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Die Stunde der Hexen - Midnight Hour 4 - Roman

Titel: Die Stunde der Hexen - Midnight Hour 4 - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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kniete neben mir nieder. Ich schnitt eine Grimasse und verspürte ein vages Schamgefühl. Die Decke zog ich mir fest um die Schultern.
    »Was ist passiert?« Meine Stimme klang kratzig.
    »Du bist angeschossen worden«, sagte er.
    »Daran kann ich mich erinnern. Und hinterher?«
    »Du hast niemanden verletzt.«

    Ich stieß ein dünnes Lachen aus. »Gott sei Dank für die kleinen Freuden im Leben.« In Wirklichkeit war ich immens erleichtert. Ich war heilfroh.
    Träge steckte er mir eine Haarsträhne hinters Ohr. Sein Hemd war blutverschmiert, ganze Handabdrücke und Streifen an den Stellen, an denen ich ihn am Arm gepackt hatte. »Wie fühlst du dich?«
    »Beschissen. Ich wollte niemandem etwas zuleide tun.« Es dauerte, bis sich das ganze Horrorszenario vor meinen Augen entfaltete. Verwundet und verängstigt hatte ich mich mitten in einer Menschenmenge verwandelt. Ich hätte es getan, ohne groß darüber nachzudenken. Es wäre lediglich Selbstverteidigung gewesen. »Es ist unglaublich, dass ich angeschossen worden bin.«
    »Das kannst du laut sagen.« Er setzte sich neben mich und legte mir fest den Arm um die Schultern. Ich kuschelte mich fester an ihn. »Hardin hat zwei Wagen losgeschickt, die nach Carl Ausschau halten sollen. Sie riegeln das Viertel ab, um nach ihm suchen zu können.«
    »Sie werden ihn nicht finden.«
    »Ich weiß. Seine übrigen Leute hat sie in Gewahrsam genommen. Sie glaubt, sie werde forensische Beweise finden, die die Werwölfe mit dem Lagerhaus in Verbindung bringen. Das Ganze scheint ihr großen Spaß zu machen.«
    »Sie möchte ihre mit Silber verkleidete Gefängniszelle ausprobieren.«
    »Tja, soll sie ruhig.«
    Da trat die Frau persönlich zu uns. Sie sah müde, aber mit sich zufrieden aus. Am liebsten wäre ich aufgestanden
- ich wollte nicht zu ihr hinaufblicken müssen. Im Moment befand ich mich sogar nur auf Wolfsaugenhöhe. Doch ich war zu erschöpft, und Ben war zu bequem. Mit trüben Augen starrte ich zu ihr empor.
    Argwöhnisch musterte sie mich und schob sich auf mich zu, wie sie es vielleicht bei einem wilden Tier getan hätte. Was ich wohl auch war. Sie hatte mit angesehen, wie ich mich verwandelt hatte - hatte beide Seiten meines Wesens zu Gesicht bekommen. Ich hatte einen ihrer Leute angegriffen, auch wenn ich mich nicht mehr genau daran erinnern konnte. Doch sie schien mich wie ein menschliches Wesen behandeln zu wollen. So schwer ihr das auch fallen mochte. Ihr war anzusehen, wie sie sich sammelte.
    »Wie geht es Ihnen?«, fragte sie. Ihre Besorgnis war rührend.
    Ich zuckte mit den Schultern und fuhr zusammen, weil es immer noch ein wenig wehtat. Meine Rippen wirkten geprellt, und mein ganzer Körper fühlte sich geschunden an. »Es ist mir schon schlechter gegangen.«
    »Auch wenn es vielleicht unmaßgeblich ist, möchte ich mich entschuldigen. Officer Sawyer wird einen Verweis erhalten. Bloß weil Sie keinen bleibenden Schaden davontragen, bedeutet das nicht, dass er ungeschoren davonkommt, wenn er auf eine Zivilistin schießt.«
    »Und wenn er Silberkugeln gehabt hätte?«, fragte ich. Sowohl Ben als auch ich starrten zu ihr hinauf, eine Antwort abwartend.
    »Seien Sie einfach froh, dass er keine hatte.« Sie ging zu ihren Leuten und den Aufräumarbeiten zurück.

    Ich dachte lieber erst gar nicht darüber nach. »Ich brauche meine Klamotten.«
    »Die sind ziemlich ruiniert worden. Bist du bereit, von hier zu verschwinden?«
    Ich stützte mich auf Ben und lehnte mich an die Wand, um auf die Beine zu kommen. Meine Muskeln schmerzten, und meine Knochen knarzten. Ben zog mich mühelos auf die Beine. Ich ließ mich von ihm aufrecht halten.
    Ich hatte mich zweimal in den vergangenen vierundzwanzig Stunden in einen Wolf verwandelt. So schnell nach dem ersten Mal hatte ich das noch nie getan. Es schien fast so, als hätten sich die Einzelteile nicht wieder ganz richtig zusammengefügt. Zwischen den Ritzen sah quasi immer noch Fell hervor. Die Wölfin schaute mir immer noch aus den Augen. Mein Gehirn fühlte sich benommen an, die Welt sah eigenartig aus; die Schatten schienen bedrohlich aufzuragen.
    Es musste ihm aufgefallen sein, wie ich den Hals reckte und die Augen zusammenkniff, um klarer sehen zu können.
    »Du wirst eine Woche lang schlafen müssen, wenn die ganze Sache vorbei ist«, sagte er.
    Herrgott, das klang so schön … »Ich könnte mich einfach von Carl umbringen lassen. Dann kann ich schlafen, so viel ich will.«
    Er warf mir einen merkwürdigen Seitenblick

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