Die Stunde der Gladiatoren
Devotionalienhändler, Wurstverkäufer, Weinhändler, Liebesdienerin, Lustknabe oder meinetwegen auch als Taschendieb.« Um die gewünschte Wirkung zu erzielen, hielt Varro einen Wimpernschlag lang inne. »Oder, wie in deinem Fall, mit Wetten.«
»Was willst du damit â¦Â«
»Nebenbei bemerkt: Wie standen eigentlich die Quoten?«
»Welche Quo â¦Â«
»Na welche wohl!«
»17 zu eins.«
»Pro oder contra Niger?«
Der Kopf des Geldwechslers sackte nach vorn. »Pro â was denn sonst.«
»Lauter bitte, damit es alle verstehen.«
»17 zu eins, du hast richtig gehört!«, räumte der Geldwechsler zähneknirschend ein. »So bekloppt, um auf Pugnax zu wetten, ist ja wohl kein Mensch, oder?«
»Mag sein.« Der Advokat zog die rechte Braue hoch. »Da fällt mir ein: Wie hoch ist eigentlich dein Gewinn?«
»Gewinn?«, echote der Armenier und tat, als habe er das Wort noch nie gehört. »Sagtest du Gewinn? Tut mir leid, Advocatus â was das betrifft, hast du ein falsches Bild von mir.«
»Mir kommen gleich die Tränen.« Scheinbar unbeeindruckt von Lupicinus, aus dessen Augen Blitze schossen, schnappte sich Probus eine Silbermünze, biss auf den Rand und legte sie wieder auf den Stapel. »Aber was sollâs â ein Denar riecht bekanntlich nicht.«
»Von irgendwas muss der Mensch ja leben, oder?«
»Kommt drauf an, Lupicinus, kommt drauf an.« Spürbar gereizt verschärfte Varro seinen Ton. »Wie viel, Lupicinus«, fuhr er den Geldwechsler an, »behältst du für dich?«
»Ich möchte wissen, was dich das angeht, Advocatus.«
» Wie viel , oder ich muss zu anderen Methoden greifen!«
»Ein Viertel!«, zischte Lupicinus, zitternd vor Wut. »Ein Viertel für mich â und der Rest für die glücklichen Gewinner.«
»25 per centum? Alle Achtung â nicht schlecht.« Der Medicus pfiff anerkennend durch die Zähne. »So leicht möchte ich mein Geld auch mal verdienen.«
»Leicht? Soll das ein Witz sein?«
»Keineswegs.«
»Kann es sein, dass Rechnen nicht deine Stärke ist?«
»Wieso?«, tat Probus mit treuherziger Miene kund. »Hab ich etwas Falsches gesagt?«
Unfähig, die Falle zu wittern, ging Lupicinus zum Angriff über. »Denkst du, ich verdiene mein Geld im Schlaf! Ja? Ich fürchte, da muss ich dich enttäuschen.« Der Geldwechsler holte tief Luft. »Ob duâs glaubst oder nicht: Ich kann froh sein, wenn ich nicht drauflegen muss.«
»Und was ist, wenn der haushohe Favorit verliert?«, warf Varro scheinheilig ein. »Sagen wir mal, die Quote beträgt 17 zu ⦠Halt, wir wollen nicht übertreiben! Angenommen, die Quote beträgt zehn zu eins, und der Kampf nimmt ein â dezent ausgedrückt â unerwartetes Ende, wie viel würde in einem solchen Fall für dich übrigbleiben?«
Der Geldwechsler verstummte, und sein Blick huschte zwischen Varro und dem Medicus hin und her. »Moment mal â heiÃt das, du traust mir zu, dass ich meine Kunden übers Ohr haue?«
»Offen gestanden, Lupicinus â jemandem wie dir traue ich alles zu.« Die Hände hinter dem Rücken, begann Varro auf und ab zu gehen. »Ich traue dir sogar zu, dass du mit dem Lanista unter einer Decke steckst. Dumm nur, dass ich es dir â oder vielmehr euch â nicht beweisen kann.« Der Advocatus hielt unvermittelt inne. »Aber das kann sich ja noch ändern, was, Probus?«
»Worauf du dich verlassen kannst, Bücherwurm.«
»Tut meinetwegen, was ihr wollt â mit dem Mord an Niger habe ich nichts zu tun.«
»WeiÃt du was, Lupicinus?« Auf einen Schlag hundemüde, nahm Varro seinen Stock in die Hand und begab sich zur Tür. »Das glaube ich dir sogar. Jemand wie du ist nicht so töricht und kündigt die Bluttat, welche er begehen will, auch noch an. Das tun nur Verrückte. Oder Dummköpfe.« Ein Lächeln im Gesicht, das der Geldwechsler wohlweislich übersah, nahm Varro seine Wanderung wieder auf. »Du aber, Lupicinus, du bist aus einem anderen Holz geschnitzt.«
»HeiÃt das, du schenkst mir Glauben?«
»Ich finde, das wäre ein bisschen viel verlangt, oder?«
Der Geldwechsler lieà den Kopf hängen und schwieg.
Varro indes lieà nicht locker. »Langer
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