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Die Stunde der Gladiatoren

Die Stunde der Gladiatoren

Titel: Die Stunde der Gladiatoren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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nicht, zu verlieren dagegen eine Menge. Längst nicht alle Klienten, welche er vertrat, waren auch imstande zu zahlen, und es wunderte ihn immer wieder, wie viele Patrizier dazu zählten.
    Â»Na, Tigellinus – so früh schon unterwegs?« Noch so einer, an dem sämtliche Strafen, Prügel inbegriffen, scheinbar wirkungslos abgeprallt waren. »Was meinst du, soll ich nicht lieber gleich die Ädilen rufen?«
    Â»Ich weiß gar nicht, was du willst, Herr!«, rief der bekannteste und leider auch begabteste Taschendieb von Treveris aus. »Ich bin lediglich als Privatmann hier.«
    Â»Ich auch!«, konterte Varro, mit dem die Ironie wieder einmal durchzugehen drohte. »Siehst du, wenigstens das haben wir zwei gemeinsam.«
    Â»Gestattest du mir eine Bemerkung, Herr?«
    Beim Anblick des Lockenkopfes, an dessen Kinn gerade der erste Flaum spross, konnte sich Varro eines Schmunzelns nicht erwehren. »Sag bloß, du hast genug Geld, um deine Anwaltskosten zu begleichen!«
    Â»Du weißt doch, Herr, ich …«
    Â»â€¦ habe keine Arbeit, meine Mutter und drei Geschwister zu ernähren und darüber hinaus jede Menge Schulden – ich weiß.«
    Â»Nein, Advocatus, das ist es nicht.«
    Â»Dann sind es eben die jungen Damen.«
    Tigellinus, Abbild des jugendlichen Apoll, schüttelte den Kopf und schwieg.
    Â»Na gut – was ist es dann?«
    Â»Ich … äh … Na schön, Herr, die Sache ist die: Ich habe mein ganzes Geld auf Audax gesetzt – und weißt du, was passiert ist? Dann hat Priscus, dieser Tollpatsch von Murmillo, ihn nach allen Regeln der Kunst fertiggemacht. Priscus, das muss man sich mal vorstellen. Ausgerechnet der! Dieser Trottel bringt es doch nicht mal fertig, Holz zu hacken. Hätte ich auf Niger gesetzt, wäre mir das erspart geblieben. Der gewinnt wenigstens immer.« Tigellinus, an dessen Konterfei Praxiteles seine helle Freude gehabt hätte, rang nach Worten. »Dabei war ich mir so sicher, dass er es packt!«
    Varro glaubte, sich verhört zu haben. »Ich muss dir wohl nicht sagen, Junge«, knurrte er, drauf und dran, vor Wut aus der Haut zu fahren. »Ich muss dir doch wohl nicht sagen, dass Wetten in deinem Alter verboten sind!«
    Â»Natürlich sind sie das, Herr.«
    Â»Und?«
    Â»Wen kümmert’s, Herr! Es verdienen halt zu viele dran.«
    Â»Wer denn?«
    Â»Der Lanista, das Wettbüro, der Veranstalter – du kannst es dir aussuchen, Herr.«
    Â»Ich will dir mal was sagen, du Einfaltspinsel: Wenn du denkst, ich pauke dich noch ein einziges Mal raus, hast du dich geschnitten.« Varro trat bis auf Armlänge an den Taschendieb heran. »Haben wir uns verstanden, junger Mann?«
    Der Jüngling ließ den Kopf hängen und nickte.
    Â»Und jetzt, du Privatmann, sieh zu, dass du von hier verschwindest! Trau dich bloß nicht, wieder hier aufzukreuzen, sonst kannst du was erleben. Das ist ein Befehl – Abmarsch!«
    Â»Darf ich noch etwas sagen, Herr?«
    Noch ein, zwei Jahre, und die Frauen liegen ihm zu Füßen, dachte Varro, ein verräterisches Schmunzeln im Gesicht. »Falls du dich anschließend aus dem Staub machst – gern!«
    Â»Wenn du mich fragst, Herr: Du siehst elend aus, verdammt elend sogar.«
    Varro dachte, er habe sich verhört. »Na warte, Bürschchen!«, rief er dem Beutelschneider hinterher, der schneller verschwand, als er ihm mit den Augen folgen konnte. »Wenn du mir wieder über den Weg läufst, setzt es eine Tracht … Autsch! Verdammt noch mal, tut das weh!«
    Â»Was tut dir weh, Gaius? Kann ich helfen?«
    Einen Fluch auf den Lippen, den er nur mit Mühe unterdrückte, drehte sich Varro um. »Nicht der Rede wert, Popidius!«, beteuerte er im Angesicht des schafs­äugigen Ädils, bei dem man nie sicher sein konnte, ob er so höflich war, wie er tat. Dumm war er dagegen allemal, dümmer als sämtliche Ratsherren zusammen. »So, und jetzt entschuldige mich, ich habe zu tun.«
    Das stimmte zwar, aber eben nur zum Teil. Viel mehr als Tigellinus, dem er ohnehin nicht böse sein konnte, beschäftigte ihn momentan etwas anderes. Die Stirn in Falten, bahnte sich Varro den Weg durch das Gewühl. Zuerst sein Neffe, dann Aspasia, im Anschluss wiederum sein Nachbar, der Goldschmied Pertinax und zu guter Letzt auch noch Tigellinus, von Beruf Taschendieb.

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