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Die stummen Götter

Die stummen Götter

Titel: Die stummen Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Sjöberg
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ändern Sie das Spektrum der Sonne, das alteingesessene Leben wird zugrunde gehen, wenn es sich nicht künstlich zu retten weiß – aber was wäre das dann noch für ein Leben? –, und ein neues wird an seiner Stelle entstehen. Aber ebenfalls wieder auf des Messers Schneide. Vielleicht haben dermaleinst die irdischen Saurier an einer solchen Winzigkeit sterben müssen. Viel leicht war es auch nur eine solche Winzigkeit – unter Umstän den sogar dieselbe –, welche die Tantaliden aus unserem Son- nensystem vertrieb. Und nun irren sie umher, heimatlos, ruhelos, immer auf der Suche nach jenen einmaligen und vielleicht nie wieder anzutreffenden Bedingungen, unter denen sich ihr Leben einstmals zu entfalten vermochte und unter denen es sich auch künftig einzig zu erhalten vermag. Es sei denn, sie wählen die Taucherglocke, wie ich schon sagte, und wahrscheinlich sogar haben sie sie auch wählen müssen bisher.“
    „Sie meinen...?“ fragte ich stockend.
    „Ja“, sagte er, und mir schien es fast, daß da eine tiefe, uner gründliche Trauer in seiner Stimme war, „ja, ein Grad zu viel oder ein Grad zu wenig – vielleicht haben wir den Tantaliden unabsichtlich den einzig passenden Namen gegeben. Eine Zi vilisation kann nicht leben, wenn ihr auch nur ein Grad Tem peratur zum Leben fehlt. Da kann man in jeder anderen Hin sicht mitten im Überfluß stehen und muß dennoch verdursten und verhungern. Dieses eine Grad macht alles aus. Man kann nicht die Zukunft einer ganzen Lebensform nur von der Technik abhängig machen. Die Sonne muß ungehindert scheinen kön nen auf spielende Kinder und sich erinnernde Greise. Zimmerpflanzen gedeihen eine Weile, dann aber gehen sie dennoch ein. Man kann einen ganzen Planeten nicht in ein großes Zimmer verwandeln, und selbst wenn man es könnte, es bliebe eben ein Zimmer.“
    Mir war, als hätte mir einer mit einem Hammer vor die Brust geschlagen. „Sie glauben ja gar nicht daran, daß sie noch am Leben sind“, sagte ich. „Geben Sie es doch zu.“
    „Ich weiß nicht“, erwiderte Baskow und schaute nun wieder zum Bullauge hinaus.
    „Aber was da unten vor sich geht“, rief ich erregt, „das ge schieht doch nicht von ungefähr. Da stecken doch Sinn und Verstand dahinter und Absicht. Da macht sich doch Intelligenz bemerkbar. Intelligenz, hören Sie mich!“
    Der Problemator saß wie aus Stein. Und dann stieg jene Trauer, die ich vorhin schon in seiner Stimme bemerkt hatte, auch in seinen Blick, und er sprach so gegen das Glas hin: „Es wäre schon etwas, wenn man wüßte, wo sie umherwandern in der Unendlichkeit, unsere armen, verstoßenen Brüder. Tantalus – welch furchtbares Schicksal! Ich will schon froh sein, wenn wir ein weniges erfahren können, das uns zu helfen vermöchte, irgendwann einmal selbst einem solchen Abgrund an ewigem Entsagenmüssen und ruhelosem Suchen zu entgehen. Hüten wir uns, jemals etwas zu tun, was die Menschheit herunterstoßen könnte von jener schmalen Grenzlinie, die dem Leben gezogen ist, herunterstoßen in die unwiderrufliche Hoffnungslosigkeit. Tantalus – wie wollte ich ihn umarmen, wenn ich bloß wüßte, daß er noch lebt.“
    „Problemator!“ Nun schrie ich fast. „Sie sind nicht tot! Sie sind auch nicht verschollen! Der Mensch hat noch immer gesiegt über alles und jedes! Und für mich sind sie Menschen! Brüder im Geiste und auch in der Erscheinung! Es kann nicht anders sein!“
    Da wandte mir Baskow noch einmal den Blick zu, und die Trauer, die nur immer stärker noch von ihm ausging, warf sich über mich wie ein schwerer, erstickender Mantel. „Stenström“, sagte er, „Sie sind ein guter Mensch, ich weiß das. Aber Sie sind auch ein ahnungsloser Mensch. Und wenn ich gar keine Hoff nung mehr besäße, nicht wenigstens noch einen allerletzten Fun ken davon hätte am Leben erhalten können, dann befände ich mich jetzt nicht mit Ihnen zusammen hier im Steiggleiter und flöge hinunter.“
    Das war das letzte, was er sagte, und ich fühlte mich mit einemmal alleingelassen mit dem Grollen und Donnern der Luftmassen draußen, die vom nadelspitzen Bug unseres kleinen Schiffes mit Titanengewalt auseinandergerissen wurden.
    Nach der Landung fühlte ich mich aber bald wieder besser. Ich bin ein Mensch, der mit Zweifel und Pessimismus nicht zu leben vermag. Ich muß Zuversicht in mir und um mich spüren – dies zumindest. Außerdem erforderten die Ereignisse sofort den ganzen Mann, und vielleicht war es auch gut, wenn man das, was ich

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