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Die Stunde der Wahrheit

Die Stunde der Wahrheit

Titel: Die Stunde der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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vor ihr auf der Matte nieder. »Frau, dieser alte Narr war ein Freund meines Großvaters. Er ist ziemlich senil! Die Hälfte der Zeit glaubte er, mein Vater wäre sein alter Kamerad und ich Tecuma von den Anasati. Und seine Mutter ist sogar noch schlimmer, fast schon eine Leiche, die er mit sich herumschleift, wohin er auch geht. Götter, sie muß mittlerweile beinahe schon ein Jahrhundert hinter sich haben. Sie tut nichts anderes, als in die Gegend zu starren, herumzusabbern und die Matten zu verunreinigen, auf denen sie sitzt. Und immerzu spricht Lord Chipaka mit ihr; sie alle sprechen mit ihr, die Frau, die Töchter, selbst die Diener! Sie antwortet niemals, doch sie sind überzeugt, daß sie es tut!« Die Erinnerung an den Besuch entfachte seine Wut von neuem, und seine Stimme wurde lauter. »Und jetzt möchte ich wissen, welche hirnlose Dienerin ihn zu meinem Haus geschickt hat. Alles, woran Chipaka sich erinnern konnte, waren ihre großen Brüste!«
    Mara versuchte, nicht zu lachen. Der kurzsichtige Lord Chipaka mochte ihre Brüste vielleicht für groß gehalten haben, da seine Nase nur wenige Zentimeter von ihnen entfernt gewesen war, als er mit ihr gesprochen hatte. Verwirrt, weil seine Frau errötete, und argwöhnisch, daß sie über ihn lachte, schrie Buntokapi jetzt so laut, daß die Balken der Tür erzitterten. »Und dann grabschte er meine … Dienerin an! Direkt vor meinen Augen griff er nach ihr und zwickte sie!«
    Buntokapi war jetzt zu wütend, um sich beherrschen zu können. Er sprang auf. Er fuchtelte mit den Fäusten wild in der Luft herum und brachte sich so in Rage, daß er zu schwitzen begann. »Und sie blieben zwei Tage! Zwei ganze Tage mußte ich diesem alten Narren und seiner Frau meine Gemächer überlassen. Meine … Dienerin Teani mußte in einem Gasthof in der Nähe unterschlüpfen, weil der alte Lüstling seine Hände nicht von ihr lassen konnte.«
    Mara richtete sich jetzt auf; sie wollte ihn bewußt provozieren. »Oh, Bunto, Ihr hättet ihn mit dem Mädchen schlafen lassen sollen. Sie ist nur ein Dienstmädchen, und wenn der alte Lord nach all diesen Jahren immer noch dazu in der Lage ist, hätte ihn zumindest diese Abwechslung etwas abgelenkt.«
    Buntokapis Gesicht wurde immer düsterer. »Nicht in meinem Haus! Wenn ich die finde, die dämlich genug war, mir diese Jandawaio-Sippe auf den Hals zu hetzen, ziehe ich ihr höchstpersönlich die Haut ab.«
    Maras Antwort klang sanftmütig im Gegensatz zu dem Gebrüll ihres Mannes. »Bunto, Ihr sagtet, falls jemand nach Euch fragt, sollten wir ihn zu Euch in die Stadt schicken und nicht hier warten lassen. Ich bin sicher, Jican hat alle Bediensteten darüber informiert. Vermutlich hätte jeder von ihnen das gleiche getan.«
    Buntokapi blieb ruckartig stehen, den einen Fuß halb in der Luft, so daß er an einen Shatra-Vogel erinnerte. Die Haltung hätte komisch ausgesehen, wäre er nicht so kurz vor einem Gewaltausbruch gewesen. »Nun, ich habe einen Fehler gemacht. Von jetzt an schicke ohne meine vorherige Zustimmung niemanden in mein Haus in der Stadt!«
    Seine donnernde Stimme weckte Ayaki, der sich in seinen Kissen rührte. Mara wandte sich ihrem Baby zu; sie war jetzt offensichtlich beschäftigt. »Niemanden?«
    Die Unterbrechung durch seinen Sohn steigerte Buntokapis Wut noch. Stürmisch ging er im Raum auf und ab, während er seine Faust durch die Luft schwang. »Niemanden! Wenn jemand aus dem Hohen Rat nach mir ruft, so muß er warten!«
    Das Baby begann zu schreien. Mara zog ihre Stirn leicht in Falten, als sie sich wieder Buntokapi zuwandte. »Aber sicher bezieht sich das nicht auf Euren Vater?«
    »Schick endlich das Kind mit einer Dienerin fort!« fauchte Buntokapi rasend vor Wut. Aufgebracht winkte er Misa herbei, die Mara das Kind aus den Armen nahm. Buntokapi trat mit voller Wucht gegen ein Kopfkissen; in hohem Bogen flog es hinaus in den Garten und landete mit einem lauten Platschen im Fischteich. Dann fuhr er fort, als sei nichts geschehen: »Mein Vater hält mich für dumm und erwartet, daß ich tue, was er von mir verlangt. Soll er doch gehen und in den Fluß pissen! Er hat den Acoma nichts zu befehlen!« Buntokapi hielt inne, sein Gesicht war jetzt dunkelrot. »Nein, ich lasse mir von ihm nicht meine Fische verderben! Sag ihm, er soll flußabwärts mein Land verlassen und dann hineinpissen!«
    Mara verbarg ihre Hände im Stoff ihrer Robe. »Wenn aber der Kriegsherr –«
    Buntokapi schnitt ihr das Wort ab. »Auch wenn der

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