Die Stunde der Gladiatoren
»Oder denkst du, ich habe keine Augen im Kopf?«
Ein Blick, und man wusste Bescheid, sah der Ort, wo der Pfandleiher hauste, doch wenig einladend aus. Ãberall, auch im entlegensten Winkel, lag wertloses Gerümpel herum, angefangen bei alten Töpfen, Bronzekesseln und Pfannen bis hin zu Zaumzeug, Geschirr und einer Mistgabel. Dinge von Wert, zum Beispiel Schmuck, suchte man vergebens, und auch sonst lieà der Zustand des Kramladens zu wünschen übrig. Vielerorts bröckelte der Verputz, Staub lagerte auf den Regalen, Modergeruch lag in der Luft. Wahrlich kein Ort, um seriöse Geschäfte zu tätigen, und schon gar keiner, wo sich die Kunden die Klinke in die Hand gaben. »Darf man erfahren, was dich zu mir führt?«
»Man darf.« Wie beim Kreuzverhör, einer Spezialität von ihm, schwieg sich Varro eine Zeit lang aus. Dann sagte er: »Dem Vernehmen nach soll es zwischen dir und einem weiteren Zecher am gestrigen Abend kurz vor Mitternacht zu einer lautstarken Auseinandersetzung gekommen sein, in deren Verlauf es schlieÃlich zu Tätlichkeiten â¦Â«
»Was mein Freund sagen will, ist: Worum ist es bei dem Gerangel im âºKantharosâ¹ gegangen?«
»Darf man fragen, was dich das angeht, Medicus?«
»Was mein Freund zum Ausdruck bringen will, ist: Mach den Mund auf, Lupicinus â wir können auch anders .« Varro setzte sein Feiertagslächeln auf. »Stimmtâs oder hab ich recht, Probus?«
Der Medicus lächelte zurück. »Ich hätte es nicht eleganter ausdrücken können, Herr Rechtsanwalt.« Dann wandte er sich wieder dem Geldwechsler zu. »Raus mit der Sprache â weshalb seid ihr aneinandergeraten?«
»Das geht dich nichts an. Und auÃerdem: Wo gesoffen wird, fliegen ab und zu die Fetzen.« Der Geldwechsler blinzelte nervös. »Kann es sein, dass du nichts zu tun hast?«
»Erstens: Wie viel oder wie wenig ich zu tun habe, geht dich einen ScheiÃdreck an.« Um Drohgebärden nie verlegen, schlug Probus mit der Faust gegen die Fläche der linken Hand. »Zweitens: Hier geht es nicht um Lappalien, sondern um Mord. Um einen feigen, hinterhältigen Mord.«
»Eine Bluttat? Damit hab ich nichts zu tun.«
»Wenn du dich da mal nicht irrst, halbe Portion.« Die Handfläche auf dem Tresen, beugte sich Probus nach vorn und knurrte: »Oder leugnest du, dass du wilde Drohungen gegen einen Afrikaner ausgestoÃen hast? Ganz schön mutig, bedenkt man, dass es sich um einen Gladiator handelt. Beziehungsweise gehandelt hat .«
Der Armenier wurde aschfahl. »Du ⦠du willst doch nicht etwa damit sagen, dass er ⦠dass Niger â¦Â«
»Ich dachte, du kennst ihn nicht.«
»Was heiÃt hier âºkennenâ¹Â â wenn, dann höchstens vom Sehen.«
»Ist dir klar, was passiert, wenn ich meine Beziehungen spielen lasse?« Varro hasste es, Erpressermethoden anzuwenden, hasste es aber noch mehr, für dumm verkauft zu werden. »Verdacht auf Münzfälschung, Hehlerei, Schmuggel, Abschluss illegaler Wetten â genug, um dich hinter Schloss und Riegel zu bringen.«
»Was willst du von mir?«
»Beginnen wir damit, was wir nicht wollen.« Varro und Probus tauschten einen raschen Blick. »Nämlich dir mehr Ãrger aufhalsen, als du ohnehin schon hast. Anders ausgedrückt: Zeigst du dich kooperativ, bin ich bereit, auf eine Anzeige wegen oben genannter Vergehen zu verzichten.«
»HeiÃt: Wenn du auspackst, hast du nichts zu befürchten.«
Bleich vor Angst schnappte der Geldwechsler nach Luft. »Und was dann, Medicus? Glaubst du, ich habe Lust, als Wasserleiche zu enden?«
»Dein Hang zur Reinlichkeit in Ehren, Lupicinus: Aber so kommen wir nicht weiter.« Kühl bis ins Mark, baute sich Varro neben Probus auf. »Man kommt nicht einfach daherspaziert, bricht mir nichts, dir nichts einen Streit vom Zaun und legt sich mit unbescholtenen Bürgern an.«
»Unbescholten? Dass ich nicht lache.«
»Wer war der Mann, mit dem du dich gestritten hast â und was der Grund dafür? Rede, du Wicht, sonst reiÃt mir der Geduldsfaden!«
»Ich ⦠ich kann nicht.«
»Machen wir uns nichts vor, Lupicinus: Bei den Munera geht es in erster Linie um Geld. Um Unsummen an Geld. Wenn man es geschickt anstellt, kann man sich eine goldene Nase verdienen â als
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