Die Stunde der Hexen - Midnight Hour 4 - Roman
biegen. Carl und ein anderer Mann stiegen aus, ein weiterer Werwolf. Ein Hauch von Moschus und Wildnis entströmte ihnen, Fell und Haut, und etwas Fremdes. Ein Feind, ein Eindringling. Gegnerisches Rudel. Noch ein Wagen und drei weitere folgten ihnen. Von Meg keine Spur. Irgendwie war das eine Erleichterung.
Mir blieb keine Zeit, die Waffen aus dem Kofferraum zu holen. Sie bemerkten uns. Ohne zu zögern ging Carl breitbeinig auf die Tür zu. Er war gewaltig, groß und muskulös - selbst dann ein Monster, wenn man nichts von seinem anderen Wesen wusste. Seine braunen Haare und der Bart gehörten geschnitten, und von seiner ganzen Art her war er so tierisch, wie er sein konnte, ohne sich ganz zu verwandeln. Sein Rudel hielt sich argwöhnisch zurück und wartete ab, was wir täten.
In der Nähe des Eingangs machte ich Anstalten, ihm den Weg abzuschneiden, darauf vertrauend, dass Ben mir den Rücken freihielt.
»Stop!«, rief ich ihm zu.
Carl verlangsamte seine Schritte nicht. »Wer hat dir gesagt,
dass ich hierherkommen würde? Wer hat dich gewarnt?«
»Du darfst nicht hier sein, Carl. Du musst gehen.« Mutige Worte. Töricht und mutig. Ich nahm meine ganze Kraft zusammen, als könnte ich ihn mit meinem schmalen Körper tatsächlich aufhalten oder auch nur kurzzeitig behindern.
Er beugte die Arme, hob die Fäuste an, und ich wusste, wie er auf mich einprügeln wollte. Er würde mit der einen Hand nach oben schlagen, mit der anderen von oben auf mich einhauen, sodass er mich in der Falle hätte und zu Boden schleudern könnte. Er zog die Lippen zurück und fletschte wütend die Zähne.
Ich wartete ab. Ich wusste, was folgen würde und wartete einfach ab. Als der Schlag wie vorhergesehen kam, weil ich es schon so erlebt hatte, wich ich aus. Ich war nicht da, und als er sich auf die Stelle warf, an der ich gestanden hatte, schubste ich ihn. Rammte ihm die Schulter in die weiche Stelle unter seinem Brustkorb und stieß zu.
Er geriet ins Stolpern, hielt sich allerdings auf den Beinen, und einen Augenblick lang waren wir beide gebannt, starrten einander an und keuchten, obwohl wir uns bisher noch kaum angestrengt hatten.
Selbst nach all dieser Zeit verband uns noch immer etwas. Deshalb konnten wir uns nicht wie Tiere in Stücke reißen. Mir schoss der völlig widersinnige Gedanke durch den Kopf: Früher habe ich mit diesem Mann geschlafen. Beinahe hätte ich gelacht. Mir fiel nicht mehr ein, wie er schmeckte.
»Bleib zurück!«, rief Ben. Ich wandte den Blick nicht von Carl, doch aus dem Augenwinkel sah ich, wie Ben vorwärts ging, eine Waffe im Anschlag. Carls Gefolgsleute hatten sich verteilt und eine Reihe gebildet, um uns zu umzingeln - ein Wolfsrudel, das schwache und verletzte Beute umkreiste. Ben sorgte dafür, dass sie sich uns nicht weiter näherten.
»Hast du Silber?«, fragte einer.
»Darauf kannst du deinen Hintern verwetten«, antwortete Ben. »Und jetzt lasst die beiden sich unterhalten.«
Die Wölfe hielten sich zurück.
So blieben Carl und ich, um die Sache auszudiskutieren.
»Was hast du geglaubt, hier anstellen zu können?«, fragte ich.
»Du dringst in mein Revier ein, ich kann das Gleiche tun. Ich kann dich in Stücke reißen.«
»Die Polizei ist im Anmarsch. Sie werden dich verhaften. Es wird nicht lange dauern, bis sie herausgefunden haben, was du mit Ricks Leuten angestellt hast.«
»Das geht sie nichts an.« Ein stillschweigendes Geständnis. Er versuchte erst gar nicht, es zu leugnen oder so zu tun, als wisse er nicht, wovon die Rede war.
»Du bist ein Mörder! Das geht sie sehr wohl etwas an!«
Er setzte ein dünnes Lächeln auf. »Du hättest nicht zurückkommen und dich einmischen sollen.«
»Ja, klar«, sagte ich. »Ich sitze mächtig in der Scheiße.«
»Tja, und nun greife ich dich an, und dein Freund erschießt mich. Ist das euer Plan?«
Es wäre so einfach. Die Sache - oder zumindest die eine Hälfte - auf der Stelle zu beenden. Dann käme Hardin angefahren, sähe Ben mit einer rauchenden Waffe und würde ihn ins Gefängnis werfen. Ich glaubte nicht, dass ich damit fertig würde. Nicht schon wieder.
Laut Plan würden wir Carl so lange hier festhalten, bis Hardin ihn sich greifen konnte. Wir würden uns nicht die Hände schmutzig machen.
»Nur wenn ihm keine andere Wahl bleibt«, sagte ich.
»Du hättest aufhören sollen, als ich es dir gesagt habe. Nichts von dem Ganzen wäre je passiert, nicht Washington, nicht das hier. Die Polizei sollte nicht in die Sache
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