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Die Stunde der Wahrheit

Die Stunde der Wahrheit

Titel: Die Stunde der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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Kriegsherr höchstpersönlich hier erscheint, schickst du ihn nicht zu meinem Haus in der Stadt, ist das klar?« Mara betrachtete ihren Mann mit entsetzter Verwunderung. Nachdem der Lord der Jandawaio ihn zwei Tage lang belästigt hatte, war sein Zorn beachtlich. »Almecho kann verdammt noch mal auf mich warten. Wenn er nicht hier warten will, zieht er vielleicht die Needra-Ställe vor. Meinetwegen kann er sogar im Needra-Mist schlafen, falls ich nicht an dem Tag zurückkehre, an dem er hier eintrifft, und das kannst du ihm wortwörtlich so sagen.«
    Mara drückte die Stirn auf den Boden, beinahe, als wäre sie eine Sklavin. »Ja, Mylord.«
    Ihre Gehorsamkeit erstickte die Wut ihres Mannes, der sich danach sehnte, mit seinen Fäusten zuzuschlagen, jetzt, da er eine Zielscheibe gefunden hatte. »Und noch etwas. Alle diese Nachrichten, die du mir schickst: Ich will, daß sie aufhören. Ich komme oft genug nach Hause, um die Verwaltung meiner Besitztümer überwachen zu können. Ich brauche keine Diener, die mich den ganzen Tag über stören. Ist das klar?«
    Er beugte sich rasch hinab und riß seine Frau am Kragen ihrer Robe hoch. Sie antwortete etwas gepreßt; seine Fäuste hinderten sie am Atmen. »Ich wollte nicht gestört werden, und alle Botschaften sollen eingestellt werden.«
    »Ja!« Bunto schrie ihr ins Gesicht. »Wenn ich mich in der Stadt erhole, möchte ich aus gar keinem Grund gestört werden. Wenn du einen Diener zu mir schickst, werde ich ihn töten, bevor er mir mitteilen kann, was du sagen wolltest. Hast du verstanden?« Er schüttelte sie leicht.
    »Ja, Mylord.« Mara wehrte sich kläglich, da ihre Schuhe den Boden kaum noch berührten. »Aber da ist noch etwas –«
    Buntokapi stieß sie kräftig zurück, und sie fiel taumelnd auf die Kissen. »Genug! Ich will nichts mehr hören.«
    Mara erhob sich tapfer. »Aber, Gemahl –«
    Bunto trat mit einem Fuß zu; er traf den Saum ihres Kleides. Der Stoff riß, und sie kauerte sich zusammen, bedeckte schützend ihr Gesicht mit den Händen. Er schrie: »Ich sagte, genug! Ich will nichts mehr hören! Jican soll sich um meine Geschäfte kümmern. Ich werde sofort in die Stadt zurückkehren. Und wage es nicht, mich zu stören!« Mit einem letzten Tritt in Maras Richtung wirbelte er herum und stapfte aus dem Zimmer. Als seine Schritte verklungen waren, hörte sie Ayaki in der Ferne weinen.
    Nacoya ließ nur eine winzige Höflichkeitspause verstreichen, dann eilte sie zu ihrer Herrin und half ihr, sich aufzurichten. »Mistress, Ihr habt ihm nichts von der Nachricht seines Vaters gesagt«, meinte sie bebend vor Angst.
    Mara rieb über den blauen Fleck an ihrem Oberschenkel. »Du hast es ja gesehen, Nacoya. Mein Gemahl hat mir keine Chance gelassen, ihm die Nachricht seines Vaters zu überbringen.«
    Nacoya setzte sich hin. Grimmig nickte sie. »Ja, das ist wahr, Mylady Mylord Buntokapi hat Euch in der Tat nicht die Gelegenheit gegeben zu sprechen.«
    Mara strich ihr zerrissenes Gewand glatt, und ihre Augen hefteten sich jetzt auf die mit Verzierungen geschmückte Schriftrolle, die an diesem Morgen angekommen war und die bevorstehende Ankunft ihres Schwiegervaters und seines erhabenen Reisegenossen Almecho, Kriegsherr von Tsuranuanni, ankündigte. Angesichts der Ungeheuerlichkeit der Befehle ihres Mannes hatte sie die blauen Flecken bereits vergessen. Sie lächelte.

Zwei
    Der Kriegsherr

    Die Bediensteten huschten geschäftig hin und her.
    Über den bevorstehenden Besuch ebenso besorgt wie die übrigen Mitglieder des Haushaltes, suchte Nacoya die Korridore, in denen es wegen letzter Aktivitäten nur so wimmelte, nach ihrer Herrin ab. Handwerker säuberten die Pinsel, nachdem sie die Läden neu gestrichen hatten, und Sklaven strömten mit Essen hinaus und herein, das eigens beschafft worden war, um die Gäste zufriedenzustellen. Seufzend schlängelte sich Nacoya durch das Gewirr. Ihre Knochen waren zu alt, um diese Hast fröhlich ertragen zu können. Sie wich einem Träger aus, der mit einer gewaltigen Menge an Kissen vorbeilief, und fand ihre Herrin schließlich in ihrem Garten. Mara saß unter einem Jo-Obstbaum, während Ayaki in einem Körbchen an ihrer Seite schlief. Ihre Hände ruhten auf dem Stoff der Decke, die sie für ihren Sohn genäht hatte und nun mit Tieren bestickte. Nacoya erkannte nach einem kurzen Blick auf die Decke, daß die Lady an diesem Nachmittag nicht viel Zeit mit Sticken verbracht haben konnte. Nicht zum erstenmal fragte sich die alte

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