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Die Stunde der Gladiatoren

Die Stunde der Gladiatoren

Titel: Die Stunde der Gladiatoren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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stieß Spurius, dank seiner Beleibtheit mit einem dicken Fell gesegnet, lauthals lachend hervor. »Welche Laus ist dir denn über die Leber …«
    Â»Sag mal, Spurius, kennst du dich hier aus?«, unterbrach Aspasia die Frohnatur, von der sie seit Jahren ihren Wein bezog. »Nimm’s mir nicht übel, aber ich bin in Eile!«
    Â»Sprach Aphrodite und ließ ihren Verehrer stehen.«
    Aspasia rang sich ein gequältes Lächeln ab. »Im Ernst, Sohn des Bacchus«, warf sie ein und sah sich an der Kreuzung, wo sie gerade innehielt, nach allen Seiten um. Mittlerweile waren wesentlich mehr Leute unterwegs, unter ihnen etliche vom Land, welche sich die Spiele nicht entgehen lassen wollten. »Ich hab keine Zeit. Wie wär’s, wenn du heute Abend auf ein Gläschen bei mir …«
    Â»Schon gut, oh du dem Meer Entstiegene – was kann ich für dich tun?«
    Â»Kannst du mir sagen, wo Gaius Aurelius Varro wohnt?«
    Â»Doch nicht etwa der Varro?«, lautete die verblüffte Gegenfrage, worauf Aspasia den Drang, ihren Weg fortzusetzen, nur mit Mühe unterdrücken konnte. »Was hast du denn mit dem zu tun?«
    Â»Nichts, Naseweis!«, erwiderte Aspasia und scharrte ungeduldig mit dem Fuß. »Sagst du mir jetzt, wo er wohnt, oder soll ich jemand anderes frag …«
    Â»Schon gut, schon gut!«, lenkte der Weinhändler ein und hob abwehrend die Hand. »Kein Grund, gleich über mich herzufallen.«
    Â»Tut mir leid, Spurius – war nicht so gemeint.«
    Â»Dann will ich es dir mal glauben, Olympierin!«, salbaderte das Schwergewicht, schaute nach rechts und deutete auf ein Haus, dessen Eingang von zwei Läden flankiert wurde. »Siehst du die Villa da drüben, das Haus mit dem vollgefressenen Köter vor der Tür?«
    Aspasia bejahte und widerstand gleichzeitig der Versuchung, eine launige Bemerkung zum Thema Körperfülle zu machen.
    Â»Dort wirst du, so es den Göttern gefällt, den Herrn Advocatus finden!«, schwadronierte der Weinhändler, dessen Neugierde, die vor niemandem haltmachte, immer noch nicht gestillt zu sein schien, um sich anschließend erneut seiner Gesprächspartnerin zuzuwenden. Ȁrger?«
    Â»Mehr als genug, Spurius.«
    Â»Und du willst mir wirklich nicht sagen, worum es geht? Wer weiß, vielleicht kann dir der gute alte Spurius …«
    Â»Danke, Spurius, aber wenn mir jemand helfen kann, dann Varro.«
    Â»Wenn du mich fragst, hört sich das ziemlich deprimierend an.«
    Â»Ist es auch!«, versetzte Aspasia, entfernte sich und ergänzte im Flüsterton: »Vor allem, wenn es um eine Morddrohung geht.«

IV
    Villa Aurelia, Beginn der vierten Stunde
    [08:00 h]
    Endlich allein – jedenfalls so gut wie. Varro, Anwalt und Literat aus Leidenschaft, war die Erleichterung ins Gesicht geschrieben. Endlich hatte er wieder einmal Zeit für sich, sein Steckenpferd und für das, was er am liebsten tat: Bücher schreiben. Mittlerweile war die Beschäftigung mit der Vergangenheit zur Passion geworden, belächelt von seinen Ratskollegen, die dazu neigten, ihn als verschroben hinzustellen. Varro wäre jedoch nicht Varro gewesen, wenn ihm dies etwas ausgemacht hätte, und so nutzte er die Gelegenheit, um sich in seinem Studierzimmer zu verschanzen. Außer Fortunata, die seine Liebhaberei als Zeitverschwendung betrachtete, und Antigonos, seinem Verwalter, hatte hier niemand Zutritt, und jedermann hütete sich, das ungeschriebene Gesetz zu übertreten.
    Â»Wo waren wir gerade stehen geblieben?«
    Â»Beim Tod des göttlichen Tiberius, Tribun.«
    Varro stieß einen gequälten Seufzer aus. »Habe ich dir nicht gesagt, du sollst mich nicht mehr mit ›Tribun‹ an …«
    Â»Verzeih mir, Herr  – ich vergaß!«, entschuldigte sich der Zypriote, ruhender Pol in Varros Haushalt und seit zehn Jahren in Diensten seines Herrn, und rückte die Schreibtafel zurecht, welche auf seinem Oberschenkel lag. Jede der insgesamt drei Seiten, am linken Rand durch eine Kordel verbunden, war mit einer dünnen Wachsschicht überzogen, in die der Verwalter der Villa Aurelia seine Notizen einritzte. Im Verlauf der Jahre war so eine ansehnliche Sammlung zusammengekommen, weit mehr als 100 Tafeln, welche Antigonos, Verwalter, Sekretär und Hauslehrer in einer Person, in einer Truhe verwahrte. Der Hausherr, nicht gerade ein

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