Die Stunde Der Vampire
Aufmerksamkeit erregt, bevor wir fertig waren. Wir brauchten die nötigen Daten sowie gute Aussichten auf Unterstützung durch die Ãffentlichkeit. Ansonsten hätte man uns auf die letzten Seiten der Annalen schlechter Wissenschaft verbannt.«
»Ihrer Meinung nach handelt es sich hierbei ganz klar um ein wissenschaftliches Bestreben.«
»Selbstverständlich. Die Wissenschaft ist die beste Methode, um sich jeglicher Fragestellung anzunähern.«
Ich persönlich hatte einiges für postmoderne Literaturwissenschaft übrig, als Fragestellung. »Was hat Sie dazu verleitet, einen Gegenstand wissenschaftlich zu erforschen, den die meisten Leute liebend gerne als Folklore abtun?«
»So viele Legenden besitzen ein Körnchen Wahrheit. In vielen Fällen bleibt dieses Körnchen Wahrheit bestehen, selbst angesichts groÃer Skepsis. Beispielsweise die Existenz eines echten König Arturs. Wie viele legitime historische und archäologische Forschungsprojekte hat es nicht schon gegeben, die durch Artusliteratur angeregt worden
sind? Legenden über Vampire und Gestaltwandler gibt es auf der ganzen Welt, und mir sind schon immer die Ãhnlichkeiten aufgefallen. Ich bin einfach den Körnchen Wahrheit in ihrem Kern nachgegangen.«
Ich sagte: »Einmal habe ich ein Buch gelesen, in dem es darum ging, dass viele Vampirmythologien aus primitiven Begräbnispraktiken und Aberglauben hervorgegangen sein könnten â angeschwollene Leichen, die mit Bluttropfen um den Mund aus flachen Gräbern hervorbersten, als hätten sie sich von Blut ernährt. All so etwas. Ebenso haben Forscher Werwolflegenden auf reale medizinische Leiden zurückgeführt, die von übermäÃigem Haarwuchs gekennzeichnet waren, oder auf psychische Erkrankungen, die regelmäÃig wiederkehrende tierisch-wilde Verhaltensweisen hervorriefen. In die Richtung führen wissenschaftliche Forschungen auf diesen Gebieten normalerweise: rationale Erklärungen. Woher wussten Sie, dass etwas Reales dahintersteckte? « Ich war auf der Jagd nach einer persönlichen Anekdote. Er war als kleines Kind an einen Werdingo geraten, und diese Begegnung hatte ihn für immer verändert oder etwas in der Richtung.
»Ich habe wohl schon immer Gefallen an kniffligen Rätseln gefunden«, sagte er.
»Aber es gibt so viele andere Rätsel, die ein Arzt zu lösen versuchen kann. Wie ein Heilmittel gegen Krebs. Eine Schokoladeneis-Diät, die todsicher funktioniert.«
»Vielleicht wollte ich Neuland erschlieÃen.«
»Warum gerade jetzt? Warum die Pressekonferenz letzten Monat? Warum die Aufmerksamkeit jetzt und nicht schon früher auf Ihre Forschungen lenken?«
Er zuckte mit den Schultern und fing an, unruhig zu werden â er rang die Hände, rückte seinen Stuhl zurecht. Machte ich ihm zu schaffen? Wand er sich vor mir? Vielleicht veränderte er auch bloà die Sitzposition auf seinem Stuhl.
»Im Idealfall wäre ein vollständiger Bericht in einer angesehenen Zeitschrift veröffentlicht worden und hätte all unsere Befunde publik gemacht. Aber der Idealfall tritt eben nicht immer ein. Kongressabgeordnete haben angefangen, neugierig zu werden, und wenn der Kongress Fragen stellen möchte, kann ich schlecht widersprechen. Ich wollte jedem klarmachen, dass dieses Projekt kein Geheimnis ist.«
Wollte er mich zum Narren halten? Im Gegensatz zu meiner sonstigen Angewohnheit sagte ich das nicht, sondern hielt mich zurück. Ich musste nett sein, denn es würde nichts bringen, wenn ich meine einzige Informationsquelle gegen mich aufbrachte.
»Was möchten Sie letztendlich mit dem Center erreichen?«
»Die Grenzen des Wissens erweitern. Was sonst steckt hinter jeglicher wissenschaftlicher Arbeit?«
»Die Wahrheitssuche.«
»Danach streben wir alle, nicht wahr?«
»Erfahrungsgemäà ruft dieses besondere Thema starke Emotionen hervor. Menschen glauben entweder unverrückbar an die Existenz von Vampiren oder eben nicht. Wenn sie es tun, glauben sie fest daran, dass Vampire böse oder dass sie einfach Opfer einer seltenen Krankheit sind. Wo passt dieses Gefühl, dieser starke Glauben, in Ihre Untersuchungen?«
»Wir nähern uns diesem Thema ausschlieÃlich auf faktischer Ebene. Alles, was sich nachmessen lässt.«
»Wenn ich Sie also fragen würde, was Sie glauben â¦Â«
»Sie wissen wohl, was ich
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