Die stummen Götter
Waffentechniker, die einander zu ersetzen in der Lage waren, acht Mann Platz. Es gab für jeden eine Koje, je zwei übereinander, in der man schlafen und dösen konnte, für jeden einen kleinen, doch ausreichenden Arbeitsbereich mit schmalem Wandbord und Arbeitsplatte, eine Innentoilette und einen Waschraum, eine Kochnische, und dann immer noch genügend Raum für das vielfältige Instrumentarium zur Kommu nikation nach außen, zur Beobachtung und für die Bewaffnung. Jeder hatte dann sogar noch einen Fleck, an dem er seine Klei dung und kleine persönliche Gegenstände unterbringen konnte, und selbstverständlich auch seinen Weyr-Werfer, der ja eben falls zur Alarmausrüstung gehörte. Ich hatte das Ding bisher allerdings nur ein einziges Mal angerührt, und das war, als ich es von Oberbootsmann Hägerup erhielt, der dazu ein so feierliches Gesicht machte, als überreiche er mir einen Orden, und es dann eigenhändig an seinen Platz in unserem Astrachan trug, fest entschlossen, es da hängenzulassen bis zum Jüngsten Tag. Hägerup war mittlerweile als Kommandant des zweiten Titans eingesetzt worden.
„Verdammte Demse hier drinnen!“ sagte nun auch Bergander.
Und Ekenberg sagte: „Wir sollten ein paar Magnesiumker zen abschießen, Jens. Ist doch einfach unbehaglich, wenn man so gar nicht weiß, wie es um einen herum aussieht.“
Plecha nickte dazu, wechselte einige Worte über Sprechfunk mit Kraneis, und dann stiegen von den beiden Titans vor uns mit langen Kometschweifen die Leuchtraketen in die Höhe. Das Ergebnis war nicht sonderlich befriedigend, wenn auch nicht gleich Null. Wir erkannten, daß wir wohl mehr mit Instinkt als mit Verstand einen recht günstigen Platz für unser Lager erwischt hatten. Wir hielten ziemlich dicht an den rechter Hand aufsteigenden Hängen, und nach links hinüber weitete sich das Tal zu einem etwa achthundert Meter breiten Kessel. Nach vorne zu verengte er sich rasch wieder, aber mindestens drei weiterführende Taleingänge waren sichtbar, von denen der uns am nächsten liegende, nach rechts hin, schon ausgesprochenen Schluchtcharakter aufwies. Die ersten schroffen Felswände waren da drüben zu erkennen, von den Wassermassen herun tergewaschene Felsblöcke und Geröll auch, und natürlich die Regenfluten, die aus allen drei Tälern in den Kessel hinein stürzten wie aus gewaltigen, überdimensionalen Kanalführun gen.
„Hübsch!“ sagte Gossel gemütlich und spielte mit seinen dik- ken, nackten Zehen Klavier in seinen Sandalen. „Da können wir ja würfeln, wie’s weitergehen soll.“
„Die ALGOL wird uns schon die aussichtsreichste Route sa gen können“, meinte Baskow freundlich. Er sah wieder ein wenig müde aus.
„Ich weiß nicht“, sagte Parthus, „ob sie mit den Telesonden so eine schwache Linie wie die Schlucht dort da vorn überhaupt auflösen können. Ich möchte bald die Multis einsetzen. Wozu, verdammt noch mal, haben wir die Dinger denn sonst!“
„Die Multis haben kein Feld“, sagte Nordin kühl.
„Dann wird’s Zeit, Nordin“, polterte Parthus los, „daß vielleicht du dir etwas einfallen läßt, um herauszukriegen, ob wir für sie überhaupt ein Feld brauchen oder nicht.“
„Ich?“ fragte Nordin.
„Ach, zum Teufel“, sagte Parthus. „Ich schick sie auch so los. Natürlich ich.“
„Wir werden auch das noch herausfinden“, sagte Baskow. „Und natürlich mußt du sie losschicken, Jens. Und jeder von uns müßte es genauso tun.“
„Entschuldige, Nordin“, sagte Parthus so hin.
„Schon gut“, sagte Nordin. „Vielleicht laß ich mir wirklich was einfallen.“ Er erhob sich und lauschte einen Augenblick auf den knallenden und von den Bergwänden hin und her geworfenen Donner und auf den anscheinend immer stärker hernieder- stürzenden Regen. „Ja“, wiederholte er, „ich laß mir was einfal len. Gute Nacht, allerseits“. Er wand sich mit starken und doch vorsichtigen Schritten nach hinten durch und verschwand im Ruheraum.
Ein etwas unbehagliches Schweigen blieb zurück, daß dann urplötzlich durch die automatisch jede halbe Stunde erfolgende Kontrolldurchsage von der ALGOL her unterbrochen wurde. „Hier ALGOL! Hier ALGOL! An Bord alles wohl! Erbitte Rückruf!“
Natürlich war auch bei uns alles wohl, oder vielleicht doch nicht, aber das war mir egal, und ich ging ebenfalls nach hinten. Solange es regnete, war doch nichts zu unternehmen. Nicht das geringste.
Als ich eintrat, sah ich Nordin auf seiner Koje liegen und
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