Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Stunde der Wahrheit

Die Stunde der Wahrheit

Titel: Die Stunde der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
Vom Netzwerk:
Acoma erschwerten. Inzwischen hielt Mara die Bediensteten mit übertriebener Fürsorglichkeit an, sich um das Wohlergehen des Kriegsherrn zu kümmern; dann forderte sie geschickt die Eitelkeit des Mannes heraus und ließ sich den Ursprung jeder einzelnen Auszeichnung auf seiner Schärpe erklären. Da seine Ahnen viele von ihnen im Kampf errungen hatten und die neuesten einem Barbarenlord während eines Überfalls auf der anderen Seite der Spalte entrissen worden waren, dauerten die Erklärungen geraume Zeit.
    Rötliches Licht fiel durch die Läden. Tecuma hatte seinen ersten Kelch Wein geleert und kochte innerlich vor Wut. Die Abwesenheit seines Sohnes war ihm sichtlich peinlich, denn das Ziel seines Besuchs war die Präsentation des Enkelkindes, ein traditionelles Ritual, das der Lord des Hauses gewöhnlich durchführte. Tecuma wußte genausogut wie Mara, daß der Kriegsherr sich nur deshalb so lange unterhielt, um Zeit zu gewinnen und den Moment, da Buntokapis Abwesenheit erklärt werden würde, hinauszuzögern, eine gnädige Geste, mit der er möglicherweise einem wichtigen Verbündeten die Schande irgendwelcher Ausreden ersparen wollte. Almecho benötigte die Unterstützung der Kaiserlichen Partei in seinem Kriegsbündnis und vermied aus politischen Gründen alles, was seine Beziehung zum Lord der Anasati gefährden konnte. Für diese Großzügigkeit stand der Lord der Anasati jede verstreichende Minute mehr in der Schuld des Kriegsherrn, was auch Chumaka nur zu bewußt war. Um seine Verwirrung zu verbergen, aß er immer wieder von den Früchten, ohne zu bemerken, wie reichlich sie in Alkohol getränkt waren oder daß Diener das vor ihm stehende Tablett mit dem Obst bereits dreimal innerhalb einer Stunde ausgetauscht hatten.
    Gegen Sonnenuntergang neigte sich der Vortrag des Kriegsherrn dem Ende zu. Lächelnd und unter Komplimenten, die so dick aufgetragen waren, daß sogar ein Fisch errötet wäre, klatschte Mara in die Hände. Bedienstete eilten herein und öffneten die Läden, genau rechtzeitig, um den Flug der Shatra-Vögel am Ende des Tages beobachten zu können. Ihre klaren, flötenden Rufe unterdrückten die Unterhaltung für einige Zeit, und als das Ereignis schließlich vorüber war, kamen noch weitere Bedienstete herbei und geleiteten die Gäste zu einem üppigen zeremoniellen Abendessen. Inzwischen war überdeutlich, daß Maras Gastfreundschaft nur eine verzweifelte Notlösung war, die der Ablenkung diente.
    »Wo ist mein Sohn?« fragte Tecuma zwischen zusammengebissenen Zähnen hindurch. Seine Lippen verzerrten sich zu einem erstarrten Lächeln, als der Kriegsherr in seine Richtung blickte.
    Mara zwinkerte ihm zu, als wäre er ein Verschwörer. »Der Hauptgang ist Buntokapis Lieblingsessen, doch es wird säuerlich, wenn es zu lange steht. Die Köche haben den ganzen Tag nur für Euer Wohl gekocht, und die Jiga-Vögel und Needras sind mit seltenen Saucen gewürzt. Meine liebliche Dienerin Merali wird Euch zu Eurem Platz geleiten. Sie wird Euch eine Schüssel mit Wasser bringen, damit Ihr Euch die Hände waschen könnt, wenn Ihr es wünscht.«
    Der Lord der Anasati schwitzte und war wütend über das, was er als mädchenhaftes Geplapper abtat, doch es blieb ihm nichts anderes übrig, als sich zum Abendessen führen zu lassen. Mit zusammengekniffenen Augen bemerkte er, daß der Kriegsherr Anzeichen von Unruhe erkennen ließ; in diesem Augenblick war er froh, daß Mara die Mühe auf sich genommen hatte, Priester hereinzubitten, damit sie die Mahlzeit segneten, und daß die Musiker sehr gut, aber auch viel zu laut spielten, um das Protokoll weiter zu verfolgen.
    Tecuma schmeckte kaum etwas von dem, was als Buntokapis Lieblingsgericht angepriesen worden war. Als Chumaka einmal die Gelegenheit wahrnahm und ihn fragte, wie lange er diesen Unsinn mitzumachen gedenke, verschluckte er sich beinahe an einem Fleischstück. Mara legte ihr Messer beiseite und gab Nacoya ein Zeichen, die ihrerseits einem an der Tür stehenden Diener zunickte. Die Musiker schlugen jetzt eine wilde, unrhythmische Melodie an, und Tänzerinnen, die kaum mehr als Perlenketten und Gazestoff trugen, wirbelten in den Raum zwischen den Tischen.
    Ihre Vorstellung war atemberaubend und herausordernd, doch sie konnte nicht verschleiern, daß Buntokapi von den Acoma nirgendwo zu sehen war, obwohl sein Vater und die erhabenste Persönlichkeit des Hohen Rates an seinem Eßtisch auf den richtigen Augenblick warteten.
    Lord Tecuma ergriff die

Weitere Kostenlose Bücher