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Die Stunde der Gladiatoren

Die Stunde der Gladiatoren

Titel: Die Stunde der Gladiatoren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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Tenor: Bei den Spielen, welche derzeit stattfanden, ging nicht alles mit rechten Dingen zu.
    Varro fluchte leise vor sich hin. Niger, Niger und abermals Niger. Allmählich begann ihn der Name, auf den er bereits mehrfach gestoßen war, zu verfolgen. Tief in Gedanken, achtete Varro weder auf den Büttel, welcher ihm seinen Gruß entbot, noch auf die Anpreisungen eines Wunderheilers, der ein Elixier gegen Haarausfall anpries. Was, fragte er sich im Stillen, hatte es mit dem Retiarius, der sich offenbar großer Popularität erfreute, auf sich? War er in irgendwelche zwielichtigen Geschäfte verwickelt? Aspasias Bericht, an dessen Wahrheitsgehalt er nicht zweifelte, hatte ihn aufhorchen lassen, und Varro fragte sich, was Teiresias zutage fördern würde.
    Am Meilenstein angekommen, welcher die Mitte des Platzes markierte, legte Varro eine Verschnaufpause ein. Obwohl die Sonne längst noch nicht im Zenit stand, herrschte bereits eine drückende Hitze, und der Anwalt ärgerte sich, dass er so töricht gewesen war, auf Fortunata zu hören. Das nächste Mal, schwor er sich, würde er sich nicht mehr beschwatzen lassen, tun, was er für richtig hielt und vor allem jeden, der ihn bei der Arbeit störte, im hohen Bogen aus seiner Villa werfen.
    Aufgeschreckt durch einen Rempler hob Varro den Blick und überflog die Entfernungsangaben, welche auf dem Meilenstein standen. Mogontiacum – LXVI, Colonia Claudia Ara Agrippinensium – LXXVIII. Nach Colonia waren es drei bis vier Tagesreisen, verglichen mit dem, was er beim Militär hinter sich gebracht hatte, ein Katzensprung. Warum also nicht Nägel mit Köpfen machen, sein Pferd satteln und seinem Vetter Rufus, ebenfalls Anwalt, einen Besuch abstatten? Dann wäre er die Probleme, die ihn plagten, los. Wie pflegte Volkes Stimme doch zu sagen: aus den Augen, aus dem Sinn.
    Varro rieb sich die Augen und seufzte. Dazu, wie für manch anderes, was ihn von Treveris fernhalten würde, fehlte ihm einfach die Muße. Schließlich waren da noch seine Arbeit, die Tätigkeit als Autor und die vielfältigen Verpflichtungen, per exemplum als Ratsmitglied, welche es ihm unmöglich machten, einfach alles liegen und stehen zu lassen. Und natürlich war da auch noch Publius, der sich die Gelegenheit, seiner Mutter auf der Nase herumzutanzen, nicht entgehen lassen würde.
    Varro konnte eben nicht aus seiner Haut, er war Treverer mit Leib und Seele, dem schon wehmütig ums Herz wurde, wenn die Porta Martis am Horizont verschwand. Das war so und würde sich aller Voraussicht nach nicht ändern, auch dann nicht, wenn er Fortunatas Rat befolgen und in den Stand der Ehe treten würde. Das wiederum hörte sich einfacher an, als es war. Allein schon deshalb, weil er die Richtige noch nicht gefunden hatte.
    Oder etwa doch?
    Peinlich berührt verscheuchte Varro den unwillkommenen Gedanken, reckte das Haupt und ließ den Blick über die Köpfe der Umstehenden schweifen. Lieber hier leben als irgendwo sonst, dachte er, den Anflug eines Lächelns im Gesicht. Lieber hier, eingekeilt im dichtesten Gewühl, inmitten mannigfaltigster Gerüche, die von den Gewürzständen, den Bratrosten oder den Kisten aufstiegen, in denen Aale, Forellen, Hechte, Barsche und Rotaugen in der Sonne schmorten. Lieber hier als …
    Â»Auf ein Wort, Herr, das hier ist für dich.«
    Â»Für mich?«, antwortete Varro, im Begriff, sich nach dem Mann umzudrehen, der ihm einen Pergamentstreifen in die Hand gedrückt hatte. »Und von …?«
    Der Anwalt kam nicht dazu, den Satz zu vollenden. So sehr er sich auch bemühte, den Überbringer der Botschaft ausfindig zu machen, der Unbekannte war schon verschwunden.
    Um welche Art Botschaft es sich handelte, war jedoch sofort klar. ›Cave curiositatem!‹ – interessant. »Steck deine Nase nicht in anderer Leute Angelegenheiten!«, murmelte Varro, faltete den Streifen zusammen und bahnte sich einen Weg zum Torbogen, welcher das Forum nach Westen hin begrenzte. »Tut mir leid: Da habt ihr euch den Falschen ausgesucht!«

IX
    Taverne am Brückentor, zwischen sechster und siebter Stunde
    [11:20 h]
    Aspasia wusste nicht, wo ihr der Kopf stand. Die Gäste, in der Mehrzahl Schaulustige, die es ins Amphitheater zog, strömten nur so in ihre Taverne, und eschien, als platze der ›Kantharos‹ aus den Nähten.
    Genau das aber war ihr

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