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Die Stunde der Wahrheit

Die Stunde der Wahrheit

Titel: Die Stunde der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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lautet das Gesetz.«
    Reglos ließ Tecuma einen langen Augenblick verstreichen, während seine Augen sich nachdenklich in die Ferne richteten. »Was geschieht mit dem Jungen, wenn Ihr sterbt?«
    Mit ruhiger Stimme antwortete Mara: »Dann ist Ayaki Herrscher der Acoma, wie ich es wurde, bevor ich fünfundzwanzig war, ob er dazu bereit ist oder nicht.«
    Tecuma machte eine kleine wegwerfende Geste, die Mara zeigen sollte, daß sie erneut nur eine Frau war, die sich allein einer Vielzahl von Feinden gegenüber sah. »Der Junge wird sicherlich sterben.«
    Doch die Drohung verfehlte ihr Ziel, die junge Lady zu verunsichern. Respektvoll und aufrecht stand Mara da. »Möglicherweise durch die Hand des Lords der Minwanabi oder anderer, die sich über die Acoma erheben wollen.«
    Tecuma gestand seine Niederlage ein. »Also gut, Tochter. Ihr habt Euren Standpunkt deutlich gemacht. Ich werde mich bemühen, Euch am Leben zu lassen, zumindest bis Ayaki mündig ist. Doch wenn Ihr irgend etwas unternehmt, das ich als Bedrohung der Anasati empfinde –«
    »Droht mir nicht in meinem eigenen Haus, Vater meines Gemahls«, warnte Mara. »Ich könnte das hier und jetzt beenden.« Sie deutete auf Lujan und die Soldaten, die bereitstanden, den Befehl ihrer Herrin auszuführen. Die Überlegenheit der Acoma war jetzt erdrückend, nur etwa zwanzig Soldaten hätten den Lord der Anasati vor einem möglichen Angriff der beiden Kompanien schützen können. Wenn er noch länger auf seiner Forderung bestand, konnte er sehr schnell tot sein.
    Mara betrachtete die starren Gesichtszüge ihres Schwiegervaters. »Ich habe nicht das Verlangen, mit Euch in Feindseligkeit zu leben, Tecuma. Eure Streitigkeiten mit meinem Vater waren ausschließlich politischer Natur.« Mit einem Seufzer, der mehr aussagte als Worte, schüttelte sie den Kopf. »Wir wissen beide, daß das, was ich getan habe, ebenso eine rein politische Angelegenheit gewesen ist. Solltet Ihr hier sterben … Jingu von den Minwanabi wäre ohne jeden wirklichen Gegner im Spiel. Nein, ich bitte Euch nicht, mein Verbündeter zu sein. Ich wünsche lediglich, daß Ihr nicht mein Feind seid.«
    Tecuma ließ die Faust, die er bereits als Zeichen für seine Soldaten erhoben hatte, wieder sinken und entspannte die Hand. Er sah Mara scharf an. »Minwanabi … ja. Er hält sich bereits für mächtig genug, um es mit mir aufzunehmen.« Der Lord der Anasati seufzte; zumindest erkannte er die ruhige Kraft an, die von Maras Haltung ausging. »Vielleicht könnt Ihr das ändern.« Er schüttelte den Kopf. »Ich habe Euch unterschätzt. Möglicherweise ergeht es Jingu ebenso.«
    Nachdem eine Minute vergangen war, ohne daß noch jemand etwas gesagt hätte, verbeugte er sich und kündigte seinen Aufbruch an. »Also gut, Mara. Ihr habt mein Wort darauf; solange Ayaki lebt, werde ich mich Euch nicht in den Weg stellen, wenn Ihr gegen die Minwanabi vorgeht. Aber diese Versicherung gilt nicht dort, wo die Interessen der Anasati betroffen sind. Uns trennt immer noch sehr viel. Doch wenn mein Enkel eines Tages den Mantel der Acoma übernimmt, Lady, werdet Ihr erkennen, wie weit meine Erinnerung zurückreicht. Und sollte ihm vorher etwas zustoßen, werden Eure Tage von dem Augenblick an gezählt sein.«
    Tecuma bedeutete seiner Gefolgschaft rasch, sich für den Marsch zurück nach Sulan-Qu aufzustellen. Der Wind zerrte an den Federbüschen der Offiziere und strich durch Maras dunkle Haare, während sie zusah, wie der Lord der Anasati und seine Begleiter den Hof verließen. Der erste Teil ihres Plans war erfolgreich gewesen. Für eine gewisse Zeit hatte sie den zweitmächtigsten Feind ihres Vaters neutralisiert; mehr noch, sie hatte aus ihm einen wenn auch noch zögerlichen Verbündeten gemacht. Es würde nicht viele im Kaiserreich geben, die es wagten, den Zorn Tecumas auf sich zu ziehen, indem sie seinem Enkel Schaden zufügten – nur die Lords der Keda, Xacatecas und Minwanabi und vielleicht noch ein oder zwei andere. Die meisten würden sich einer solchen Tat enthalten, zum Teil auch, um den Lord der Minwanabi nicht zu mächtig werden zu lassen. Durch ihre Feindschaft zu Jingu hatte Mara sich einigen Wert verschafft, auch wenn der nur darin lag, daß sie ihn beschäftigt hielt. Und trotz des Schutzes, den sie Tecuma abgerungen hatte, wußte sie, daß die Blutfehde weitergehen würde. Sie hatte den größten Widersacher ihrer Familie lediglich dazu gezwungen, vorsichtiger zu verfahren. Es würde keine stümperhaften

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