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Die Stunde der Gladiatoren

Die Stunde der Gladiatoren

Titel: Die Stunde der Gladiatoren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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ist, stellen eine Gefahrenquelle dar. ›Wer weiß‹, wird dein Spiritus Rector sagen, ›vielleicht ist es doch besser, meinen Komplizen mundtot zu machen! Nur ein toter Mitwisser ist ein guter Mitwisser.‹«
    Â»Und wenn ich …«
    Â»Wenn du auspackst, Maximinus, werden wir weitersehen.«
    Â»Bedaure, aber das ist mir zu vage.« Der Lanista nahm den Becher in die Hand und lächelte. »Wenn das so ist, halte ich lieber den Mund.«
    Â»Besser, als einen Dolch zwischen den Rippen, oder?«
    Â»Kommt drauf an, wie man die Dinge betrachtet.« Ohne eine Miene zu verziehen, nahm Maximinus einen weiteren Schluck. »Nehmen wir an, ich lasse mich auf einen Kuhhandel mit dir ein – was dann?«
    Â»Wie gesagt: Dann werde ich sehen, was sich machen lässt.« Äußerlich gelassen, wandte sich Varro ab und begann, die Schriftrollen im Regal zu durchforsten. »Egal, was noch passiert: Du bekommst einen fairen Prozess.« Varro hielt einen Moment inne. »Zumindest das kann ich dir garantieren.«
    Â»Und was, wenn ich auspacke, wenn ich Namen nenne?« Maximinus blickte spöttisch in die Runde. »Denkst du, dann komme ich mit dem … mit dem Leben davon?«
    Â»Wie heißt der Kerl – raus mit der Sprache!« Mit einem Satz, den ihm weder Probus noch Syphax zugetraut hätten, war Varro bei dem Lanista, packte ihn am Kragen und schrie: »Wie heißt er, verdammt noch mal!«
    Doch es war zu spät. Die Pupillen von Maximinus weiteten sich, und ein Zittern ließ seinen Rumpf erbeben. Stumm vor Entsetzen ließ Varro von ihm ab, wurde Zeuge, wie sich der Lanista aufrichtete, einen Halbkreis beschrieb, den Stuhl umwarf und unkontrolliert hin und her zu torkeln begann. Hilflos wie ein Betrunkener stürzte Maximinus auf das Fenster zu, ein Gemisch aus Schaum und Speichel auf dem vorspringenden Kinn. Dann bäumte er sich ein letztes Mal auf, rang nach Luft, hechelte, gurgelte und röchelte – und stürzte kopfüber aus dem Fenster.
    Es war zu Ende, unwiderruflich zu Ende.
    Â»Gefleckter Schierling – auf die Idee muss man erst mal kommen.« Umrahmt von Scherben, etliche davon im Gesicht des Lanista, kniete Probus neben dem Leichnam, schloss ihm die Augen und sog den Mäusegeruch, den der Tote verströmte, mit unbewegter Miene ein. Dann rappelte er sich auf, blähte die Backen und ließ die Atemluft entweichen. »Und wir zwei Trottel sind auf ihn reingefallen.«
    Â»Wenn hier einer die Schuld trägt, dann ich«, entgegnete Varro, umklammerte seinen Stock und humpelte von dannen. »Dümmer kann man sich ja wohl nicht anstellen!«

AMOR PATRIAE

›Während der Kaiserzeit wurde die Ausrichtung der Spiele ein Vorrecht der Kaiser, auch wenn der Fokus der gleiche blieb, nämlich das Wohlwollen der Bevölkerung sicherzustellen.‹
    (Nancy H. Ramage / Andrew Ramage, Das Alte Rom. Leben und Alltag , Darmstadt 2012)

LIBER QUINTUS

XXVI
    Villa Aurelia, kurz vor Einbruch der Dunkelheit
    [20:20 h]
    Maximinus tot, der Anonymus auf freiem Fuß: Die Aufklärung des Falles, fast schon zum Greifen nah, war wieder in weite Ferne gerückt. Es war Zeit, nach Hause zu gehen, bei Fortunata eine Portion Bohnen mit Speck zu erbitten und sich anschließend in sein Arbeitszimmer zurückzuziehen. Ob Varro in der Lage sein würde, an seinem Buch zu arbeiten, stand zwar in den Sternen. Auf einen Versuch würde er es aber trotzdem ankommen lassen, und sei es nur, um auf andere Gedanken zu kommen.
    Im Verlauf seiner Studien, vor allem bei Tacitus, Sueton und Plutarch, hatte er sein Hauptaugenmerk auf das Leben der Cäsaren gerichtet und dabei festgestellt, dass Mord und Totschlag bei allen an der Tagesordnung gewesen waren. Unter den wenigen, die friedlich entschlummerten, befand sich der göttliche Augustus, ein Schicksal, das weder seinem Nachfolger und Adoptivsohn, noch seinem Urenkel und dessen Neffen, auch Nero genannt, beschieden war. Auch Claudius, Eroberer Britanniens, war durch einen Giftmord aus dem Weg geräumt worden, was die Zahl der Morde auf vier erhöhte. Varro schüttelte nachdenklich den Kopf. Fünf Kaiser, vier Morde, verübt innerhalb eines Menschenalters – das sagte doch schon alles. Die Toga, welche die Geschichte trug, war mit Blut durchtränkt, und er bezweifelte, ob es gelingen würde, sie reinzuwaschen.
    In Gedanken bei seinen Studien, zog

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