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Die Stunde der Gladiatoren

Die Stunde der Gladiatoren

Titel: Die Stunde der Gladiatoren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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dafür, dass sich ihre Stimmung hob.
    Kein Wunder, stand doch fest, dass ihre Schmach getilgt worden war.
    Allein, damit würde sie sich nicht zufriedengeben. Betört von dem Duft, den sie einsog, wanderte ihr Blick zur Decke des Baderaumes empor. Wahrlich, dachte sie, während ihr Blick auf dem bunten Fresko ruhte, so wie diesem Zentauren, der sich dem Willen einer Mänade unterwirft, wird es auch meinen Widersachern gehen. Widersetzen sie sich, führt ihr Weg ins Verderben, weder Rang, noch Namen, noch Verdienst werden sie dann retten.
    Â»Heißt das, du bist unzufrieden mit mir?«
    Keineswegs, ganz im Gegenteil. Sie, die beinahe 30 Jahre Jüngere, hatte den Speichellecker auf der anderen Seite des Vorhangs aus der Gosse gezogen, unter ihre Fittiche genommen und zu ihrem willfährigen Werkzeug geformt. Sie hatte ihn zu dem gemacht, was er war, einer derjenigen, welche jeden Befehl ausführen würden. Ohne Zögern, ohne Widerspruch, ohne auch nur einen Gedanken an die Konsequenzen ihres Tuns zu verschwenden.
    Â»Ach, übrigens!«, warf sie plötzlich ein, nicht zuletzt, um ihrem Domestiken einen Schreck einzujagen, »wie geht es eigentlich meinem Gemahl?«
    Â»Vorzüglich, soviel ich weiß«, quiekte die Stimme, was, wie sie fand, auf das Trefflichste mit dem Aussehen ihres Gesprächspartners harmonisierte. Der Fleischberg hinter dem Vorhang, auf dem sich sein unförmiger Wanst abzeichnete, sah nicht nur aus wie ein Schwein, sondern war auch eins. Jede noch so schnöde Behandlung, jede noch so große Schikane ließ er ohne mit der Wimper zu zucken über sich ergehen. Aus diesem Holz waren die Kreaturen geschnitzt, mit denen sie sich umgab. »Große Ereignisse werfen eben ihre Schatten voraus.«
    Â»Wie recht du doch hast«, flüsterte sie in dem für sie typischen Ton, längst nicht mehr so sanft und einschmeichelnd wie zuvor. »Vorausgesetzt, die Dinge entwickeln sich so, wie ich es geplant habe.«
    Â»Darf man fragen, was Hoheit zu tun gedenken?«
    Â»Nein, darf man nicht!«, zischte sie im Stil einer Kobra, welche sich aufrichtet, um ihr Opfer zu attackieren. Dann gab sie ihrer Leibsklavin einen Wink, ihr beim Abtrocknen behilflich zu sein, ließ sich ein mit Goldfäden durchwirktes Seidengewand reichen und strich mit dem Zeigefinger über die Lettern, welche in Brusthöhe eingestickt waren. Ein F, ein M und ein F – die Gewähr, dass jeder ihrer Wünsche erfüllt wurde. »Erst dann, wenn wir unter vier Augen sind.«

    *

    Und so geschah es. Eine halbe Stunde später, parfümiert, frisiert, frisch geschminkt und in das eng anliegende Gewand gehüllt, lag – oder vielmehr rekelte – sie sich auf ihrem Ruhebett und genoss es, wie der Mann, über dessen Körperfülle man sich allenthalben lustig machte, ihrer Befehle harrte. Ob Schuhwerk, Gewand oder Haut, alles an diesem Fleischberg war weiß, mit Ausnahme der Perücke aus dunklem Rosshaar, unter der sich ein kahl geschorener Schädel verbarg. Um den kurzen, feisten Hals trug er ein Pektoral aus Gold, Glasfluss und Edelsteinen, welches Horus, den ägyptischen Falkengott, darstellte. Nicht genug damit, benutzte er reichlich Schminke, Puder und Khol, so viel, dass sich die Dienerschaft schon darüber lustig machte. Kein Zoll an seiner Hand, der nicht mit Ringen, Schmuck oder dem Armreif mit dem Abbild der Göttin Isis bedeckt war. Kein Zoll, wo die Haut, rissig wie ausgebleichtes Pergament, auch nur die Spur einer Pigmentierung aufwies.
    Â»Wie lauten deine Befehle, Herrin?«
    Anstatt zu antworten, zog die Frau mit dem Kinderantlitz eine Schriftrolle unter dem Berg gelber Kissen hervor, auf dem ihr Oberkörper ruhte, streckte die Hand aus und wartete, bis die Kröte das Schriftstück in Empfang genommen, entrollt und Wort für Wort studiert hatte. Dies nahm geraume Zeit in Anspruch, nicht etwa, weil der Text so lang, sondern weil das, was auf dem Papyrus stand, so ungeheuerlich war, dass es das Vorstellungsvermögen des Fleischberges bei Weitem überstieg.
    Â»Noch Fragen?«
    Die von unechten Wimpern überwölbten Augen weit offen, starrte die Kröte bald auf die Instruktionen, bald auf das Ruhebett, von wo aus eine sichtlich amüsierte Nymphe jede seiner Bewegungen verfolgte. »Aber …«, quiekte er, kaum noch Herr seiner Fistelstimme, deren Klang von den Wänden des Gemaches

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