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Die Stunde der Schwestern

Die Stunde der Schwestern

Titel: Die Stunde der Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja Maybach
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dass es in Hippolytes Leben eine Frau gab? Hatte ihre Mutter doch nicht gelogen?
    »Und? Wem gehört er?«
    »Marie-Luise, meiner … Freundin«, sagte Hippolyte zögernd. »Sie ist für eine Woche nach Deutschland gefahren.«
    »Ich hasse Hunde«, erklärte Bérénice ein wenig zu laut.
    In Hippolytes Augen blitzte Ironie auf, als er sie jetzt ansah. »Alle Hunde oder nur den von meiner Freundin?«
    »Alle Hunde«, behauptete Bérénice und fühlte sich in die Enge getrieben.
    Schweigen senkte sich über den Tisch, und Bérénice vermied den Blickkontakt mit Hippolyte.
    Da griff er nach ihrer Hand. »Komm, lass uns das Essen genießen, ich freue mich, dass du da bist. Der Moment zählt, sonst nichts.« Er hob sein Glas und prostete ihr zu. »Guten Appetit!«
    Das Lamm schmeckte köstlich, wie immer, wenn Hippolyte gekocht hatte. Allmählich löste sich Bérénice’ verkrampfte Stimmung und sie erzählte von Fleur, der Fotoausstellung, dem Gespräch mit ihrer Mutter und der Begegnung mit ihrem Vater, den sie seit frühester Kindheit nicht mehr gesprochen hatte, da ihr Denise jeden Kontakt strengstens verboten hatte. Auch ihr Vater hatte nie den Versuch unternommen, sie zu treffen. Hippolyte hörte aufmerksam zu.
    »Ist das nicht seltsam? Plötzlich erfahre ich, dass Maman eine Schwester hat. Angeblich weiß sie nicht einmal, ob Fleur noch lebt.«
    Hippolyte zuckte die Schultern. »Das ist nichts Besonderes«, war seine Meinung. »In vielen Familien gibt es ein schwarzes Schaf, das irgendwann von der Bildfläche verschwindet, auswandert und zur Familie keinen Kontakt mehr hat. Ich habe mit meinen Eltern auch jahrelang nicht mehr gesprochen, das weißt du doch.«
    »Ja, aber irgendwie ist das anders.«
    »Vielleicht taucht sie eines Tages wieder auf, wer weiß.«
    »Daran habe ich auch schon gedacht«, überlegte Bérénice.
    »Erzähle mir von Paris! Wie geht’s dir in deinem Job?«
    Hippolyte wechselte das Thema. Weit mehr als eine unbekannte Tante interessierte ihn Bérénice. Und sie erzählte von Maxime Malraux und seinem seltsamen Verhalten, als er sie zum ersten Mal gesehen hatte.
    »Er war der Erste, der mich Fleur genannt hat.«
    »Dann ist es doch das Beste, du fragst ihn. Aber überlege es dir! Ich denke, du solltest dich nicht mit der Vergangenheit belasten.«
    »Willst du das auch nicht? Dich mit der Vergangenheit belasten?«
    Bérénice sah ihn an, doch auf seinem Gesicht konnte sie keine Regung erkennen. Aber sie spürte, dass er glücklich oder zumindest zufrieden war. Er hatte dieses Haus immer geliebt, und jetzt gehörte es wieder ihm.
    »Es ist so schön hier«, sagte sie leise, »so friedlich. Das hatte ich fast vergessen.« Und als er schwieg, fragte sie ihn: »Wie geht es deinen Eltern, hast du dich mit ihnen versöhnt?«
    »Vor einem Monat habe ich ihnen geschrieben, und da erfuhr ich, dass mein Vater bereits seit drei Jahren tot ist. Stell dir das vor! Meine Mutter hat sich nie bei mir gemeldet. Das ist völlig absurd, mein Vater stirbt, und meine Mutter verständigt mich nicht einmal.«
    Hippolyte war sichtlich erregt und warf Tristan ein Stück Fleisch zu, das der Hund in der Luft aufschnappte.
    »Wahrscheinlich hatte sie keinen Mut dazu«, meinte Bérénice.
    »Ja, das ist es wohl. Ich denke oft daran, wie mein Vater, dieser selbstgerechte Macho, das Weingut in den Ruin getrieben hat. Den aufwendigen Ausbau damals vor unserer Hochzeit hat er mit einem Kredit bezahlt und dafür eine Hypothek aufgenommen. Wenn ich das gewusst hätte …«
    »Du warst jung, gerade vierundzwanzig Jahre alt, und wir waren beide froh, dass sie nach unserer Hochzeit in diesen Anbau gezogen sind. Wir hatten das Haus für uns.«
    Hippolyte hörte ihr nicht zu. Wieder warf er Tristan ein großes Stück Fleisch hin.
    »Mein Vater hat mich zehn Jahre lang im Unklaren gelassen, Bérénice, zehn Jahre. Er hat mich auf Promotion-Tour in ganz Frankreich herumgeschickt und inzwischen hier das Weingut heruntergewirtschaftet.«
    »Für uns waren es doch glückliche Jahre«, gab Bérénice zu bedenken. »Hast du das vergessen?«
    »Nein. Natürlich nicht. Es war eine wunderbare Zeit. Ich habe dich auf diese Reisen mitgenommen, und meine Mutter hat hier das Haus versorgt. Ja, wir waren glücklich. Aber ich war nur der Handlanger meines Vaters und dann noch …« Wütend griff Hippolyte nach dem Weinglas und trank es in einem Zug aus. »Wir waren naiv und ahnungslos. Wir haben das Leben genossen, und inzwischen ging es mit
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