Die Stunde der Gladiatoren
und dämlich an ihm verdient hast. Dass, falls er gespurt hätte, du dich weiter dumm und dämlich hättest verdienen können.«
»Was du nicht sagst. Kann es sein, dass du keine Ahnung hast, was ein Gladiator kostet?« Maximinus holte tief Luft. »100 Goldstücke â in Worten: einhundert! Und wofür?«
»Dein Pech, Maximinus, nicht meines.«
»Und dann auch noch diese scheià Inflation. Den Aureus kann man sich ja wohl endgültig in den Hintern schieben. WeiÃt du was, Scorpio? Wenn ich könnte, würde ich die Brut, die uns das eingebrockt hat, erwürgen. Da gibst du einen Haufen Geld aus, so viel, dass man ein ganzes Dorf satt kriegen könnte â und was passiert? Das Geld ist immer weniger wert.«
»Ich weiÃ, ich weiÃ: Noch so eine Pleite, und du nagst am Hungertuch.«
»Deinen Sarkasmus kannst du dir sparen. Sag mir lieber, wie ich zu meinem Geld kommen soll.«
»Keine Ahnung. Deine Schuld, wenn du den scheià Neger nicht im Griff gehabt hast. Jetzt komm schon, Maximinus, du bist doch sonst nicht so! Hättest du ihm gezeigt, woâs langgeht, wäre das alles nicht â¦Â«
»Hätte, wäre, könnte â das macht ihn nicht lebendig.«
»Besser so.«
Aschfahl im Gesicht, rang der Lanista um Fassung. »Was willst du damit sagen?«
»Gegenfrage: Wie kommst du darauf, dass ich jemandem wie dir Rechenschaft schulde?« Die Fackel in der rechten Hand, bewegte sich der Mann, dessen Name den Wenigsten bekannt war, auf die Mitte des Familiengrabes zu. Dort angekommen, begutachtete er die beiden Sarkophage, unter denen sich eine gemauerte Grablege befand. Erst kürzlich war hier ein Kind bestattet worden, der siebente von insgesamt neun Toten, die einer begüterten Familie aus Treveris entstammten. »Der Befehl lautete, er soll den Kampf verlieren. Alles andere, mein Lieber, geht und ging dich nichts an.«
»Sagst du.«
»Gib acht, Maximinus â und hüte deine Zunge. Es sind schon wichtigere Leute verschwunden als du. Weitaus wichtigere sogar.« Im Schein der Fackel, deren Flamme wie ein Schlangenhaupt emporzüngelte, mutete das Gesicht des Mannes wie eine Geistererscheinung an. »Auf die Gefahr, dein Erinnerungsvermögen zu strapazieren â du warst mir noch eine Gefälligkeit schuldig. Einfach ausgedrückt: Spielschulden sind bekanntlich Ehrenschulden. Selbst dann, wenn man im Geld nur so zu schwimmen scheint.«
»Das, Scorpio, das genau ist der Punkt.« Zitternd vor Furcht nahm Maximinus seinen gesamten Mut zusammen. »Ich will mein Geld zurück, auf der Stelle!«
Das Lachen, welches nun erscholl, hätte Furcht einflöÃender nicht sein können. »WeiÃt du, Maximinus«, prustete der Skorpion und hielt sich den Bauch vor Lachen, »weiÃt du, was ich am meisten an dir schätze? Nein? Deinen Sinn für Humor. Aber ja doch, du hast richtig gehört. Deine Scherze ziehen einem wirklich die Sandalen aus. Denkst du, ich weià nicht, wie es in deinem Gewerbe läuft? Ein Viertel für dich, das andere für Lupicinus. Je überraschender der Ausgang, desto besser.«
»Was ⦠was zum Henker willst du damit sa â¦Â«
»Kannst du dir das nicht denken? Zum letzten Mal, Maximinus: Kümmre dich um deinen eigenen Kram.«
»Und wenn nicht?«
»Dann, mein Lieber«, antwortete der Skorpion, wandte sich um und schlenderte zur Tür, um sie mit einer ruckartigen Handbewegung zu entriegeln, »dann, Maximinus bist du die längste Zeit Lanista gewesen. Du weiÃt doch: Ich habe Verbindungen, von denen deinesgleichen nur träumen kann. Kein Mensch, und schon gar nicht du, ist unentbehrlich. Memento mori, Maximinus â ich habe zu tun!«
XV
Kaiserpalast, kurz nach Beginn der neunten Stunde
[15:00 h]
»Wenn du schlau bist, tust du, was ich sage.« Die Stimme, eingangs gedämpft, dann jedoch ganz nahe, triefte nur so vor Hohn. »Aber das bist du doch, oder?«
Berenike schwieg. Ein Traum, redete sie sich ein, nichts weiter. Oder ein Irrtum. Ein dummer, korrigierbarer Irrtum.
Doch dem war nicht so.
Kaum war die Stimme verklungen, kam es über sie. Wasser. Eiskaltes, jede Regung abtötendes Wasser. Zuerst ein Rinnsal, dann ein Schwall und kurz darauf ein Strom. Ein reiÃender, nicht enden wollender Strom.
Sie wollte schreien. Vergeblich. Ihr Mund war noch nicht offen,
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