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Die stummen Götter

Die stummen Götter

Titel: Die stummen Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Sjöberg
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aufgefundenen Metallzylinder, sondern auch noch alle übrigen bis hin zum Obelisken – und das war eine ganze Anzahl! – unter grellen Stichflammen und hallenden Donner schlägen in träge und tödlich-schwarz emporquellende Atom pilze auf, die noch lange Stunden hinter uns in der ruhigen Luft sichtbar blieben und sich nur langsam und nahezu wider willig auflösen wollten.
    Auf solche Weise vernichteten wir, freilich ohne es zu ahnen, das einzige, was uns vielleicht noch zu retten vermocht hätte.

IX
    Nordin aber starb einen schweren und bitteren Tod. Das war am zweiten Marschtag nach den tragischen Ereignissen auf jener Hochebene, der wir den Namen „Friedhof“ gegeben hat ten.
    Wir waren seither nur sehr langsam vorangekommen, da wir ja nun wieder ohne Luftaufklärung marschieren mußten. Schlieren hin und Schlieren her – Castor hatte strengstens an geordnet, daß sich niemand mehr außerhalb des Schutzfeldes bewegen durfte, kein Mensch und keine unbemannte Maschine. So waren wir in topographischer Hinsicht einzig und allein auf die Telesonden der ALGOL angewiesen, und was das bedeu tete, wird jedem klar sein, der einmal ein Luftbild betrachtet hat, das aus fünfundzwanzig Kilometer Höhe aufgenommen worden ist. Da erscheint ein Gebirge eben als Gebirge, und die eine Schlucht sieht so gut oder so schlecht passierbar aus wie die andere und ein Felsgrat so scharf oder so abgeflacht wie der benachbarte. Trotz stärkster Auflösung hätte die ex akte Aus-wertung und Festlegung auch nur der jeweils näch sten vor uns liegenden Wegstrecke Stunden beansprucht. Das konnte sich niemand leisten, und so mußten wir uns also unseren Weg weitgehend selber suchen, mußten uns, bildhaft ausge drückt, einfach vorantasten, und das wurde, je weiter hinauf wir kamen, immer mühseliger.
    Die Berechnung unserer Höhe über Normalnull ergab, daß wir uns längst schon im Bereich zwischen dreitausend und vier tausend Metern über dem Meeresspiegel bewegten, und die Landschaft um uns war immer strenger, ja geradezu düster geworden. Die UV-Strahlung war mit zunehmender Höhe ebenfalls angestiegen, was immerhin zu erwarten gewesen war, und auch die Luft war dünner geworden. Wir trugen nun alle dunkle Schutzbrillen, um das blendende Tageslicht wenigstens einigermaßen ertragen zu können. Seit etwa sechsunddreißig Stunden jedoch hatte sich auch noch ein scharfer Wind auf gemacht, der heulend und klagend um Kanten und Grate strich und die Luft erfüllte mit einem Gewinsel, das mir aus den eis klirrenden Einöden des Universums selber herzustammen schien. Wenn wir sandige Strecken passierten, wühlte dieser Wind mit tausend Fingern darin herum, schleppte Staub und quarziges Geriesel kilometerweit himmelan, ließ es tanzen in wirbelnden, düsteren, wasserhosenähnlichen Schläuchen und dann schlaff zurückfallen auf Hänge, Schluchten und Ebenen, im näheren Umkreis alles bedeckend und begrabend wie unter einem aschestumpfen Leichentuch. Der Himmel hatte eine tiefdunkelblaue Farbe angenommen, und einige der lichtstärksten Sterne waren nun auch bei hellem Tageslicht sichtbar. Die wenigen Wolken, die tagsüber vom Horizont her heraufstiegen, sahen aus wie zerfaserte Watteflöckchen, und ihr Anblick machte fröstelnd die Kälte ahnen, die sie umgab. Außerdem schienen wir uns einer Zone tektonischer Aktivität zu nähern, denn im mer häufiger durchlief ein schwaches Beben den Boden unter unseren Fahrzeugen, es war auch im Innern und selbst bei voller Fahrt spürbar, und ab und an war das dumpfe Grollen der anscheinend doch noch so weit entfernten Vulkane sogar mit bloßem Ohr zu vernehmen. Wir konnten nicht mehr weit sein vom Ziel unserer Bemühungen, dem Obelisken; fünfzig Kilo meter, wenn’s hoch kam sechzig.
    Erstaunlich war nur, daß seit etwa einem Tag eine ganz be stimmte Form der Vegetation wieder häufiger in Erscheinung trat. Pflanzen waren das, die wir bisher nur vereinzelt und im mer bloß von weitem gesehen hatten. Sie erinnerten in ihrer Gestalt an jene wenig gegliederten, vielmeterhohen Kakteen, wie sie in den Randzonen der mexikanischen Wüste wuchsen, und die in der Lage waren, das Wasser der seltenen Regen fälle gleich tonnenweise zu speichern und sich damit, wenn es sein mußte, zwei, drei Jahre lang selbst zu versorgen. Frei lich, Wasser-mangel gab es hier nicht, und jene Gebilde, die in lockeren Gruppen zusammengeschlossen an mehr oder weni ger ge-schützten Schluchthängen emporragten, erinnerten eben auch nur

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