einer gar nicht so kleinen Anzahl von Laboratorien und Akademien mit großer Energie an der Tantaliden-Frage weitergearbeitet wurde, freilich ohne nennenswerte Erfolge, zumindest keine Erfolge, die grundlegender und durchschlagender Natur gewesen wären. Und das betraf nicht nur die ganze Spekulation um Herkunft, das zwischenzeitliche Verweilen auf Erden und den jetzigen Aufenthaltsort jener un bekannten Wesen, sondern auch die durchaus greifbaren Be weise ihrer einstigen Anwesenheit auf Parzival.
    Es war schon gleich nach der Entdeckung ziemlich schwer ge wesen, überhaupt in die Station hineinzugelangen. Drei flache Panzerkuppeln, deren eine in ihrer Mitte ein aus einer glas artigen Substanz bestehendes, riesiges Bullauge trug, ragten nur wenig über eine zu spiegelnder Glätte eingeebnete Fläche im nackten, anstehenden Fels hinaus. Die Kuppeln bestanden aus einer Stahl-Vanadium-Tantal-Legierung, die mit irdischen Tech nologien nachzuerzeugen bis auf den heutigen Tag nicht gelungen ist. Auch schon das gläserne Fenster in der mittleren Kuppel warf unbeantwortbare Fragen auf. Es war eben nur glasähnlich, und bei der Analyse erwies sich, daß es sich um eine hochmolekulare Sauerstoff-Wasserstoff-Verbindung handelte, in deren Molekülstruktur ebenfalls Tantalatome einbezo gen waren. Auch dieses Material war unbekannt und konnte nie synthetisiert werden. Man hatte eine der Kuppeln mit einer Antimaterieladung aufsprengen müssen, und dann, unter den Kuppeln, hatte sich den Forschern ein weitverzweigtes Gang- und Raumsystem enthüllt, in das Anlagen installiert waren, denen man nur mit Fassungslosigkeit gegenüberstehen konnte. Es gab ausgedehnte Hallen von mehr als fünfzig Meter Länge und zwanzig Meter Höhe, angefüllt mit Aggregaten, deren Funktionsweise und Zweck völlig unbekannt und auch nicht erahnbar waren. Die wohl naheliegendste und vielleicht auch richtigste Erklärung war die, daß es sich im wesentlichen um Ener- gieerzeugungs- und Lebenserhaltungsanlagen handelte.
    Aber Dinge fanden sich auch, die über diese Deutung weit hinausgingen. Etwa der berühmte Quecksilbersee! Auch ich stand deprimiert und irgendwie außer mir am Rande jenes ge waltigen Bassins von gut hundert Meter Durchmesser, das mit absoluter Genauigkeit kreisrund war. Das war vermessen worden! Es besaß eine marmorweiße Einfassung, die aber keinesfalls aus Marmor bestand, und diese ragte einen knappen Meter über den in warmem Goldton strahlenden Boden der Halle empor. Im Bassin aber befanden sich Tonnen und aber Tonnen reinsten Quecksilbers. Dieser See stieg nun ständig mit lang samer, doch stetiger Bewegung etwa einen halben Meter in die Höhe und sank dann ebenso langsam wieder ab. Es erinnerte irgendwie an die verhaltenen Atemzüge eines schlafenden, vor weltlichen Ungeheuers. Kein Mensch wußte, was das bedeuten sollte und wozu das gut war. Die Untersuchungen hatten erge ben, daß sich der Boden des Bassins wie der Kolben in einem Zylinder im gleichen Rhythmus auf und ab bewegte und das Quecksilber dabei hob und senkte. Aber nicht einmal an den mechanischen Apparat, der diese Bewegung steuerte, war man herangekommen, es sei

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