Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die stummen Götter

Die stummen Götter

Titel: Die stummen Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Sjöberg
Vom Netzwerk:
war die Nacht voll hereingebrochen, und das schwarze Gewölk, das den Kontinent nun gänzlich verhüllte, schien sich über alles Leben dort unten geworfen zu haben. Die Blitze zuckten in fast ununterbrochener Folge auf, glutendes, blendendes Geäder, Funkengarben in einer urweltlichen Schmiede. Es war wie der Widerschein eines fernen Weltuntergangs.
    „Seit wir hier angekommen sind“, sagte Castor leise, „rufen wir in allen Wellenbereichen. Auch optisch. Auch infrarot. So gar auf der Gammafrequenz. Wir senden Symbole, leicht ver ständliche Bilder, sogar Hieroglyphen der alten Ägypter, die Ihre Tantaliden ja gekannt haben müßten. Machen Sie sich keine Sorgen. Auch ich bin neugierig darauf, einen Tantaliden von Angesicht zu Angesicht zu sehen. Bisher aber haben sie mir nur vier Männer weggeholt. Und keine Antwort auf unsere Rufe. Nichts. Nur Blitze dort unten. Blitze!“
    Ich sagte nichts. Ich wandte mich um. Ich ging quer durch die Kommandozentrale hindurch und verließ den Raum. Ich glaube, ich hielt in jenem Augenblick Castor für den besten Na vigator, den die Flotte je besessen hatte.

V
    Als ich den Steiggleiter betrat, um den Rückflug zu Tantalus anzutreten, fand ich in der Passagierkabine Baskow sitzen. Nun wußte ich ja, daß der Problemator mit uns gemeinsam die Expedition in die Berge antreten wollte, aber irgendwie war es mir dennoch überraschend und auch ein wenig unangenehm, daß ich nun gemeinsam mit ihm zur Station hinunterfliegen mußte. Ich hatte während unserer ganzen Reise kaum mehr als ein paar Dutzend Worte im direkten Gespräch mit ihm ge wechselt, und jetzt sollten wir also mehr als eine ganze Stunde lang im engen Raum der Steiggleiterkabine beieinandersitzen. Hinzu kam, daß mir noch ganz wirr im Kopf war von all den vielen Meldungen, die in den letzten Stunden von der Station heraufkamen. Das Gewitter war längst abgezogen, der neue Tantalus-Tag war angebrochen, und die Tantaliden schienen ihre Gegenaktionen zu verstärken. Wenn man Parthus’ Berich ten glauben wollte – und man mußte es wohl –, dann hatten sie tatsächlich damit begonnen, nicht nur die an anderer Stelle neu errichtete Station, sondern darüber hinaus auch jedes einzelne der unlängst hinuntergebrachten Fahrzeuge mit Wällen einzuschließen. Und diese Wälle wuchsen bedeutend schneller in die Höhe als jener erste, an dem wir uns schon vergeblich die Zähne ausgebissen hatten. Lediglich die Startrampen der Steiggleiter waren bisher noch verschont geblieben, doch für mich stand fest, daß früher oder später auch sie drankommen würden.
    Nur fort! hatte ich gedacht, als ich von alldem gehört hatte. Nur endlich aufbrechen! Die Fahrzeuge durchprogrammieren, und nichts wie querfeldein!
    Aber nun saß Baskow in der Kabine, und so wie er anzu- schauen war, schien er gar nichts von allzu großer Eile zu halten. Er hatte mir zur Begrüßung einfach bloß zugenickt, und dann kam auch schon der gedämpfte, verzitternde Gongton, mit dem unser Fahrzeug die Schleuse der ALGOL verließ. Baskow wandte den Kopf zum Bullauge hinüber und schaute hinaus in die Einöde des Raumes, der hier in dieser Höhe über Tantalus noch in feierlicher Schwärze lag und in dem die fernen Sterne punktförmig und ganz still wie die auseinandergespritzten Tropfen flüssigen Silbers brannten. So konnte ich den Problemator wenigstens noch ein Weilchen in Ruhe betrachten. Er war groß, so um die zwei Meter herum, auffallend hager und sehnig. Sein Gesicht wirkte ausgesprochen knochig, länglich die Züge und das Hinterhaupt weit ausladend. Das Haar bedeckte eisgrau und dünnsträhnig den Schädel, und an der Schläfe zuckte ihm bläulich eine Ader.
    „Das Leben ist schon eine seltsame Sache“, sagte er plötzlich sehr leise und ohne mich anzublicken.
    Ich hatte meinen Sicherheitsgurt bereits gelöst und rutschte nun unruhig und eine Spur verlegen auf meinem Sessel hin und her, ohne zu antworten.
    „Ja“, fuhr Baskow fort und schaute immer noch unverwandt durch das Panzerglas, aber jetzt wohl waren seine Blicke auf den uns entgegenstürzenden Planeten gerichtet, „ja, geradezu ein Tanz auf des Messers Schneide zwischen dem ewigen Zu wenig und dem ewigen Zuviel der Natur.“
    Ich verstand nicht, was er wollte, und murmelte wohl nur etwas Unverbindliches zur Erwiderung.
    „Sie wissen nicht, was ich meine?“ fragte der Problemator. Er schien auch Augen am Hinterkopf zu haben. „Sehen Sie doch hinunter!“ forderte er mich auf. „Eine ganze

Weitere Kostenlose Bücher