Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Stunde Der Jaeger

Die Stunde Der Jaeger

Titel: Die Stunde Der Jaeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Vaughn
Vom Netzwerk:
nicht daran gewöhnt, überrumpelt zu werden. Seine Angst steigerte die meine.
    Â»Da draußen ist etwas«, flüsterte ich.
    Â»Kannst du was hören?«
    Â»Ich weiß es nicht.« Ich konzentrierte mich und versuchte mir ins Gedächtnis zu rufen, was meine Sinne mir mitgeteilt hatten, was genau meine Nerven aus dem Schlaf gerissen hatte.
    Ich konnte Blut riechen. Es war kein neues Blut, kein frisches. Es war alt, faulig, übel riechend. Und nicht bloß ein bisschen, sondern eher vom Kaliber eines Schlachthofes. Richtig viel, und es war überall, als habe jemand damit die Wände gestrichen. Nein … nein …
    Verlier nicht die Fassung. Reiß dich zusammen.
    Â»Kannst du etwas riechen?«, sagte ich mit überschnappender Stimme. Natürlich konnte er das nicht. Nicht auf diese Weise. Wie auch?
    Â»Ich gehe einmal davon aus, dass du etwas Ungewöhnliches meinst?«

    Â»Blut.«
    Â»Alles in Ordnung bei dir?«
    Ich ging zur Tür. Verschwinde.
    Ich kniff die Augen zusammen, die Hand auf dem Türknauf. Da war keine Stimme. Ich hatte nichts gehört. Ich öffnete die Tür einen Spaltbreit.
    Der Geruch schlug mir entgegen. Noch nie hatte ich so etwas wahrgenommen. Der Gestank war abscheulich, grausam, als greife er mich an. Konnte ein Geruch böse sein?
    Â»Da draußen ist etwas«, sagte ich. Und es hasste mich. Es hatte all diese Zeichen zurückgelassen, um seinem Hass Ausdruck zu verleihen.
    Â»Geh beiseite.« Cormac trat mit gezückter Waffe statt meiner an die Tür. »Bleib hinter mir.«
    Das tat ich, die zusammengeballten Hände an die Brust gedrückt. Er öffnete die Tür ein Stück weiter. Den Arm mit der Waffe voran, trat er nach draußen. Die Waffe war bereit, der drohenden Gefahr die Stirn zu bieten.
    Im Schutz der Tür betrachtete ich sein Gesicht. Seine Miene änderte sich kein bisschen. Sie blieb kalt, versteinert – sein Berufsblick. Dann erstarrte er.
    Â»Himmelherrgott!« In seiner Stimme schwang so etwas wie Ehrfurcht mit. Er ließ die Waffe nicht sinken.
    Ich schlüpfte aus der Tür, um mich neben ihn auf die Veranda zu stellen und Ausschau zu halten.
    Um die gesamte Lichtung vor der Hütte hingen Kadaver von den unteren Ästen der Bäume. Gehäutet – rosafarben und blutig, vor Fett und Fleisch feucht schimmernd, waren die toten Tiere an ihren Hinterbeinen aufgehängt, sodass ihre Vorderbeine und Köpfe herabbaumelten. Ihre Zähne
– die scharfen Zähne von Raubtieren – waren entblößt, und die lidlosen Augen starrten ins Leere. Es musste ein Dutzend Tiere sein. Sie schaukelten leicht an ihren Stricken, Gespenster im Licht der Morgendämmerung.
    Ich ging vorwärts, als könnte ich dann besser sehen – als würde ich sie überhaupt besser sehen wollen – und lehnte mich an das Verandageländer. Sie sahen fremdartig und schrecklich aus, sodass ich sie zuerst nicht identifizieren konnte. Vier Beine, gerade nackte Schwänze, schlanke Körper mit runden Brustkörben und schmalen Hüften. Köpfe mit schmalen Schnauzen und dreieckigen Ohren.
    Es waren Hunde. Irgendeine Hundeart. Kaniden. Wolfähnlich.
    Das Geräusch, das ich ausstieß, klang wie ein Schluchzen.
    Ich musste von hier verschwinden, doch das ging nicht, noch nicht, erst musste ich Ben durch die Vollmondnacht bringen. Mich überkam ein Gefühl von Platzangst. Dabei befand ich mich im Freien. Die toten Augen starrten mich alle an. Verschwinde.
    Â»Kitty?«
    Â»Wer hasst mich bloß so sehr?« Ich begann zu weinen. Anspannung, Erschöpfung, Unsicherheit – binnen weniger Tage war mein ganzes Leben in die Brüche gegangen, und ich wusste nicht, was ich dagegen tun sollte. Es brach einfach alles aus mir heraus.
    Ich taumelte zurück, weg von der ganzen Schweinerei, und stieß mit Cormac zusammen. Dann lehnte ich mich an ihn. Er war in der Nähe, und ich brauchte eine Schulter, also nahm ich seine. Während meine Augen und meine
Nase sein T-Shirt volltropften, ließ ich meinem Kummer freien Lauf. Noch während ich es tat, war es mir unendlich peinlich. Doch es war mir egal.
    Er umarmte mich. Er hielt mich, ohne fest zuzudrücken, und strich mir mit einer Hand über die Haare. Irgendwie ließ mich das noch heftiger weinen.
    Ich war nicht gerne Alpha. Die letzten paar Tage hatte ich mich pausenlos als Alpha aufgespielt. Doch jetzt war Cormac

Weitere Kostenlose Bücher