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Die Stunde Der Vampire

Die Stunde Der Vampire

Titel: Die Stunde Der Vampire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Vaughn
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blass, kalt, tot. Kein Herzschlag. Ihr tatsächliches Alter ließ sich natürlich nicht erraten. Sie sah aus wie etwa dreißig, in der Blüte ihrer Jahre und hochmütig. Das brünette Haar trug sie im Nacken in einem Knoten; ihr Gesicht war rund, die Linien ihres Mundes hart, ihr Blick dunkel und fest. Sie trug ein rotweinfarbenes Kostüm mit einem kurzen, taillierten Jackett und einem wadenlangen, weit fallenden Rock – ein feminin wirkendes Ensemble, das an Ingrid Bergman oder Grace Kelly denken ließ.
    Ich kam zu dem Schluss, dass sie nicht viktorianisch war. Sie war älter, viel älter. Sie besaß einen Blick, der geringschätzig über die Jahrhunderte hinwegglitt. Die Gegenwart war für die wirklich Alten nichts weiter als ein Ausgangspunkt. Der älteste Vampir, dem ich je begegnet war, war wahrscheinlich um die dreihundert Jahre alt gewesen. Mit Sicherheit ließ es sich nicht sagen – nachzufragen hätte sich nicht gehört –, aber ich ging jede Wette ein, dass diese Frau älter war.

    Ich hatte vorgehabt, unverfroren zu sein. Wenn sie einfach so in mein Leben eingreifen konnte, dann konnte ich wenigstens rotzfrech darauf reagieren. Doch dieses eine Mal hielt ich den Mund.
    Â»Katherine Norville?«, fragte sie, den Kopf forschend zur Seite geneigt. Sie sprach mit wunderbar melodischem britischem Akzent.
    Â»Ã„hm, Kitty. Ja.«
    Â»Ich heiße Alette. Willkommen in meiner Stadt.«
    Am liebsten hätte ich immer noch Einspruch gegen die Sache mit dem mein erhoben, doch diese Frau hatte mich so eingeschüchtert, dass ich schwieg. Das gefiel mir gar nicht.
    Â»Bradley, Tom, irgendwelche Probleme?«
    Â»Keine, Ma’am«, sagte Bradley.
    Â»Danke, das wäre dann alles.«
    Die beiden Männer verneigten sich – gewandt, von der Taille, wie ausgebildete Butler oder Lakaien aus dem Märchen. Ich starrte ihnen hinterher, als sie sich durch die Tür in einen anderen Teil des Hauses zurückzogen.
    Â»Ich hoffe sehr, dass die beiden Sie gut behandelt haben.«
    Â»Ja. Na ja, abgesehen davon, von der Polizei bei einer Straßensperre angehalten zu werden. Das ist ein bisschen nervenaufreibend gewesen.« Und das hier war es nicht? Ich glaubte nicht, dass ich ihr entkommen könnte, noch nicht einmal mit ausgefahrenen Krallen. Was wollte sie tatsächlich von mir?
    Â»Dafür werde ich mich nicht entschuldigen. Es war notwendig.«

    Â»Warum?«, fragte ich. »Ich moderiere eine Call-in-Sendung im Radio – meine Nummer ist allgemein bekannt. Sie hätten anrufen können.«
    Â»Ich konnte nicht zulassen, dass Sie ablehnen.«
    Ich fing an auf- und abzugehen, wobei ich erst um einen kostspielig aussehenden Sessel gehen musste, um eine gerade, freie Bahn an der Kante eines Läufers entlang zu finden. Alette beobachtete mich. Sie war elegant und königlich, und ich wurde das Gefühl nicht los, dass sie mir diesen kleinen Ausbruch nachsichtig durchgehen ließ.
    Â»Wissen Sie, wenn Sie versuchen sollten, mich hier gegen meinen Willen festzuhalten, gibt es da Leute, die ich anrufen kann. Ich muss mir das nicht bieten lassen!«
    Â»Katherine – Kitty. Wenn Sie bitte Platz nehmen wollen, können wir die Sache auf zivilisierte Weise besprechen. Ich fürchte, im Moment laufen Sie Gefahr, auf Ihr anderes Wesen zurückzuverfallen.«
    Das Auf- und Abgehen war etwas, das Wölfe taten. Ich war umhergepirscht, den Blick unverwandt auf sie gerichtet, wie ein Tier im Käfig. Gehorsam blieb ich stehen und ließ mich in dem Sessel nieder, auf den sie deutete. Ich atmete tief durch und beruhigte mich. Sie setzte sich ganz in meine Nähe, auf die Sofakante.
    Â»Normalerweise habe ich mich besser im Griff«, gab ich mürrisch von mir.
    Â»Zweifellos. Doch ich bin mir durchaus bewusst, dass ich Sie in eine fremde Umgebung und eine möglicherweise gefährliche Situation versetzt habe. Am besten reize ich Sie nicht noch weiter, hmm?«

    Ich gab mir Mühe, genauso gelassen wie sie zu klingen. »Warum haben Sie mich hierherbringen lassen?«
    Wie sie so mit verschränkten Füßen dasaß, eine Hand auf der Armlehne des Sofas, wirkte sie kein bisschen weniger ausgeglichen und würdevoll, als wenn sie gestanden hätte. Sie hätte eine Herzogin oder dergleichen sein können, eine jener stolzen Adelsfrauen auf einem Porträt von Gainsborough, in Seide und Diamanten gehüllt,

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