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Die stummen Götter

Die stummen Götter

Titel: Die stummen Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Sjöberg
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an Kakteen. Sie besaßen eine selten klare, rein vio lette Färbung, doch ihre Oberfläche wies keinerlei Strukturen auf, keine Faltungen, keine Kannelierung. So standen sie wie prall gestopfte, wohl sieben oder acht Meter hohe Würste, die sich in ihrem oberen Drittel in vier oder fünf zusätzliche, ebenfalls schnurgerade nach oben strebende Arme teilten, in der Land-schaft, und von ihrem Anblick ging eine tiefe Schwermut aus und eine dunkle Majestät.
    Ich weiß nicht, wie Nordin es schaffte, während der Rast pausen, die wir einlegten, oder während anderer durch das Gelände erzwungener Aufenthalte immer wieder und trotz des Commodores Verbot das Schutzfeld auf eigene Faust zu verlassen. Was ich nicht mehr wagte, seit meinen Kapriolen unten am Bergwerk und wozu ich auch – und mit mir jeder andere – gar keine Lust mehr hatte, das tat er ständig und sooft es nur anging. Vielleicht beschwatzte er die Feldtechniker, oder er täuschte sie auch, indem er einen Auftrag vorschützte, der gar nicht existierte – kurz, wann immer sich nur Gelegenheit bot, war er draußen, kletterte mit seinen schweren Bergstiefeln über Geröllhalden hin, stieg sogar Steilhänge empor, war jedenfalls ständig abwesend, und ich kann mir nicht vorstellen, daß ich der einzige gewesen sein soll, der dies trotz aller Heimlichkeit von Nordins Seite bemerkte.
    Vielleicht war es, daß wir alle mit Kummer registriert hatten, wie sehr verwandelt unser Bioniker seit dem Zwischenfall auf dem „Friedhof“ war. Es schien, als messe er sich tatsächlich die alleinige Schuld am Absturz der Multi-Roover zu, das und der Anblick des halbierten Leichnams von Björn Keselgaard hatte ihm dann den Rest gegeben. Er sprach seither kaum noch mit einem von uns, schien alles in sich hineinzufressen, mit sich selbst und diesem furchtbaren Planeten immer verbissener zu hadern. Vielleicht dachten Parthus und der Problemator, daß es ihm helfen würde, wenn sie ihn gewähren ließen und so taten, als sähen und hörten sie nichts.
    Es mußte einfach so gewesen sein, denn die zentrale Feld steuerung war seit einigen Tagen schon in unseren Führungs astrachan verlegt worden. Parthus selbst war sich nicht zu schade, alle Stunde einmal die Parameter zu überprüfen. Ein Öffnen und Schließen der Schutzzone, und wenn es auch nur für Minuten und örtlich eng begrenzt gewesen wäre, das hätte ihm eigentlich nicht entgehen können. Ich verstehe nur bis heute nicht, warum sie nicht dennoch Castor informierten. Aber sie taten es eben nicht.
    Doch sei es, wie es sei – ich bin wohl der letzte, der mit Parthus oder gar Nordin rechten dürfte, und es wäre ja auch ohnehin vergebliche Mühe, jetzt, wo alles längst nicht mehr zu ändern ist. Die Toten sollen ihren Schlaf schlafen, und mir bleibt die Erinnerung. Das ist Last genug – für uns alle.
    Es waren aber jene Kandelaberstalagmiten, wie Nordin sie getauft hatte, die sein Interesse erregten und ihn immer wieder anzogen. Er hatte einen von ihnen gefällt und in handliche Stücke zerschnitten, die er dann mit zurückbrachte. An anderen bohrte er Öffnungen für Sonden, maß ihren osmotischen Druck, nahm Proben ihrer Oberhaut, klopfte und horchte sogar an ihnen herum und stellte Versuche hinsichtlich ihrer Strahlungsfestigkeit an.
    Achtzehn Stunden, bevor er umkam, zeigte er mir in seiner Arbeitsecke einiges von dem, was er herausgefunden hatte. Ob wohl ich von der Fachproblematik eigentlich gar nichts ver stand, beeindruckte mich das, was ich zu sehen bekam, sehr tief.
    „Sie sind ja der einzige hier, der überhaupt noch bereit ist, wenigstens zuzuhören“, sagte er zu mir. „Ausgerechnet Sie!“ Und er lachte kurz und bitter auf.
    Er war wohl dabei gewesen, einige kataphoresische Experimente durchzuführen, denn es stand eine kleine, handliche Hochleistungsbatterie auf der Tischplatte, und Teile der seltsamen Kandelabergewächse waren als Elektroden angeschlos sen und ruhten in Lösungen verschiedener Substanzen. Doch das war es nicht, was jene spektakulären Ergebnisse gezeitigt hatte.
    „Da, schauen Sie sich das an!“ meinte er vielmehr. „Ein Kie selpanzer von gut drei Zentimeter Stärke direkt unter der Deckschicht der Pflanzen. Das hat es noch nicht gegeben! Er besteht aus reinem Siliziumdioxid, welches aber in einer Weise, die ich noch nicht herausgefunden habe, mit dem normalen, auf Koh lenstoff-Sauerstoff-Basis aufgebauten Deckgewebe und den un teren Schichten verbunden ist. Er steht in Wechselwirkung

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