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Die Stunde der Wahrheit

Die Stunde der Wahrheit

Titel: Die Stunde der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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Vernichtung der Acoma, näher kommen zu können. Doch statt dessen war es Teani nur gelungen, Buntokapi abzulenken und Mara die Gelegenheit zu geben, ihre eigenen Pläne sehr viel schneller in die Tat umzusetzen. Und das oberste Ziel all dieser Pläne war die Stärkung des Hauses Acoma … und die Zerstörung der Minwanabi. Mara genoß diese Ironie in aller Stille. Wenn Teani zu ihrem Herrn zurückkehrte, durfte sie nicht wissen, daß ihre wahre Rolle entlarvt war. Jingu sollte in dem Glauben bleiben, diese Frau wäre von einer eifersüchtigen Ehegattin fortgejagt worden.
    Umsichtig bedeutete Mara zweien ihrer Soldaten, an der Tür Wache zu stehen. Dann trat sie vor, achtete jedoch sorgfältig darauf, daß sie außerhalb der Reichweite eines Messers war, und sprach die immer noch auf dem Fußboden kniende Konkubine an: »Wie heißt du?«
    »Teani, Mistress.« Die Frau hielt ihre Augen nach unten gerichtet.
    Mara mißtraute ihrer Unterwürfigkeit. »Sieh mich an.«
    Teani hob den Kopf, und Mara nahm bei ihren Kriegern ein Raunen wahr. Das goldene, herzförmige Gesicht der Konkubine bildete den Rahmen für zwei liebliche, beinahe bernsteinfarbene Augen. Ihre Gesichtszüge waren vollkommen und so süß wie der Honig in den Stöcken der Rotbienen. Doch hinter der Schönheit sah Mara etwas, das sie zögern ließ. Diese Frau war gefährlich, so gefährlich wie alle anderen, die sich am Großen Spiel beteiligten. Doch die Lady der Acoma ließ noch nicht einmal einen Hauch dieses Gedankens nach außen dringen. »Was sind deine Aufgaben?«
    »Ich diente Eurem Gemahl als Zofe, Mistress«, antwortete Teani, immer noch auf den Knien.
    Die Lady der Acoma lachte beinahe über die schamlose Lüge der Frau. Sich selbst Zofe zu nennen, während sie in einem Gewand vor ihr kniete, das mehr gekostet hatte als jedes, das in Maras Besitz war – ausgenommen ihre Kleidung für spezielle Zeremonien –, war eine Beleidigung der menschlichen Intelligenz. »Das glaube ich nicht«, sagte Mara brüsk.
    Teanis Augen zogen sich leicht zusammen, doch sie sagte nichts. Plötzlich verstand Mara: Einen kleinen Augenblick hatte die Konkubine sich gefragt, ob ihre Rolle als Spionin entdeckt worden war. Mara wollte ihr jeden Verdacht nehmen und richtete ihre Fragen jetzt auf die anderen: »Was habt ihr für Aufgaben?«
    Es stellte sich heraus, daß unter ihnen ein Koch, ein Gärtner und eine Zofe waren, was Mara allerdings bereits aus Jicans Mitteilungen erfahren hatte. Sie gab diesen dreien den Befehl, sich zum Gut zu begeben und vom Hadonra neue Aufgaben entgegenzunehmen. Sie verschwanden augenblicklich, als wären sie erfreut darüber, der folgenden Auseinandersetzung zwischen der Frau ihres verstorbenen Herrn und seiner Geliebten nicht beiwohnen zu müssen.
    Als der Raum leer war bis auf Mara, Teani und die Soldaten, wandte sich Mara wieder an die Mätresse. »Ich fürchte, wir haben auf dem Herrenhaus keinen Bedarf an Euren Diensten.«
    Teanis Gesichtsausdruck blieb bewundernswert unverändert. »Habe ich meine Herrin verärgert?«
    Mara unterdrückte das Verlangen zu lächeln. »Nein, im Gegenteil, Ihr habt mir in den letzten Monaten viele Schmerzen, Unannehmlichkeiten und Verstimmungen erspart. Doch ich bin, was meinen Geschmack betrifft, nicht so unternehmungslustig wie einige Damen der großen Häuser; mein Appetit richtet sich nicht auf Mitglieder meines eigenen Geschlechts.« Sie blickte auf den noch schwach zu erkennenden Fleck auf Teanis Hals. »Ihr scheint die Vorliebe meines Mannes für … deftiges Vergnügen geteilt zu haben. Auf meinem Gut wären Eure Fähigkeiten nur verschwendet – es sei denn, Ihr möchtet gern meine Soldaten unterhalten.«
    Teanis Kopf zuckte leicht, doch sie verhinderte, daß ihr Atem vor Wut zischend den Lungen entfuhr. Wider Willen mußte Mara ihrem Verhalten Bewunderung zollen. Sie hatte eine üble Beleidigung ausgesprochen. Als Kurtisane oder Mätresse besaß Teani eine gewisse Berechtigung und Legitimation in der Gesellschaft der Tsurani. In alten Zeiten hatte die tsuranische Kultur nur wenige Unterschiede zwischen der Kurtisane und der Frau eines Lords gekannt. Hätte Mara vor ihrem Ehemann den Tod gefunden, wäre es einer Kurtisane möglich gewesen, als Nachfolgerin in das Haus der Acoma einzuziehen. Und wenn Teani sowohl die Frau und den Herrn überlebt hätte, wären ihr als zum Haus gehörender, ständiger Mätresse bestimmte legale Rechte und Erbschaftsprivilegien sicher gewesen. Eine Frau der

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