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Die Stunde der Wahrheit

Die Stunde der Wahrheit

Titel: Die Stunde der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond E. Feist
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Ried-Welt genoß großes Ansehen als so etwas wie eine Handwerkerin oder sogar Künstlerin in den verschiedenen Spielarten des Vergnügens. Doch eine Soldatendienerin war eine Frau der niedrigsten Stufe. Frauen, die den Armeen des Kaiserreiches folgten, galten überall als Ausgestoßene und wurden verachtet, außer im Kriegslager. Diese Frauen besaßen keine Ehre. Mara hatte Teani eine Hure genannt, und wären die beiden Frauen Krieger gewesen, hätte sie jetzt um ihr Leben kämpfen müssen.
    So starrte die Konkubine Mara lediglich an. Sie bemühte sich, wenigstens so viel Selbstkontrolle zustande zu bringen, daß sie überzeugend wirkte, und preßte ihren Kopf tief auf den Boden, bis die rotgoldenen Haare beinahe die Sandalen ihrer Herrin berührten. »Mylady, ich glaube, Ihr beurteilt mich falsch. Ich bin eine geübte Musikerin und verstehe etwas von der Kunst der Massage und der Unterhaltung. Ich beherrsche die sieben Arten, den Körper von Schmerzen und Qualen zu befreien: durch Druck, Streicheln und Reiben, mit Hilfe von Kräutern, Rauch oder Nadeln und durch Einrenken der Gelenke. Ich kann aus dem Gedächtnis Passagen aus den Sagas zitieren, und ich kann tanzen.«
    Zweifellos besaß die Frau all die genannten Fähigkeiten, auch wenn Buntokapi wahrscheinlich wenig mehr als eine gelegentliche Massage genossen oder dann und wann einem Lied gelauscht hatte, bevor er mit ihr in die sexuelle Lust eingetaucht war. Doch Teani war auch eine Spionin und sehr wahrscheinlich eine geübte Attentäterin. Nun, da Buntokapi tot war, benötigte sie nur noch eine Gelegenheit, ihren Minwanabi-Herrn von Mara und Ayaki zu befreien und damit das Haus der Acoma für immer zu vernichten.
    Die Furcht vor den Schachzügen Jingus veranlaßte Mara zu einer scharfen Antwort. Sie verweigerte Teani jede höfliche Geste und gestattete ihr noch nicht, sich aufzurichten. »Ihr werdet wenig Schwierigkeiten haben, eine neue Stellung zu finden. Eine Dienerin, die mit solchen Talenten gesegnet ist wie den Euren, wird sicherlich leicht das Wohlgefallen irgendeines großen Lords erregen, eines Lords, der begierig darauf sein wird, Euch an seiner Seite zu haben. In einer Stunde wird ein Makler hier erscheinen und das Haus schließen, um mit den Vorbereitungen zum Verkauf des Gebäudes und der Möbel beginnen zu können. Ich gestatte Euch, an Geschenken meines Mannes einzupacken, was Euch beliebt, und fordere Euch auf, dann schnell zu verschwinden. Denn von den Acoma wird nichts noch länger hierbleiben.« Sie hielt inne und betrachtete Teanis volle, runde Kurven mit Zufriedenheit. »Und natürlich darf für den neuen Besitzer kein unnützes, wertloses Zeug zurückbleiben.«
    Mara drehte sich um und ging durch die Tür hinaus, als hätte sie die Konkubine, die sie gerade fortgeschickt hatte, schon weit aus ihren Gedanken verbannt. So sahen nur die aufmerksamen Augen Arakasis, wie Teani ihre eiserne Beherrschung verlor, die sie zur Täuschung ihrer Herrin aufrechterhalten hatte. Blanker Haß trat in das Gesicht der jungen Frau, und ihre Schönheit verwandelte sich in etwas Brutales, das dunkel, verzerrt und tödlich war. In diesem Augenblick begriff Arakasi, daß sie die Beleidigungen durch Mara von den Acoma in sorgfältiger Erinnerung behalten und sich für jede einzelne rächen würde.
    Der Supai berief sich auf die Autorität, die der Offiziers-Federbusch ihm verlieh, und ergriff die Initiative, indem er zwei Kriegern befahl, die Anordnung ihrer Herrin zu überwachen. Dann schlüpfte er, noch bevor Teani ihre Wut wieder soweit im Griff hatte, um sich an sein Gesicht erinnern zu können, rasch durch die Tür hinaus ins Freie.
    Draußen eilte er zu seiner Herrin. »Ist sie es?« fragte Mara.
    Arakasi löste das Kinnband seines Helms, damit er mit ihr sprechen konnte, ohne daß jemand etwas davon mitbekam. »Allerdings, Mylady. Teani ist die Spionin. Bevor sie in der Stadt erschien, war sie eine Favoritin des Lords der Minwanabi und seine regelmäßige Bettgenossin. Warum ausgerechnet sie ausgewählt wurde, Lord Buntokapi auszuspionieren, ist mir nicht klar, doch sie muß ihren Herrn überzeugt haben, daß es seinen Interessen dienlich sein würde.« Sie erreichten die Sänfte. Das Rascheln der dürren Blätter bewahrte sie davor, zufällig belauscht zu werden. Selbst noch in der ruhigsten Seitenstraße hielt Arakasi seine gewohnheitsmäßige Vorsicht aufrecht. Als er Mara in die Kissen half, flüsterte er: »Was Teani getan hat, bevor sie in den

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