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Die Stunde der Schwestern

Die Stunde der Schwestern

Titel: Die Stunde der Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Maybach
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küsste sie.
    Sie sahen den Paparazzo nicht, der sich angeschlichen hatte und sie fotografierte. Erst als das Blitzlicht aufflammte, fuhren sie erschrocken auseinander, doch es war zu spät. Sie waren ertappt worden.
    Patrice sprang wütend auf, warf ein paar Geldscheine auf den Tisch, griff nach Fleurs Hand und zog sie unter den neugierigen Blicken der anderen Gäste hinter sich her. In Panik verließen sie die Brasserie. Patrice hielt sich seine Jacke vors Gesicht und flüchtete mit Fleur rasch in eine Nebenstraße. Er war wütend und beschuldigte Fleur, irgendeinem miesen Blatt einen Wink gegeben zu haben.
    »Du wolltest damit eine Entscheidung provozieren, gib es zu!«, herrschte er sie an.
    Fleur fühlte sich durch diese Anschuldigung so tief verletzt, dass sie nicht sofort reagieren konnte.
    »Wie soll ich das jetzt meiner Frau erklären?« Patrice schien außer sich vor Wut, drehte sich grußlos um und lief mit großen Schritten zu seinem Wagen. »Die Côte d’Azur kannst du vergessen«, rief er ihr beim Einsteigen noch zu und ließ sie allein auf der Straße stehen.
    Gedemütigt und vor Kummer wie versteinert, sah sie Patrice nach, der mit quietschenden Reifen losfuhr und keinen Blick mehr zurückwarf. Fleur ging zurück und sah sich um. Doch sie konnte keinen Paparazzo entdecken, und so hoffte sie, dass nur ein aufdringlicher Tourist sie erkannt und fotografiert hatte. Allmählich wurde sie ruhiger, überquerte die Place des Ternes und lief die Avenue Wagram hoch. Es war jetzt doch sehr kühl geworden, und sie fror erbärmlich in ihrem Chiffonkleid, bis endlich ein Taxi hielt. Es wird nur ein Tourist gewesen sein, versuchte sie, sich zu beruhigen.
    Doch am nächsten Tag zierte das Foto von ihr und Patrice die Titelseite eines Boulevardblattes mit der Überschrift:
    Erwischt!
    Topmodel Fleur und Chefarzt Patrice Chaubert beim heimlichen Rendezvous
    *
    Patrice meldete sich nicht. Wie konnte er nur glauben, dass sie einen Fotografen engagiert hatte, um eine Entscheidung zu provozieren. In Gedanken ging sie alle Möglichkeiten durch. Hatte etwa der freundliche Kellner die Zeitung angerufen? Doch das ging zeitlich nicht auf. Gegenüber Ginette hatte Patrice nur von »der Brasserie« gesprochen, sie konnte also nicht wissen, wo sie sich getroffen hatten.
    Fleur fühlte sich müde und leer, eine ständige Übelkeit schwächte sie, und sie konnte sich zu nichts mehr aufraffen.
    Eine Woche später klopfte es ungeduldig an ihre Tür, und als sie öffnete, stand Patrice vor ihr und trat sofort ein.
    »Was willst du?«
    Patrice antwortete nicht sofort, er blieb stehen. Als er sich für sein Verhalten in der Brasserie entschuldigte, sah er sie nicht an.
    »Du musst mich verstehen.« Jetzt drehte er sich zu ihr um. »Bei mir zu Hause war nach dem Erscheinen des Fotos die Hölle los. Meine Frau hat nicht mehr mit mir geredet, mein Schwiegervater drohte, mich aus der Klinik zu entlassen, und meine Tochter wollte nichts mehr mit mir zu tun haben.«
    Fleur antwortete nicht. Sie ahnte, was er sagen wollte, sie ahnte das endgültige Aus ihrer Beziehung, ihrer Liebe, die so schön begonnen hatte, als Patrice sich an diesem kalten Frühlingsabend für sie einsetzte. Er hatte ihr das Gefühl gegeben, für sie da zu sein.
    »Meine Frau hat mir verziehen, und ich habe ihr versprochen, dass ich mit dir Schluss mache, endgültig.«
    Er schien verunsichert, weil Fleur immer noch schwieg, sich nur müde gegen die Wand lehnte und ihn ansah.
    »Wir wagen einen Neuanfang, und dieses Mal will ich mich an mein Versprechen halten, das ich meiner Frau gegeben habe.«
    Fleur wandte sich ab, damit er ihre Tränen nicht sah, und blickte durch das Dachfenster in den grauen Himmel. Sie reagierte immer noch nicht, so als habe sie nichts gehört.
    »Hast du mich verstanden?« Die Stimme von Patrice wurde lauter. »Fleur, hast du mich verstanden?«, wiederholte er eindringlicher, weil sie sich nicht bewegte. Da drehte sie sich langsam um.
    »Ja«, antwortete sie und atmete tief durch: »Ja, Patrice, ich habe dich verstanden. Und auch ich habe dir etwas zu sagen: Ich bin schwanger.«
    Er wurde blass und starrte sie an. Ungläubig, bis sich Wut auf seinem Gesicht zeigte. Er kam auf sie zu und packte sie rücksichtslos am Arm: »Das hast du dir fein ausgedacht. Du versuchst es mit allen Mitteln, meine Familie zu zerstören, ja? Zuerst engagierst du einen Paparazzo, und dann willst du mich mit einem Kind erpressen.«
    Seine Reaktion verletzte Fleur tief.

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