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Die Stunde Der Vampire

Die Stunde Der Vampire

Titel: Die Stunde Der Vampire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Vaughn
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auch in ihrem Interesse, sich an die Gesetze der Gesellschaft zu halten. Gewisse Individuen mögen eine Bedrohung für andere Individuen darstellen – aber nicht mehr als jeder andere Mensch auch. Häusliche
Gewalt zum Beispiel stellt meiner Meinung nach eine viel größere Gefahr dar, die mehr Menschen betrifft.«
    Der Schleier der Geheimhaltung war mittlerweile verschwunden. Die jahrhundertealte kulturelle Konditionierung, nach der wir lebten und die durch Rudel und Vampirfamilien, durch Versammlungsorte wie das Crescent und Patriarchen wie Ahmed hochgehalten wurde, all das war hinweggefegt. Vielen Leuten würde das ganz und gar nicht gefallen. Ich wusste nicht, was als Nächstes geschähe, was diese ganzen Entwicklungen zur Folge hätten. Ich kam mir vor, als befände ich mich mitten in der Sendung, ohne eine andere Wahl, als stur weiterzumachen. Ich klammerte mich an das vertraute Gefühl, das dieser Fatalismus verbreitete.
    Senator Duke rückte geflissentlich sein Mikrofon zurecht, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Mein Puls ging schneller. Duke war im Laufe der Woche alles andere als gnädig zu den Zeugen gewesen. Ich hegte den Verdacht, dass er den Großteil seines Zorns für mich aufgespart hatte.
    Er sagte: »Ms. Norville. Als Werwolf, haben Sie da jemals jemanden umgebracht?«
    Er hatte seine Hausaufgaben gemacht, da war ich mir sicher. Die Antwort auf diese Frage musste er kennen.
    Die ganze Wahrheit und nichts als die Wahrheit. »Ja, Sir. Das habe ich.«
    Das Gemurmel des Publikums klang wie entfernter Wellengang. Ich konnte Stifte hören, die über Papier kratzten. Wie schön, dass manche Leute immer noch Stift und Papier benutzten.

    Â»Möchten Sie das näher erläutern?«, sagte Duke gedehnt.
    Â»Die Polizei von Denver hat einen Bericht über den Vorfall. Es war Notwehr. Er – der Mann, den ich umgebracht habe – ist ebenfalls ein Werwolf gewesen, und er hatte mehrere Frauen umgebracht. Als er mich anfiel, habe ich mich ganz einfach so gut, wie ich konnte, verteidigt.« Das mochte nicht die ganze Wahrheit sein …
    Â»Haben Sie es genossen? Ihn umzubringen?«
    Â»Ich hoffe, dass ich niemals wieder gezwungen sein werde, so etwas zu tun.«
    Â»Was ist mit Ihrer anderen Hälfte? Dieser Dämon in Ihrem Innern? Wie hat der sich gefühlt?«
    Duke war fest entschlossen, das hier in eine gute alte Hexenjagd zu verwandeln, nicht wahr? »Es gibt keinen Dämon, Sir. Bloß mich.«
    Â»Das möchten Sie uns gerne weismachen, mit Ihrem feinen Anzug und dem Lippenstift …«
    Â»Senator, ich trage überhaupt keinen Lippenstift.«
    Â»â€¦ und in der Bibel steht geschrieben: ›Wenn er seine Stimme holdselig macht, so glaube ihm nicht; denn es sind Greuel in seinem Herzen‹!«
    Â»Bedeutet das, dass wir den ›wissenschaftlichen Diskurs‹-Teil der Zeugenaussage nun hinter uns lassen?«
    Â»Senator!« Das war Henderson. Duke hielt endlich den Mund. Ich seufzte. Henderson fuhr fort: »Könnten wir bitte zum Thema zurückkehren? Sie laufen Gefahr, die Zeugin zu schikanieren.«
    Â»Längst geschehen, würde ich sagen«, murmelte Ben hinter mir.

    Duke starrte Henderson zornig an, und kurzzeitig sah man eine uralte Rivalität zwischen den beiden aufblitzen; erbittert und weit jenseits jeder Kompromissbereitschaft.
    Â»Senator Duke, haben Sie weitere Fragen?«
    Duke mischte sinnlos die Papiere, die vor ihm auf dem Tisch lagen. »Habe ich. Ms. Norville, Sie moderieren eine wöchentliche Radiosendung mit dem Titel The Midnight Hour , stimmt das?«
    Hurra, eine leichte Frage! »Ja.«
    Â»Was ist der Zweck dieser Sendung?«
    Â»Hauptsächlich Unterhaltung. Außerdem Wissensvermittlung. An guten Tagen.«
    Â»Keine Konversion?«
    Ich konnte hören, wie Ben unruhig wurde, sich streckte, wie er die Arme verschränkte und wieder hängen ließ. Er flüsterte: »Einspruch …« Dies war kein Gerichtssaal. Er konnte nicht aufstehen und es laut rufen.
    Â»Ich weiß nicht recht, ob ich Sie richtig verstehe. Konversion zu was?«
    Â»Sie benutzen Ihre Sendung nicht, um Neulinge anzuwerben?«
    Mir stand der Mund offen, und ich brauchte eine Sekunde, um ihn wieder zu schließen und dann sogar einen zusammenhängenden Satz zu formulieren. »Ganz im Gegenteil, Sir. Ich möchte jegliche romantische Illusionen über diese

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