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Die Stunde der Gladiatoren

Die Stunde der Gladiatoren

Titel: Die Stunde der Gladiatoren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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Varro, nur einen Steinwurf von seinem Ziel entfernt, noch nichts. Hauptsache daheim!, flog es ihm stattdessen durch den Sinn, die Villa, welche aus dem Dunkel auftauchte, fest im Blick. Morgen früh, nach dem Aufstehen, würde er sich als Erstes um seine Korrespondenz kümmern, dann um die restlichen Klienten, danach um Myron, Nigers Freund, und danach wiederum um Merabaudis und den Jungen, dessen Name nicht recht zu ihm passte. Vielleicht, hoffte er, würde ihn das auf die Spur des Anonymus bringen, wenngleich der Wunsch höchstwahrscheinlich der Vater des Gedankens war. Vorerst aber würde er den Kasus ruhen lassen, zu Abend speisen und sich den Dingen widmen, die ihn interessierten.
    Oder den Personen, je nachdem.

    *

    Â»Bei meiner Keuschheit, wo steckt der Junge bloß!«, wetterte Fortunata, im Begriff, das Triclinium für das Abendessen herzurichten. Um Varro, auf den sie seit Stunden wartete, eine Freude zu machen, hatte sie sich mächtig ins Zeug gelegt. Sie hatte Hühner gerupft, Fischsalat zubereitet, Würstchen gebraten, die dazugehörige Mehlsoße gerührt, Brot gebacken, grünen Kohl, Obst und Gemüse eingekauft und vor allen Dingen Varros Leibgericht gekocht. Bohnen mit Speck, und der Abend war gerettet, mochte das, was den Tag über geschehen war, noch so beschwerlich gewesen sein. »Glaubst du, ihm ist etwas zugestoßen?«
    Aspasia, die ihr behilflich war, redete beruhigend auf Fortunata ein. »Das kann ich mir nicht vorstellen!«, entgegnete sie, auch jetzt, bei aller Ungewissheit, die Zuversicht in Person. »Sein Freund wird schon auf ihn aufpassen.«
    Â»Und du willst mir wirklich nicht sagen, worum es geht?«, bohrte die Alte und rückte eines von insgesamt vier Speisesofas zurecht. »Sonst mache ich mir unnötig Sorgen.«
    Â»Genau das möchte der Patronus vermeiden«, versetzte Aspasia, eine Schale mit Obst in der Hand, darunter Nüsse, Birnen und getrocknete Trauben aus dem Moseltal. »Nur Geduld, du wirst es bald erfahren.«
    Â»Fragt sich nur, wann!«, murrte Fortunata, spornte Livia, ihre rechte Hand, zur Eile an und wies Antigonos den Platz zu, an dem er mit seiner Leier Aufstellung nehmen und die Abendgesellschaft durch sein Spiel und Rezitationen aus der Ilias unterhalten sollte. Nichts blieb dem Zufall überlassen, Fortunata dachte an alles. Öllampen, auf dem Gesims des Peristyls platziert, durften ebenso wenig fehlen wie Blumengirlanden, Blütenblätter und diverse Räucherpfannen, welche den Duft wohlriechender Essenzen verbreiteten. Für alles war gesorgt, angefangen bei Ruhekissen, auf denen man sich abstützen, über Zahnstocher, mit denen man sich auch die Ohren reinigen, bis hin zu parfümiertem Wasser, mit dem man sich die Hände waschen konnte. Es lagen auch Leinentücher bereit, aß man doch mit den Fingern und benutzte Messer nur, wenn es unumgänglich war. Und natürlich gab es auch Nachtisch, weniger, weil Varro großen Wert darauf legte, sondern weil Fortunata der Meinung war, dass es sich so gehörte. Überhaupt bot sie alles auf, was Vorratskammer und Garten hergaben, unter anderem Feigen, Nüsse, Birnen, Granatäpfel und geröstete Kastanien, aber auch Schinken, Eier mit Rautenlaub, Käse und Oliven aus Sardinien.
    Fehlten nur noch die Tafelnden, allen voran Varro, auf den Fortunata sehnsüchtig wartete. Längst verschmerzt hatte sie dagegen das Fernbleiben seiner Schwester, nach deren eigenem Bekunden ein Opfer von Kopfschmerzen, die wie der Blitz über sie gekommen waren. Dass der Anfall mit Aspasia zusammenhing, bei deren Eintreffen sie sich ins obere Stockwerk zurückgezogen hatte, war Fortunata nicht verborgen geblieben. Aurelia war nicht der Typ, der andere Götter neben sich duldete, vor allem, wenn es sich um Konkurrentinnen um die Gunst ihres Bruders handelte. Wenn diese Konkurrentinnen dann noch verwitwet, hübsch und zu allem Unglück Mutter einer mindestens ebenso hübschen Tochter waren, war es um die Ruhe, die in der Villa herrschte, geschehen.
    Â»Hilf mir lieber, anstatt in der Gegend rumzustehen! Ja, du bist gemeint, Publius – und du auch, Penelope!« Fortunata runzelte die Stirn. Eines musste man der Kleinen lassen: Obschon erst 11, war sie überaus anziehend, ihrer Mutter, welche die Alte spontan ins Herz geschlossen hatte, wie aus dem Gesicht geschnitten. Selbst Publius, der mit Mädchen nichts zu tun

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