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Die Stunde Der Toechter

Titel: Die Stunde Der Toechter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Herzig
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»Mädchen, Mädchen. Dich schenken wir dem amerikanischen Geheimdienst.« Er überlegte. »Haben die Frauen gesehen oder gehört, was du mit Hügli gemacht hast?«
    Johanna schüttelte den Kopf. »Ich habe sie in den Dodge gesetzt. Die Fenster waren mit Karton abgedeckt. Um das Polster vor Licht zu schützen. Türen und Fenster geschlossen.«
    Aeschbacher nickte. »Also steht Aussage gegen Aussage. Das eröffnet uns zwei Möglichkeiten. Entweder lügst du und erzählst eine andere Geschichte als Hügli. Falls keine Spuren dessen Version bestätigen, ergibt dies eine Pattsituation. Höchstwahrscheinlich werden im Verlauf der Untersuchung weitere Indizien gegen ihn gefunden. Dann fällt diese Unstimmigkeit nicht mehr ins Gewicht. Hügli ist für das Gericht nicht glaubwürdig. Und du hast den Retterbonus.«
    »Die andere Variante?«
    Aeschbacher ächzte. »Wenn man nicht lügen will, muss man ehrlich sein. In diesem Fall verlierst du deinen Job. Außerdem wirst du verurteilt. Und die Beweise gegen Hügli lösen sich in nichts auf.«
    Johanna starrte ihre Füße an. »Ich hätte meine Drohung nie und nimmer wahr gemacht, Hans. Das glaubst du mir doch?«
    Aeschbacher zuckte mit den Schultern. »Das spielt überhaupt keine Rolle. Androhung von Folter ist einfach nicht akzeptabel. Der Anwalt der Gegenpartei wird dich als unberechenbares Monster darstellen. Dazu wird er die eine oder andere Anekdote aus deinem Polizistinnenleben heranziehen.«
    »Um Gottes willen, Hans!« Mit der flachen Hand schlug Johanna auf den Vordersitz. »Ich haue den Kerl jederzeit auf die Nase. Ich schaue noch so gerne zu, wie er sich in die Hosen macht vor Angst. Aber wegen diesem widerlichen Schurken riskiere ich nicht meinen Job!«
    Der ältere Kollege sah sie traurig an. »Das hast du bereits getan, Jo.« Er legte seine Hand auf ihren Arm. »In deinem Fall ist die Wahrheit keine Option. Wenn du Polizistin bleiben willst, musst du lügen.«
    51.
    Das Schloss hielt sich immer noch aufrecht auf dem Felsen und trug ein verblichenes Berner Wappen zur Schau.
    »Hier bist du aufgewachsen?« Sebastian Schürch lehnte den Kopf aus dem Fenster hinaus und blickte in die Höhe.
    »Nur ins Gymnasium gegangen. Aufgewachsen bin ich in der Nähe von Langnau.« Johanna di Napoli parkte vor dem Hallenbad. Darin war sie viele einsame Runden geschwommen. »Unser Haus lag oben am Hang. Im Winter hat mich der Großvater mit dem Holzschlitten ins Dorf hinuntergefahren.«
    Ihr Kollege blickte sie an. »So siehst du aber nicht aus.«
    Johanna lachte. »Wie das Huscheli vom Land? Ich kann mich verstellen.«
    Sie überquerten die Straße. Rechts lagen Industriebauten, links führte eine schmale Treppe zum Schloss.
    »Wir nehmen den Kifferweg.« Sie stapfte steile Stufen hinauf. »Bist du in Zürich aufgewachsen?«
    »Yep. Altstetten.« Schürch schnaufte hinter ihr.
    Das beruhigte Johanna. Ihr Kollege war Sportler. Sie erlaubte sich ebenfalls tiefe Atemzüge.
    »Und heute? Wohnst du in der Einflugschneise?«
    Das Keuchen hinter ihr wurde unterbrochen. »Du hältst mich für einen Spießer? Mit Hund, Hobby und Hypothek. Hab ich recht?« Das Atmen setzte wieder ein.
    Alsbald waren sie oben. Nach den letzten Treppenstufen gingen sie einen Fußweg unterhalb der Schlossmauer entlang.
    Johanna wandte sich um. »Wir sind eine Nation von Kleinbürgern.«
    Schürch hielt ebenfalls inne. »Wir wohnen in Wollishofen. In einem Mehrfamilienhaus, das wir zusammen mit Freunden gekauft haben. Wo stuft mich das ein auf deiner Spießerskala?«
    Johanna marschierte weiter. »Tut mir leid, du musst dich schon selber klassifizieren. Das Wesen des Kleinbürgertums besteht darin, alle andern an den eigenen Normen zu messen. Will ich nicht, mach ich nicht.«
    Links vor ihnen lag das Tor in der Außenmauer des Schlosses. Johanna ging rechts in Richtung Stadt.
    »Hey! Du bist eine Intellektuelle!« Schürch lachte.
    Sie erwiderte nichts und schritt den Hang hinunter. Schürch lief neben ihr her. Sie kamen in die Oberstadt. Die Villa des alten Stämpfli lag hinter der Kirche. Dort hinaufzugehen, widerstrebte Johanna. Also mussten sie einen Umweg machen.
    Schürch deutete mit dem Kopf nach rechts. »Die Kollegen. Soll ich winken?«
    Ein riesiger rot-weißer Offroader fuhr an ihnen vorbei. Darin saßen zwei Uniformierte, die sie im Vorbeifahren musterten.
    Der Zürcher Kollege salutierte. »Wir sind im Hillbillyland.«
    Johanna überquerte die Straße und ging durch die Schmiedegasse

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