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Die Stunde der Gladiatoren

Die Stunde der Gladiatoren

Titel: Die Stunde der Gladiatoren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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konnte man nicht bestreiten. Hier gab es Thermen, luxuriöse Villen, ein Hippodrom, Tempel, die keinen Vergleich zu scheuen brauchten, mehrstöckige Insulae und ein Forum, auf dem mit Wein, Schafwolle, Getreide, Tuchen und Waren aus aller Herren Länder gehandelt wurde. Unweit von hier, in der Aula Palatina, hielt der Kaiser Hof. Und von hier, aus dem Töpferviertel südlich des Decumanus, stammte ihr Mann Celsus, dem sie vor 15 Jahren begegnet war.
    Aber was, fragte sie sich, war das alles im Vergleich zu Alexandria, ihrer Geburtsstadt, an die sie tagtäglich dachte. Dort, an den Gestaden des Mittelmeers, lebten fast zehnmal so viele Menschen wie hier, dort waren die Winter mild, die Böden fruchtbar und der Nil, Quelle allen Reichtums, kaum eine Tagesreise entfernt. Überhaupt war Alexandria völlig anders, Heimstatt von Persern, Hebräern, Römern und Händlern, die ihre Waren am Hafen, dem Tor Ägyptens, lauthals feilboten. Als Kind war Aspasia fast täglich dort gewesen, hatte zugesehen, wie Ladungen aus aller Herren Länder gelöscht und die Schiffe mit ägyptischem Getreide, Elfenbein, Ebenholz, Pantherfellen, Weihrauch aus dem Lande Punt, Gewürzen und Spezereien aus Indien oder Seide aus noch ferneren Weltgegenden beladen wurden. Das Prunkstück des Hafens, der Leuchtturm, war laut Herodot so außergewöhnlich, dass er ihn zu den Sieben Weltwundern gezählt hatte. Hinzu kam, nicht minder berühmt, die große Bibliothek, ein Hort der Gelehrsamkeit, der im Okzident seinesgleichen suchte. Tempel gab es obendrein in Hülle und Fülle, ob Isis, Jahwe oder Apoll, jedermann stand es frei, die Götter seiner Wahl zu verehren.
    Das war in Treveris, ihrer Wahlheimat, zwar auch der Fall, traf man doch Leute, welche Mithras, dem Gott des Lichts aus dem fernen Persien oder gar der Göttin Isis anhingen. Mit Alexandria, der Weltmetropole, konnte es dennoch nicht mithalten. Die Mosel war eben nicht der Nil, der Hafen nicht sonderlich groß, und das Idiom der Treverer so fremdartig, dass sie fürchtete, es niemals fehlerfrei sprechen zu können.
    Der Blick der Schankwirtin trübte sich. Sie war als Fremde gekommen und sie war eine Fremde geblieben. Das war ihr ein ums andere Mal bewusst geworden.
    Resignieren kam für Aspasia, in deren Wortschatz der Ausdruck nicht vorkam, dennoch nicht infrage. Schließlich war da noch ihre Tochter, die hier geboren und im Kreis ihrer Spielgefährten aufgewachsen war. Und da war natürlich auch ihre Taverne, um die sie sich zu kümmern hatte. Geschäft war nun einmal Geschäft, und davon, wie jedermann wusste, verstand die Schankwirtin eine Menge. Gerade heute, am Höhepunkt der Spiele, gab es viel zu verdienen, und sie wäre eine Närrin gewesen, wenn sie die Gelegenheit nicht genutzt hätte.
    Einstweilen gab es für Aspasia, deren Geschäfte warten mussten, jedoch Dringenderes zu tun. Die Schritte der Ägypterin beschleunigten sich, und während sie dem Nordtor zustrebte, blickte sie sich verstohlen um. Die Angst, welche sie geflissentlich ignoriert hatte, war wieder da. Schleichend, lähmend, bedrückender denn je. Angst um sich, um ihre Tochter und davor, dass ihre Taverne, in der ihr gesamtes Vermögen steckte, bald nur noch ein Trümmerhaufen sein würde. Wollte sie dies verhindern, musste etwas geschehen. Daher war sie gezwungen, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen.
    Wie ihr Patronus, von dem sie die Schenke gepachtet hatte, auf ihr Ansinnen reagieren würde, stand indes auf einem anderen Blatt. Advokaten waren bekanntlich eine spezielle Sorte Mensch, und wenn sie überdies Junggesellen waren, ziemte es sich, auf der Hut zu sein.
    Das galt auch für das Prachtexemplar, welches sie unvermutet aus den Gedanken riss. »Quid facies, Aphrodite?«, rief Spurius, von Beruf Weinhändler, ihr schon von Weitem zu, während er sein mit Fässern, Amphoren und Schläuchen jedweder Art und Größe beladenes Gefährt südwärts steuerte. Der Zugochse, der seine liebe Not damit hatte, gab ein verdrossenes Schnauben von sich, was, wie der Peitschenhieb seines Herrn bewies, überaus ungnädig aufgenommen wurde. »So früh schon auf den Beinen?«
    Â»Falls der, den man ›Weinschlauch‹ nennt, nichts dagegen hat – ja!«
    Die Antwort auf die launige Bemerkung ließ nicht auf sich warten. »Warum so unwirsch, schöne Frau?«,

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