Die Stunde der Wahrheit
Arakasi also getötet?«
Shimizu sprang über die Kissen, die unordentlich im ganzen Raum herumlagen. »Lady, er wollte mich davon abhalten, meine Pflicht zu tun.«
Seine Klinge hob sich glitzernd im Mondlicht. Mara fiel nichts mehr ein, und hoffnungslos in die Enge getrieben, zog sie das kleine Messer, das sie im Ärmel verborgen hatte.
Sie hob ihre Hand und setzte zum Wurf an, da sprang Shimizu auf sie zu. Er schlug mit der flachen Seite des Schwertes gegen das Messer und schleuderte es ihr aus der Hand. Klirrend glitt es über den Boden und blieb außerhalb ihrer Reichweite an der Balkontür liegen.
Die Hand mit dem Schwert hob sich wieder. Mara warf sich zu Boden. Der dunkle Schatten ihres Angreifers türmte sich vor ihr auf, und sie schrie: »Nacoya!« Gleichzeitig bat sie still um Lashimas Schutz für Ayaki und das Fortbestehen der Blutlinie der Acoma.
Doch die alte Amme antwortete nicht. Shimizus Schwert zischte nach unten. Mara wand sich, warf sich gegen die Truhen, und die Klinge zerfetzte die Schlafmatratze. Mara versuchte sich auf die Beine zu kämpfen, doch sie war hilflos gegen die unnachgiebige Truhe mit ihrem Besitz gepreßt. Der nächste Hieb von Shimizus Schwert würde ihr Leben beenden.
Plötzlich erhob sich ein anderes Schwert über Shimizus Kopf, eine Waffe, die ihr vertraut war. Das Schwert beschrieb einen ungeschickten Bogen im schimmernden Mondlicht und sauste auf den Nacken ihres Angreifers nieder. Shimizus Hände lockerten den Griff um die eigene Waffe. Sein Schwert schwankte, dann glitt es ihm aus den Fingern und bohrte sich mit der Spitze nach unten in die lederne Seite einer der Truhen.
Mara schrie auf, als der gewaltige Krieger stürzte; sein Federbusch strich an ihrem Körper entlang, als er auf den Boden krachte. Einen Schritt hinter ihm taumelte Arakasi; er benutzte das Schwert, mit dem er gerade erst einen Hieb geführt hatte, jetzt dazu, sich aufrecht zu halten. Mühsam brachte er eine Verbeugung zustande. »Mylady.«
Aus einer Wunde am Kopf floß Blut, über sein Gesicht bis zum Kinn hinunter, das Ergebnis eines Schlages, der ihn im Gang bewußtlos gemacht haben mußte. Maras Anspannung entlud sich in einem leisen Schrei, halb Erleichterung, halb Entsetzen. »Ihr seht zum Fürchten aus.«
Der Supai wischte mit der Hand über sein Gesicht, und sie wurde rot. Er brachte die Andeutung eines Grinsens zustande. »Das wage ich nicht zu leugnen.«
Mara kämpfte mit einigem Erfolg darum, wieder auf die Beine zu kommen, doch davon wurde ihr schwindlig. »Ihr seid vermutlich der erste Mann, der den Federbusch eines Acoma-Offiziers trägt und die Schneide einer Klinge nicht von ihrer stumpfen Seite zu unterscheiden vermag. Ich fürchte, Shimizu wird morgen eine ebenso schöne Beule haben wie Ihr.«
Arakasi zuckte mit den Schultern; sein Gesichtsausdruck lag irgendwo zwischen Triumph und tiefer persönlicher Trauer. »Würde Papewaio noch leben, hätte er meine Technik noch weiter verbessert. Sein Schatten wird jetzt mit dem Untergang der Minwanabi zufrieden sein müssen.« Als hätte der Supai ein Bedauern geäußert, das er besser für sich behalten hätte, half er danach schweigend seiner Herrin auf die Füße.
Stimmen drangen vom Gang herein. Jingus Worte und die seines Sohnes Desio erhoben sich entrüstet und schrill über das verwirrte Gemurmel der Gäste. Mara strich ihr unordentliches Gewand ein wenig glatt. Sie beugte sich vor und zog Shimizus Schwert aus der Truhe. Dann begegnete sie den Edlen und Dienern wie eine wahre Tochter der Acoma.
Jingu stampfte aufbrausend durch die offene Tür. »Was ist hier geschehen?« Er blieb stehen und starrte mit offenem Mund auf seinen auf dem Bauch liegenden Truppenführer; dann blickte er zornerfüllt die Lady der Acoma an. »Ihr habt Verrat in mein Haus gebracht.«
Die Zuschauer versammelten sich im Zimmer; ihre unordentlichen Kleider bewiesen, wie hastig sie sich von ihren Schlafstätten erhoben hatten. Mara beachtete sie nicht. Sie verbeugte sich mit formvollendeter Anmut und legte Shimizus Schwert dem Lord der Minwanabi zu Füßen. »Ich schwöre bei meinem Leben und dem Namen meiner Urahnen, daß der Verrat nicht von mir begangen worden ist. Eure Konkubine Teani versuchte mich zu töten, und aus Liebe zu ihr verlor Euer Truppenführer Shimizu den Verstand. Meine Ehrenwache Arakasi war gezwungen einzugreifen. Er konnte mit Mühe mein Leben retten. Ist dies die Art, wie die Minwanabi für die Sicherheit ihrer Gäste
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