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Die Stunde der Hexen - Midnight Hour 4 - Roman

Titel: Die Stunde der Hexen - Midnight Hour 4 - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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verwickelt sein - sie wäre es nicht, wenn du einfach nur die Klappe gehalten und getan hättest, was ich dir gesagt habe, dann hätte ich für deine Sicherheit gesorgt.«
    »So wie du für Jennys Sicherheit gesorgt hast?«
    Etwas an seiner Miene änderte sich. Es war mir gelungen, ihn zu beruhigen - er war stehen geblieben, ich hatte ihn zum Reden gebracht. Doch jetzt glühte Zorn in seinen Augen. Seine Haut rötete sich. Da war wieder dieses Zähnefletschen.
    »Sie hat mich verlassen.«
    »Du hättest sie gehen lassen sollen.«
    »Sie hat mir gehört …«
    »Sie hat dir nicht gehört! Sie hat gar niemandem gehört!«
    Mit einem Brüllen stürzte er sich auf mich. Überrascht wich ich rasch zurück, wobei ich beinahe über meine eigenen Füße gestolpert wäre. Er löste den Fluchtinstinkt
in mir aus - die zweibeinige, menschliche Version davon. Ich hob die Arme, um mich vor dem kommenden Hieb zu schützen. Nicht sehr wirksam.
    Er packte mich am Arm, warf mich herum und schleuderte mich gegen die Backsteinmauer des Gebäudes. Ich sah Sterne, und vor meinen Augen wurde es eine Sekunde lang dunkel. Die Wölfin erwachte zum Leben - rennen, die Krallen einsetzen, kämpfen, zerfetzen, rennen -, zwischen Angst und Wut hin- und hergerissen. Ich konnte sie in meinen Knochen spüren.
    »Kitty!« Das war Ben. Nicht schießen , wollte ich sagen, konnte aber nicht. Sobald er sich von den Gefolgsleuten abwandte, um Carl zu erschießen, würden sie sich auf ihn stürzen. Er musste sie in Schach halten; er konnte nicht gegen sie alle kämpfen. Becky und Shaun hatten keine Waffen, und ich glaubte nicht, dass sie der ganzen Meute trotzen konnten.
    Ich konnte nicht sprechen, weil Carl mir die Hände - dicke, kräftige Pranken - um den Hals gelegt und mich hochgehoben hatte. Meine Füße strampelten über dem Boden. Meine Lunge rang nach nicht vorhandener Atemluft. Ich packte ihn am Handgelenk, rammte ihm meine Fingernägel in die Haut und versuchte, seine Hand wegzuziehen, wild auf ihn einzudreschen, doch er drückte mich mühelos gegen die Wand. Ich konnte ihn noch nicht einmal ansehen. Er brachte mich gewaltsam dazu, den dämmrigen Himmel zu betrachten.
    Als ich schon fragen wollte, wo zum Teufel Hardin steckte, heulten Polizeisirenen auf. Reifen quietschten. Türen wurden zugeschmissen. Tadelloses Timing.

    Nein, nicht Timing. Absicht. Wahrscheinlich hatte sie gleich um die Ecke, außer Sichtweite, gewartet, bis Carl etwas tat, wofür sie ihn verhaften konnte. Ihn erst einmal wegen tätlichen Angriffs drankriegen und ihm die Morde in dem Lagerhaus später nachweisen, nachdem sie ihn bereits in Untersuchungshaft hatten. Ich war der Meinung gewesen, ich würde sie als Gorilla benutzen, doch im Grunde benutzte sie mich als Köder. Wunderbar.
    »Hände hoch! Lassen Sie sie los! Lassen Sie sie los, und treten Sie zurück!« Fünf oder sechs Stimmen schrien das auf einmal.
    Carls Griff um meinen Hals wurde fester, und ich konnte das Vibrieren seines Knurrens spüren.
    Bitte, bitte …
    Ich erkannte Hardins Stimme. »Mr. O’Farrell, lassen Sie Ihre Waffe sinken! Lassen Sie uns das erledigen!«
    Dann erledigt es doch, verdammt noch mal!
    Die Stimmen schrien Carl immer noch zu, mich los - zulassen. Wir konnten hier alle von Schüssen durchsiebt werden. Ich musste davon ausgehen, dass Hardin ihre Leute mit Silberkugeln ausgestattet hatte.
    Dann glitt ich mit dem Rücken die Mauer hinab, und meine Füße berührten den Boden. Luft durchflutete meine Lungen, die rasselten, als ich aufkeuchte. Doch er ließ mich nicht los. Ich sah ihm in die Augen, die loderten, tierisch waren.
    Sein Körper war ganz Schweiß und Moschus. Das Fell, der Wolf waren nahe. Wenn ihm jetzt Krallen sprössen, könnte er mir die Kehle herausreißen. Die Jugularader
aufschlitzen, sodass ich verbluten würde, bevor ich auch nur zu Boden ging.
    »Tu’s nicht«, flüsterte ich. »Du wirst hier sterben, wenn du es tust.«
    Die Cops riefen immer noch: »Treten Sie sofort zurück, sofort !«
    Und ich dachte, er würde es tun, Silberkugel im Rücken oder nicht, ich dachte, er würde mir die Kehle herausreißen.
    Von nun an überschlugen sich die Ereignisse. Carl machte eine dieser ruckartigen Bewegungen - die Art Bewegung, die man besser vermeiden sollte, wenn man von Polizisten umgeben war, die Waffen auf einen gerichtet hielten. Es war nicht zu erraten, was er im Schilde führte, ob er erschossen werden wollte, ob er glaubte, sich schneller als Kugeln bewegen zu können.

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