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Die Stunde Der Jaeger

Die Stunde Der Jaeger

Titel: Die Stunde Der Jaeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Vaughn
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im Sterben und tot gesehen, aber die beiden hatten das gleiche runde Gesicht, riesige Augen und glatte schwarze Haare.
    Das Mädchen sah verstohlen über die Schulter ins Haus und sagte dann: »Sie ist fort. Schon lange. Ich habe nichts dazu zu sagen.«
    Ben und ich warfen uns einen Blick zu. Wusste sie, dass ihre Schwester tot war? Es war doch bestimmt jemand hergekommen und hatte sie davon in Kenntnis gesetzt, als es der hiesigen Polizei mitgeteilt worden war.

    Â»Wie heißen Sie?«, fragte ich.
    Sie schüttelte den Kopf. »Ich möchte Ihnen meinen Namen nicht verraten.«
    Namen besaßen Macht, bla bla bla. Also schön. Dann machten wir es eben auf die direkte Tour.
    Â»Miriam ist tot«, sagte ich. »Sie ist in der Nähe von Walsenburg, Colorado, umgebracht worden. Wir versuchen so viel wie möglich über sie herauszufinden, um erklären zu können, was passiert ist.«
    Ein Ausdruck huschte über ihr Gesicht. Nicht, was ich erwartet hatte, nicht Kummer oder Trauer, oder Resignation, weil sie nach Monaten der Ungewissheit nun die Wahrheit erfuhr. Nein, die junge Frau schloss die Augen, und ihre Züge wurden ganz weich, weil Anspannung von ihr abfiel. Es wirkte, als sei sie erleichtert.
    Sie sagte: »Sie täten besser daran, die Finger davon zu lassen. Vergessen Sie es lieber. Lassen Sie es an diesem Punkt gut sein.« Genau das hatte Tony auch gesagt. Und Tsosie.
    Â»Das können wir nicht«, sagte ich. »Es ist nicht vorbei. Möchten Sie denn nicht erfahren, was passiert ist?«
    Â»Nein.« Sie machte Anstalten, die Tür zu schließen.
    Â»Gibt es jemanden, der sich mit uns unterhalten würde? Sind Ihre Eltern zu Hause?«
    Â»Sie sprechen nicht viel Englisch«, sagte sie. Ein bequemer Schutzschild.
    Ben ergriff das Wort. »Würden Sie für uns dolmetschen?«
    Â»Sie werden nicht reden. Meine Schwester – meine älteste Schwester ist vor Miriams Verschwinden gestorben, mein Bruder vor ein paar Wochen. Wir haben eine harte
Zeit durchgemacht, und wir versuchen, nach vorne zu blicken. Ich muss jetzt gehen.«
    Ben streckte die Hand aus, um die Tür aufzuhalten. »Wie viel von all dem haben Ihre Eltern sich selbst eingebrockt? Sie haben meinen Mandanten angeheuert, um Ihren Bruder umzubringen. Er hat es getan, daraufhin war Miriam hinter ihm her. Jetzt sitzt er im Gefängnis, und Sie wissen so gut wie ich, dass er es nicht verdient hat. Wie hat diese ganze Sache angefangen?«
    Sie war verloren, in die Enge getrieben und starrte uns panisch an; konnte uns weder die Tür vor der Nase zumachen noch etwas sagen.
    Â»Bitte«, sagte ich, »reden Sie mit uns.«
    Die Worte schienen einen inneren Kampf in ihr auszulösen, als wollte sie mit uns reden, wollte es aber gleichzeitig auch wieder nicht. Schließlich siegten die Worte. »Joan ist ermordet worden. Egal, was sonst jemand behauptet, sie ist ermordet worden. Doch je mehr wir über diese Dinge sprechen, desto wahrscheinlicher ist es, dass wir uns weitere Flüche einhandeln.«
    Man kam jedoch an einen Punkt, an dem ein Fluch mehr oder weniger auch schon keinen Unterschied mehr machte.
    Â»Louise, mit wem redest du da?«, rief eine Männerstimme aus dem Haus. Der Vater, der nicht viel Englisch sprach, darauf ging ich jede Wette ein.
    Â»Mit niemandem!«, rief sie über die Schulter.
    Die Tür ging weit auf, sodass ein kleiner Mann mit wüstengegerbter Haut sichtbar wurde, der mit einem Gewehr auf uns zielte.

    Ich fragte mich, ob er wusste, dass die Kugeln aus Silber bestehen mussten.
    Â»Meine Tochter hat Recht«, sagte er in völlig anständigem Englisch. »Wir haben genug durchgemacht. Verschwinden Sie jetzt, bevor Sie mehr Böses über uns bringen.«
    Meiner Meinung nach waren es nicht wir, die Böses über andere brachten. Wir stießen nur immer wieder darauf. Ich war vernünftig genug, nichts zu sagen. Komisch, wie eine geladene Waffe einen dazu bringen kann, den Mund zu halten.
    Â»Tja. Danke für Ihre Zeit«, sagte ich. Ich nahm Ben am Arm und zog ihn von der Tür fort. Langsam gingen wir rückwärts den Pfad entlang, bis die Haustür krachend ins Schloss fiel.
    Bens Muskeln waren so verspannt, dass sie beinahe steif waren, als wollte er sich auf jemanden stürzen. »Reiß dich zusammen, Ben«, flüsterte ich.
    Â»Was für ein Haufen von Lügnern.«
    Â»Ãœberrascht dich das etwa?

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