Die Stunde der Gladiatoren
widerhallte. »Aber das ⦠das wäre Hoch ⦠Ich weià wirklich nicht, was ich sagen soll!«
»Sprich dich ruhig aus, Chrysaphius.«
»Ich meine, bist du dir bewusst, welches Risiko du eingehst? Wenn nur ein Wort von dem, was wir besprechen, an die Ãffentlichkeit dringt, wird es dich das Leben kosten.«
»Wenn hier jemand etwas riskiert, Chrysaphius, dann du.«
»Wie ⦠wie meinst du das, Herrin?«
»Genau so, du HasenfuÃ, wie ich es sage!«, fauchte Fausta, Gemahlin Kaiser Konstantins, und bedeutete ihrem Kammerherrn, die Schriftrolle zurückzugeben, um sie im Anschluss daran über ein Räucherbecken zu halten, wo der Papyrus umgehend Feuer fing. »Wenn etwas schiefgeht, mein Lieber, werde ich natürlich alles abstreiten.« Die Augen von Flavia Maxima Fausta, grünlich schimmernd wie ein Saphir, verschwanden hinter dunkel geschminkten Lidern. »Oder denkst du, irgendjemand würde dir glauben, wenn du mich der Mitwisserschaft bezichtigtest?«
Stumm vor Entsetzen stierte der Eunuch vor sich hin. »Nein.«
»Na also.«
»Aber warum, Herrin â warum?«
»Da fragst du noch?« Mit einem Ruck, der Chrysaphius zusammenfahren lieÃ, schnellte die Kaiserin in die Höhe. »Kann es sein, dass dein Gedächtnis Schaden genommen hat?«
»Nein, Herrin.«
»Dann ist es ja gut.« Kurz davor, aus der Haut zu fahren, schnappte die Kaiserin nach Luft. »Warum, warum?«, giftete sie, schwang die FüÃe vom Bett und lief wutentbrannt hin und her. »Ausgerechnet du musst mich das fragen!«
»Der Weg zur Macht ist eben mit Leichen gepflastert«, warf der Kammerherr achselzuckend ein, eine Bemerkung, die er umgehend bereute.
»Willst du etwa damit sagen«, schnaubte die Kaiserin und bewegte sich lauernd auf ihn zu, »willst du etwa damit sagen, dass der Tod meines Vaters reiner Zufall war? Ein Zufall, mit dem mein Gatte nichts zu tun gehabt hat?«
»Nein, nein â wo denkst du hin!«, winselte der Fleischberg und riss die enthaarten Arme empor. »Das natürlich nicht.«
»Allmählich, mein lieber Chrysaphius, solltest du dir Gedanken machen, auf wessen Seite du stehst.« Die Hände an den Hüften, stierte die Kaiserin ihren Kammerherrn an. »Sonst könnte es sein, dass du dort landest, wo du hergekommen bist. Oder hältst du dich für unentbehrlich?«
»Nein, Herrin.«
»Na also!«, säuselte die Kaiserin, würdigte den Eunuchen keines Blickes mehr und lieà sich wieder auf ihr Ruhebett sinken. »Dann tu, wie dir befohlen wurde, sonst â¦Â«
»Eure Hoheit können sich auf mich verlassen.«
»Genau das wollte ich hören.« Flavia Maxima Fausta, gut 20 Jahre jünger als ihr ungeliebter Gemahl, griff nach einer Weintraube, öffnete ihren Schmollmund und zerkaute eine Beere. »Und nicht vergessen: Wehe, du enttäuschst mich!«
»Lieber sterbe ich!«, beteuerte der Eunuch, worauf die Kaiserin ein breites Schmunzeln aufsetzte. »Ich denke, meine Wahl wird auf den Richtigen fallen.«
»Und wie heiÃt er?«
»Scorpio.«
»Ein Pseudonym â wie aufregend.« Ãberbordend vor Ironie, spendete die Kaiserin Applaus. »Hoffentlich macht er seine Sache gut. Denk dran: Zuerst kommt der Kaiser an die Reihe. Danach seine Speichellecker. Wer das ist, brauche ich nicht zu sagen.«
»Nein Herrin.«
»Nur Mut, Chrysaphius. Ist der Kaiser erst tot, geht alles wie von selbst. Dann bin ich am Zug. Und das bedeutet, dass ich vorhabe, sämtliche Posten mit Leuten meines Vertrauens zu besetzen. Das fängt beim Prätorianerpräfekten an und hört beim Oberhofmeister auf. Ein paar Tage, vielleicht Wochen â und nichts wird mehr so sein, wie es war, nichts wird mehr an meinen Herrn Gemahl und seine Sippschaft erinnern. Dafür werde ich sorgen, verlass dich drauf. Dafür wirst auch du sorgen â inklusive meiner Parteigänger, deren Namen du dir hoffentlich eingeprägt hast!« Berauscht von den eigenen Worten, hielt die Kaiserin inne und starrte in das Kohlenbecken, wo auÃer einem Aschehaufen nichts mehr an den Papyrus mit der Namensliste der Verschwörer erinnerte. Dann flüsterte sie: »Du weiÃt doch, Chrysaphius: Die Dinge haben sich immer noch so entwickelt, wie ich es vorausgesehen habe.« Die Frau, die vor nichts haltmachte, lächelte
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