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Die Stunde Der Toechter

Titel: Die Stunde Der Toechter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Herzig
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auf den See hinaus.
    »Offenbar hat der Patron unsere Botschaft nicht ernst genommen. Das ist sehr schade. Auch das Ableben Ihres Anwalts ist bedauerlich. Durch das unvernünftige Handeln Ihres Vaters überdies auch nutzlos. Eine Vergeudung.«
    Er starrte sie an. Es war ein stechender Blick. Aber nicht der erste, dem sie standhielt.
    »Ich fürchte sehr, dass es noch weitere Verschwendungen geben wird, Salome. Ich appelliere deshalb an Ihr Verantwortungsgefühl.«
    Salome Hügli beobachtete ein leichtes, kaum sichtbares Zucken seines rechten Augenlides. Vor einem Monat noch hatte sie keine Ahnung gehabt, wer Alexander Bogdanow war. Nun bedrohte er ihre Existenz. Ihr Geschäft, ihr Leben, ihren Vater. Sie berührte seine rechte Hand.
    Augenblicklich zog er sie zurück. »Spielen Sie nicht mit mir! Sie beleidigen mich.« Er lachte. Es war ein kurzer Laut. Und eine Spur zu schrill. »Es ist an der Zeit, dass Sie Stellung nehmen, Verehrte. Diesen widerwärtigen Zeitungsbericht haben Sie zu verantworten. Damit hat uns Ihr Vater den Krieg erklärt. Das ist Ihnen hoffentlich klar.«
    Sie legten beim Bürkliplatz an. Salome wartete, bis die neuen Fahrgäste eingestiegen waren. Das Schiff war halb voll.
    Er schien ihre Gedanken zu erraten. »Wenn es ungemütlich wird hier drinnen, steigen wir aus und spazieren am Ufer entlang.«
    Sie nickte. »Was macht Sie so sicher, dass mein Vater dahintersteckt, Alexander?«
    »Ha!« Er schien schlechte Nerven zu haben. Sein Augenlid zitterte. »Wenn wir davon ausgehen müssten, dass Sie dahinterstecken, meine Liebe, würde ich nicht mit Ihnen Bötchen fahren!«
    Sie legten ab und fuhren rückwärts. Er schaute die Heckwellen an.
    Dann wandte er sich wieder Salome Hügli zu. »Aber vielleicht mit Ihnen die Fische füttern.« Er lächelte böse. »Außerdem hat eine unserer Vertrauenspersonen gestern Abend mit dem Journalisten gesprochen. Eine jämmerliche Gestalt. Aber äußerst auskunftsfreudig. Informieren ist ja sein Beruf.« Wieder dieses leicht hysterische Glucksen. »Ein heißes Geschäft.«
    Das Schiff glitt über den See in Richtung Wollishofen. Das Hafenbecken war voller Boote. Ein unglaubliches Gewühl.
    »Was fordern Sie, Alexander?«
    Affektiert sah er sie an. »Wir wollen das Kunstgeschäft. Die Ware, die Lager, die Lieferanten, die Abnehmer, die Experten für die falschen Gutachten. Dass wir Stämpfli nicht erwischt haben, ist unser Fehler. Ein dummes Versehen eines eseligen Menschen. Doch das Vieh ist geschlachtet.«
    Er legte wieder seinen Kopf in die Handflächen. Es erschien ihr wie eine Ewigkeit. Als er sie erneut ansah, begann das Boot mit dem Anlegemanöver bei der Landiwiese.
    »Das ist nicht alles. Wir haben eine neue Situation.« Sein Blick war eiskalt.
    Vielleicht hatte sie ihn unterschätzt. Ein unverzeihlicher Fehler.
    »Ehre ist kein leerer Begriff. Darauf kann man ein Imperium bauen. Daran kann ein Reich zugrunde gehen.« Er hob die Hände in die Höhe und zeigte ihr von beiden die Mittelfinger. »Das ist die Anerkennung.« Er blickte zuerst seine linke Hand an, dann die rechte. »Und dies ist die Ehrerbietung, die Ihr Vater uns gezeigt hat.« Rasch ballte er seine Hände zu Fäusten. »Meine Auftraggeber tolerieren keine Respektlosigkeit, Salome.« Er stand auf. »Wir wollen seinen Kopf. Sie haben eine Woche Zeit.«
    Ohne weitere Reden ging er. Der Glatzkopf stand auf und folgte ihm. Vom Steg her stiegen neue Passagiere ein. Gegen den Strom boxte der Gorilla seinem Chef den Weg frei.
    In dem Moment, als Bogdanow das Ufer betrat, bekam Salome Hügli einen Schweißausbruch. Einige Minuten saß sie reglos da und blickte auf das Wasser hinaus. In voller Fahrt überquerte das Boot den See. Sie preschten an Schwimmern vorbei. Als sie auf das Zürihorn zusteuerten, standen einige Passagiere auf. In der Mitte erhob sich ein älterer Mann. In beiden Ohren steckten Knöpfe wie von einem Hörgerät. Er sah sie an und nickte. Als sie wieder ablegten, holte Salome Hügli ihre Schminkutensilien hervor. Sie machte sich zurecht. Danach verstaute sie ihre Sachen wieder. Den Rest der Fahrt dachte sie an nichts.
    27.
    Laut und deutlich sprach der Mann mit Konservendosen. Eine nach der anderen reihte er in das Regal ein. »Du kommst zu den Erbsen. Und die kleinen roten Tomaten gehören zu den anderen Matschäpfelchen.«
    Er hatte einen kultverdächtigen Haarschnitt. Vorn kurz, hinten lang. Neben ihm stand eine riesige Kiste voller Dosen. Wenn er jede einzelne von ihnen so

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