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Die Stunde der Wahrheit

Die Stunde der Wahrheit

Titel: Die Stunde der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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sorgen?«
    Stimmen wurden unter den Zuschauern laut; die des Lords der Ekamchi war am deutlichsten. »Der Krieger ist nicht tot! Wenn er erwacht, wird er möglicherweise erklären, daß die Acoma unter Eid gelogen hat.«
    Gereizt sorgte Jingu für Ruhe. Mit farblosen, kalten Augen blickte er Mara an. »Da meine Dienerin Teani tot dort unten auf den Steinfhesen hegt, würde ich gerne hören, was mein Offizier Shimizu zu dieser Angelegenheit zu sagen hat.«
    Mara ließ sich nicht anmerken, daß Jingu, indem er unterstellte, sie hätte unter Eid gelogen, eine der schwersten Beleidigungen überhaupt ausgesprochen hatte. Doch es brachte keine Ehre, wenn sie auf die Worte eines bereits verdammten Mannes reagierte; und alle Umstehenden begriffen, daß der Lord der Minwanabi, sollte sich Maras Anklage als wahr erweisen, keinen Platz mehr unter ihnen hatte. Seine Ehre würde sich wie Staub verflüchtigen und sein Einfluß im Spiel des Rates in nichts zusammenschrumpfen.
    »Meine Erste Beraterin, Nacoya, beobachtete den Angriff der Konkubine.« Mara nahm jedes bißchen Haltung zu Hilfe, das sie bei den Schwestern im Tempel gelernt hatte. »Euer eigener Truppenführer mußte mich verteidigen, um Eure Ehre zu schützen. Wäre Teani nicht dort hinunter in den Tod gestürzt, hätte ich sie mit meinen eigenen Händen töten müssen, um mich zu retten.«
    Irgend jemand an der Tür murmelte etwas zu ihren Gunsten. Wütend drängte Desio nach vorn, doch sein Vater schob ihn unwirsch beiseite. Jingu wagte zu lächeln; wie ein Hund, der Fleisch gestohlen hat und dem es gelungen war, die Schuld von sich zu weisen.
    »Lady Mara, wenn Ihr keine anderen Zeugen habt, könnt Ihr keine Beschuldigung erheben. Denn wenn Shimizu erklärt, daß Ihr Teani angegriffen habt und er zu ihrer Verteidigung herbeieilte, Ihr jedoch behauptet, Teani hätte Euch angegriffen und Arakasi wäre zu Eurer Rettung gekommen, hängt der Fall an dem Wort Eurer Ersten Beraterin, das gegen das meines Truppenführers steht. Sie sind von gleichem Rang, und das Gesetz verleiht beiden Aussagen gleiches Gewicht. Wer von uns vermag zu entscheiden, wer von beiden lügt?«
    Mara fand keine Antwort. Ihr Körper schmerzte, und sie begriff wütend, daß sie nicht in der Lage war, die Wahrheit zu beweisen. Sie betrachtete den Feind, der für den Tod ihres Vaters und ihres Bruders verantwortlich war und dessen Ahnen ihren Ahnen Generation für Generation Trauer und Leid beschert hatten. Ihr Gesicht verriet keine Regung, als sie wieder das Wort ergriff: »Ihr balanciert Eure Ehre auf einem dünnen Seil, Lord Jingu. Eines Tages in nicht allzu ferner Zukunft wird es zerreißen.«
    Jingu lachte; es war ein kehliges Geräusch, das die leichte Unruhe am Eingang übertönte. Mara sah über ihn hinweg und verspürte ein so heftiges Gefühl des Triumphes, daß es dem Schmerz beim Herausziehen eines Schwertes ähnelte. Durch die Tür trat Nacoya; sie bahnte sich einen Weg durch die eng zusammenstehenden Zuschauer. Hinter ihr folgte Almecho mit den beiden schwarzbemäntelten Gestalten an seiner Seite.
    Der Kriegsherr blickte sich im Raum um und betrachtete das Chaos, das die neuen Gemächer Maras ereilt hatte. »Bei den Göttern!« rief er mit einem Lachen aus, »was ist hier geschehen? Ein Sturm im Haus, wie es aussieht.«
    Jingu gab ein bitteres Lächeln zurück. »Ein Angriff, Mylord, doch es scheint wenig Übereinstimmung zu geben, wer genau wen zuerst angegriffen hat.« Er fügte ein theatralisches Achselzucken hinzu. »Ich fürchte, wir werden niemals die Wahrheit erfahren, da Lady Maras Erste Beraterin – aus bewundernswerter, wenn auch fehlgeleiteter Loyalität – lügen wird, um die Geschichte ihrer Herrin zu untermauern. Ihr Wort wird gegen das von Shimizu stehen. Ich denke, wir sollten die ganze Angelegenheit auf sich beruhen lassen.«
    Almecho zog boshaft tadelnd die Augenbrauen hoch. »Oh, wirklich? Ich denke nicht, daß wir eine solche Beleidigung der Ehre unbeachtet lassen können, Lord Jingu. Nur damit kein Schatten auf Euren guten Namen fällt – ganz zu schweigen von der Schande, daß meine Geburtstagsfeier gestört wurde –, werde ich meine Begleiter bitten, mir ihre Hilfe zur Verfügung zu stellen.« Er wandte sich an die beiden schwarzbemäntelten Gestalten neben ihm und sprach zu der ersten: »Elgahar, könnt Ihr diesen Fall klären?«
    Eine leidenschaftslose Stimme erklang: »Natürlich, Mylord.« Während alle Farbe aus Jingus Gesicht wich, fuhr der Magier fort:

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