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Die stummen Götter

Die stummen Götter

Titel: Die stummen Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Sjöberg
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nach ihm hinunter und nahm ihn zu sich für alle Zeit. In einer alles überstrahlenden Gloriole fuhr er auf zu ihr und konnte nie mehr erfahren, ob sein Kieselpanzer irgend jemandem noch Schutz bieten würde oder nicht. Es war zu spät für ihn, wie es eben auch für uns alle schon zu spät war.
    Wir hatten Biwak bezogen an einem denkbar ungünstigen Platz. Ein Motordefekt an einem unserer Transporter hatte uns zu diesem etwas vorzeitigen und für diesen Ort jedenfalls nicht vorgesehenen Halt gezwungen. Die Fahrzeuge standen in dichter Schlange auf einem kaum zehn Meter breiten, leicht talwärts geneigten Saum am Südhang eines nicht ganz so schroff aufstrebenden Berges. Doch rechterhand, jenseits des Saumes, ging es ziemlich steil hinunter, und der Talgrund unten war im tintigen Schatten der bereits tief stehenden Sonne nicht mehr aus zumachen. Statt dessen zogen dunstige Schwaden tief unter uns träge dahin, wallten und wogten, als heize eine unsichtbare Glut sie auf. Bis zur nächsten Bergkette drüben mochten es gute tausend Meter sein, und wenn man so den Blick hinüberschwei fen ließ, dann konnte man schon das Gefühl bekommen, als schwämme man haltlos mitten in der Luft und triebe rettungslos und unaufhaltsam mit dem ziehenden Gewölk talabwärts. Es war ein ähnliches Gefühl, wie man es wohl als Kind hatte, wenn man auf einer Brücke stand und auf das strömende Was ser hinunterblickte. Zuletzt glaubte man mit der Brücke dahin-zufahren, stromauf, lautlos, machtvoll und schwindelerregend. Nach links hin jedoch war der Blick eingeengt. Es war nicht mehr weit bis zum Kamm hinauf, wohl nur hundertdreißig bis hundertvierzig Meter, und ferne Zirruswolken zogen von dort her in eisiger Stille in den nachtblauen Himmel hinein, fedrig, fiedrig und von beklemmend strahlendem Weiß im Licht der untergehenden Spica. Als die Motoren zur Ruhe gekommen wa ren, war das klagende Heulen des Windes wiederum mit aller Gewalt über uns hergefallen, und er brachte einen feinen, rieselnden Sandregen mit, der an unserem Schutzfeld in Myriaden rötlicher, knisternder, zuckender Funken zu Nichts verbrannte.
    Die Männer draußen hatten sofort begonnen, sich des Scha- dens an unserem Transportfahrzeug anzunehmen, und zunächst hatte Parthus wohl kaum die Absicht gehabt, länger als absolut nötig an diesem uns so sehr einengenden Ort zu bleiben. Dann jedoch stellte sich heraus, daß es trotz allen Eifers der Repara turkolonne länger dauern würde, und der Zweite Navigator entschied widerwillig, daß wir uns dann alle auch gleich für die kommende Nacht einrichten sollten.
    „Das gefällt mir nicht“, murrte er dabei, und sein Blick suchte immer wieder den Bildschirm, auf dem die Kommandozentrale der ALGOL zu sehen war in ihrer stillen, schweigenden, steri len Leere. Castor war sicher anderweitig beschäftigt, und nicht einmal der wachhabende Offizier wurde von der Kamera er faßt. Man konnte die Kontrollämpchen an den Schaltpulten glimmen sehen, als befänden sie sich direkt vor einem. An Bord war offensichtlich alles wohl.
    Ich bemerkte dann, daß Nordin wieder einmal verschwunden war. Zunächst glaubte ich nicht, daß er das Feld abermals ver lassen haben könnte, denn mit einem ersten, raschen Rundblick hatte ich mich überzeugt, daß keiner dieser Kandelaberstalagmi ten in Sicht war, und ich dachte schon, daß er einfach nur nach hinten gegangen sei, sich die Füße vertreten und den an dem Pannenfahrzeug werkenden Männern zuschauen, wo ja auch Bergander weilte, der die Arbeiten leitete, als ich ihn dann doch links und ziemlich weit voraus am Hang entdeckte. Er stieg gelassen über einen Schuttstreifen bergan, und da bemerkte ich nachher so etwas wie einen dunklen Riß im Fels, und über dessen Rand hinweg leuchtete tatsächlich die einsame, dreigeglie derte Spitze eines dieser Schwermut ausstrahlenden, violett blauen Gewächse hervor. Da gab es dann also einen Kamin im Gestein, und der Fußpunkt der Pflanze mußte recht tief liegen, wenn von ihr nur so wenig zu sehen war.
    Ich zuckte die Achsel und wandte mich meinem Diktiergerät zu. Ich hatte mich entschlossen, meine Aufzeichnungen, die ich seit dem „Friedhof-Zwischenfall“ unterbrochen hatte, wieder aufzunehmen und der Speicherfolie mit unerbittlicher Objekti vität alles anzuvertrauen, was es über unsere so seltsame und mir immer bedenklicher erscheinende Expedition zu sagen gab. Wenn ich Obacht gegeben hätte, wäre mir sicher an der Er- bitterung, mit der ich in

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