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Die Stunde Der Vampire

Die Stunde Der Vampire

Titel: Die Stunde Der Vampire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Vaughn
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lieber auf dem Bauch zu Kreuze krochen. Leute, die an ein »Monster« dachten, wenn sie »Werwolf« hörten, würden bei meinem Anblick eventuell überrascht sein.
    Mein Problem bestand darin, dass ich vielleicht ein Monster sein mochte, dass jedoch all die anderen Monster so viel größer und furchteinflößender waren als ich.
    Ich hatte ein kurzes vorbereitetes Statement dabei, an dem Ben und ich gearbeitet hatten. Die Mappe mit dem maschinegeschriebenen Blatt Papier trug ich mit mir zur Stirnseite des Saales. Die Nervosität, die ich in der vergangenen Woche verspürt hatte, hatte mich nicht auf das hier vorbereitet. Ich kam mir vor, als sei ich auf dem Weg zu meiner eigenen Hinrichtung.
    Ben saß in der ersten Reihe, genau hinter mir, um mir, falls nötig, zu Hilfe kommen zu können. Im Laufe der letzten paar Monate, die ich alleine gewesen war, war mir klargeworden, dass ich nicht alleine sein musste, selbst wenn ich kein Rudel mehr hatte. Ich konnte gar nicht völlig
alleine sein. Ich hatte mir mein eigenes kleines Rudel erschaffen: Ozzie und Matt von meinem alten Radiosender, Ben, sogar meine Mom. Ich durfte mich nicht davor scheuen, mich auf diese Menschen zu verlassen.
    Ben schenkte mir sein raubtierhaftes Lächeln, das die Anwälte von der Gegenpartei im Gerichtssaal bestimmt jedes Mal zusammenzucken ließ. Ein Wolf im Anwaltspelz, wenn nicht ohnehin alle Anwälte Wölfe waren. Ich fühlte mich eine Spur besser.
    Ich ließ mich an dem Tisch nieder, der vor den Ausschussmitgliedern stand. Sie waren wie Aasgeier, wie sie so hinter ihren Tischen saßen und auf mich herabblickten. Ich legte meine Hände auf die Tischplatte und konzentrierte mich darauf, sie ruhig zu halten.
    Â»Ms. Katherine Norville«, sagte Duke. Er sah nicht mich an, sondern die Papiere vor sich, als suche er nach einer wichtigen Information. Er nahm sich Zeit. »Willkommen bei dieser Anhörung. Sie haben ein Statement für die Akten?«
    Vor mir stand ein Mikrofon, was mir einigen Trost spendete. Zur Hölle, es wäre nichts anderes als das, womit ich Woche um Woche meinen Lebensunterhalt verdiente. Ich sprach einfach nur zu einem Publikum, das sich nicht von meiner sonstigen Hörerschaft unterschied, und würde meine Gedanken darlegen, ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen.
    Â»Ja, Sir. Senator Duke, ich möchte mich bei Ihnen und dem übrigen Ausschuss dafür bedanken, dass ich als Zeugin geladen worden bin. Dies ist eine seltene Gelegenheit, und das zu einer besonderen Zeit, in der so viele Dinge, die als wissenschaftliche Fakten gelten, in Frage gestellt und
neu eingeschätzt werden. Es ist mir eine besondere Ehre, an diesem Prozess teilnehmen zu dürfen.
    Ich bin, was Dr. Flemming als einen Homo sapiens lupus bezeichnen würde. Also ein Werwolf. Ich bin allergisch auf Silber, und einmal im Monat, während der Vollmondnacht, mache ich eine vorübergehende physische Wandlung durch. Für mich persönlich bedeutet das: Ich passe mein Leben an, wie es jeder Mensch mit einer chronischen, nicht tödlich verlaufenden Krankheit tun muss. Und wie die meisten Menschen mit einer chronischen, nicht tödlich verlaufenden Krankheit lebe ich weiter, gehe einer Arbeit nach und erhalte emotionale Unterstützung vonseiten meiner Familie. Es ist ein anständiges Leben, wenn ich das einmal sagen darf.
    Diese Phänomene verdienen es, diskutiert zu werden, damit sie aus dem Schatten von Volkssagen und Albträumen sozusagen ans Tageslicht gebracht werden. Damit wir Angst mit Wissen begegnen können.«
    Und genau wie bei einer Folge meiner Sendung wartete ich darauf, dass man mir Fragen stellte.
    Die erste kam nicht von Duke – ich machte mich darauf gefasst, von ihm genauso in die Mangel genommen zu werden wie all die anderen Leute im Laufe der Woche –, sondern von Senatorin Mary Dreschler.
    Â»Ms. Norville, Sie werden mir verzeihen, wenn ich leise Zweifel anmelde. Es ist eine Sache, sogenannten Sachverständigen zuzuhören, wie sie das Thema abstrakt abhandeln. Doch eine Person hier sitzen zu haben, die behauptet, ein Werwolf zu sein, ist dann doch ein bisschen viel. Welchen Beweis können Sie uns erbringen?«

    Ich hätte mich wahrscheinlich an Ort und Stelle verwandeln können. Doch ich traute meiner anderen Hälfte nicht zu, sich in dieser Umgebung zu benehmen – in die Enge getrieben und von schreienden Menschen umgeben,

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