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Die stummen Götter

Die stummen Götter

Titel: Die stummen Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Sjöberg
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wahrhaftigen Himmels in einem Kreuzworträtsel herummalen. Ich erkannte auf den ersten Blick, daß es eines von jenen überzogenen Konstruktionen war, die man eigentlich nur mit einem Hochleistungscomputer zu lösen vermochte. Doch Nordin schien ganz gut damit zurechtzukommen. Der Mann begann mich immer mehr zu interessieren. Nahm auf eine Raumreise zu Tantalus ein Kreuzworträtsel mit!
    Ich riß mir erst einmal die Kombination herunter, ging duschen und machte es mir dann auch bequem. Ich versuchte es mit meinem kleinen Leuchtfeld-Schach. Da brauchte man keine Figuren mehr, drückte bloß auf ein Knöpfchen, und das Bildsymbol des schwarzen Turmes auf A 1 erlosch und tauchte auf E 1 wieder auf, wobei der dort stehende weiße Läufer als geschlagen verschwand und aus dem Spiel ausschied. Für ganz Faule gab es noch einen zugeschalteten Rechenautomaten von halber Zigarettenschachtelgröße. Der berechnete bis zu fünfzehn Zugfolgen voraus. Aber das war dann ja kein Spiel mehr. Erstaunlich überhaupt, wie viele solcher den Menschen im Grunde übergehender Dinge es immer noch gab. Da wollte also einer vielleicht wirklich Schach spielen, um seinen Ver stand herauszufordern, und dann überließ er es im Endeffekt doch dem Automaten und freute sich zum Schluß eigentlich nur, wie geschickt er seine Knöpfchen gedrückt hatte. Oder daheim, als letzte Neuerung, bevor wir abgeflogen waren, diese unsinnigen programmgesteuerten Fahrräder! Fahren Sie sicher! Fahr mühelos! Fahr Dich gesund! hatte der Werbeslogan dafür ge lautet. Da brauchte man die Pedale nur noch zu treten, wenn man Lust dazu hatte, und wer hatte schon Lust, wenn das Ding auch von alleine fuhr. Nicht einmal zu lenken brauchte man mehr.
    Ich legte das Schach mißmutig beiseite, lauschte auf meinen Kommunikator, auf dem ich die Frequenz II laufen hatte und also alles mithören konnte, was über Sprechfunk im Bereich unserer Fahrzeuge geredet wurde. Aber die spielten anscheinend sämtlich auch bloß Schach oder lösten Kreuzworträtsel. Es knackte lediglich manchmal, wenn draußen ein besonders naher Blitz durch den Himmel fuhr, das war aber auch alles. Dann schaute ich wieder zu Nordin hin, und dieser Mann hatte also seinen Computer im Kopf. Er mußte ihn dort haben, denn die leeren Felder in seinem Rätsel füllten sich mit Windeseile. Als ich mir eine Zigarette anzündete, schaute er hoch und bat mich dann, wenn es irgend ginge, das Rauchen doch zu lassen. Die Luft sei wirklich zu schlecht im Wagen. Also ließ ich das auch. Dann, glaube ich, schlief ich ein.
    Als ich wieder erwachte, war es totenstill ringsum. Der Re gen hatte aufgehört, der Donner war verstummt, sogar das Rauschen des abströmenden Wassers unter dem Fahrzeug war nicht mehr zu vernehmen. Die Luft war kühl geworden, er frischend rein und trocken, und irgend jemand mußte also die Luken draußen aufgerissen haben. Wenn dem so war, dann mußte aber auch das Feld wieder stehen, und wir waren alle zusammen so sicher wie in Abrahams Schoß.
    Ich rieb mir die Augen und schaute auf die Uhr. Über sechs Stunden hatte ich geschlafen. Ich stützte mich vorsichtig hoch und sah, daß nun auch einige weitere Kojen besetzt waren. Den Problemator erkannte ich drüben, Plecha lag unter mir, und da saß dann also wohl der gorillahafte Gossel auf Wache. Nordin aber hatte sein Kreuzworträtsel offensichtlich schon lange beiseite gelegt und blickte mit weit offenen Augen versunken vor sich hin.
    „Haben Sie jetzt immer noch was dagegen, wenn ich rauche?“ fragte ich ihn leise, und im gleichen Augenblick sah ich auch schon, daß er selbst aus einer Zigarre einen behutsamen Zug nahm.
    „Sie sind sehr empfindlich“, sagte Nordin und schaute mich nicht an dabei. „Sie vergessen es auch sicher nicht, wenn Ihnen einer mal ein bißchen auf die Zehen tritt. Sie vergessen wahrscheinlich überhaupt nichts.“
    Er hatte irgendwie wohl recht. Ich ärgerte mich ein wenig über mich selbst. „Wir sollten aufhören damit, Nordin“, sagte ich. „Ich werde diese komische Formulierung da vergessen, von wegen ’Ihre Tantaliden’, und Sie vergessen bitte, daß ich Ihre Sorge wegen der Pflanzen hier vielleicht nicht ernst genug genommen habe.“
    „Niemand hat sie ernst genommen“, erwiderte Nordin und schaute immer noch nur vor sich hin.
    „Und?“ fragte ich.
    „Was, und?“
    „Erklären Sie mir’s doch“, sagte ich.
    Da wandte er sich endlich zu mir her, schaute einen Mo ment lang richtig nachdenklich auf meine

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