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Die Stunde Der Woelfe

Die Stunde Der Woelfe

Titel: Die Stunde Der Woelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Vaughn
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sich geht.«
    Â»Menschenskind, Norville. Warte mal. Hier parkt ein Geländewagen. Drei Kerle halten vor dem Gebäude Wache. Waffen sind nicht zu sehen. Es könnten Lykanthropen sein. Sie haben dieses tierartige Herumgeschleiche an sich, weißt du? Arturos Limousine parkt um die Ecke. Ohne Licht. Warte, da kommt er. Er versucht hineinzugelangen. Ich muss los.«
    Ich hörte, wie eine Waffe entsichert wurde, dann schnelle Schritte.
    Ich hasste es. Alles passierte jenseits von meiner Bühne. Ich war blind und unwissend. Zum ersten Mal hasste ich die Sicherheit und Anonymität meines Studios.
    Dann sagte Cormac: »Rührt euch nicht. Die sind mit Silberkugeln geladen.«
    Â»Sie!« Das war Arturo. »Warum um alles auf der Welt …«
    Â»Es ist Norvilles Einfall. Schnappen Sie sich Ihr Mädchen und verschwinden Sie von hier, bevor ich es mir anders überlege. Ihr da, tretet beiseite. Lasst ihn vorbei.«
    Ich hatte zwei Leitungen in einer Konferenzschaltung. Zwei Informationsquellen, voll von Störgeräuschen und Hintergrundlärm, und alles wurde live übertragen. Draußen: nichts. Cormac musste ein großes Kaliber auf Smiths
Schläger gerichtet haben, denn es war noch nicht einmal ein Murren von ihnen zu hören.
    Dann von drinnen: »Estelle? Es ist Zeit, nach Hause zu gehen. Komm mit mir.« Diese Stimme war nervös, verlockend. Arturo.
    Â»Estelle …«, sagte Smith.
    Â»Nein. Nein, nein, nein!« Estelles Weigerung wurde immer schriller.
    Â»Estelle.« Zwei Stimmen, Eis und Feuer, in gleichem Maße unwiderstehlich.
    Â»Estelle, geh ans Telefon! Geh ans Telefon und sprich mit mir, verdammt noch mal!«, rief ich vergeblich.
    Ich wünschte, ich könnte mit ihr reden. Was würde meine Stimme in dem Chaos bewirken? Was konnte ich ihr bloß sagen außer: Hör nicht auf sie! Hör auf keinen von uns! Folge deinem Herzen oder dem, was noch davon übrig ist, und verlasse sie.
    Sie stieß einen weiteren Schrei aus, der sich von dem letzten schrillen Angstschrei unterschied. Der Schrei jetzt war herausfordernd. Endgültig. Ein Krachen ertönte. Etwas zerbrach, vielleicht ein Regal, das zu Boden fiel.
    Die nachfolgende Stille dehnte sich aus, so schmerzlich und endgültig wie eine leere Seite. Dann: »Das ist Ihre Schuld«, sagte Arturo, dessen Stimme starr vor Zorn war. »Dafür werden Sie zahlen.«
    Â»Sie sind auch nicht ohne Schuld, Sie trifft die gleiche Verantwortung«, sagte Elijah Smith. »Sie hat sich umgebracht. Da würde mir jeder zustimmen. Ihre eigenen Hände halten den Pfahl umklammert.«
    Einen Augenblick konnte ich die Blutgefäße in meinen
Ohren, meinen Lippen, meinen Wangen spüren. Ich stand kurz vor dem Explodieren, so heiß war mir.
    Ich konnte die Geräuschfetzen, die ich gehört hatte, zusammensetzen und erraten, was geschehen war. Ein Holzsplitter von einem Regal, vielleicht ein zerbrochener Besenstiel. Dann war es nur eine Frage des richtigen Zielens, man musste sich genau darauffallen lassen.
    Verflucht noch mal. Meine Sendung hatte noch nie zuvor zum Tod eines Menschen geführt.
    Arturo sagte: »Was sind Sie?«
    Â»Wenn Sie als demütiger Bittsteller zu mir kommen, beantworte ich alle Ihre Fragen.«
    Â»Wie können Sie es wagen …«
    Â»Alle raus hier, bevor ich zu schießen anfange.« Das war Cormac, der bewundernswerte Zurückhaltung an den Tag legte.
    Schnelle, wütende Schritte verließen das Zimmer und entfernten sich. Gelassene, langsame Schritte folgten. Dann nichts mehr.
    Cormacs Stimme durchbrach meine Stille, in Stereo, denn sie drang nun durch beide Leitungen.
    Â»Norville? Bist du noch dran? Sag was, Norville.«
    Meine Hände gruben sich in die Tischkante. Die Oberfläche aus Plastiklaminat bekam einen Sprung. Das Geräusch ließ mich zusammenzucken. Ich blickte hinab und sah, dass meine Finger sich verdickten und mir Krallen wuchsen. Ich hatte es noch nicht einmal gemerkt. Meine Arme waren so angespannt, ich hatte den Tisch so fest mit den Händen umklammert, dass ich gar nicht gespürt hatte, wie der Wandel einsetzte.

    Ich stieß mich von dem Stuhl ab und schüttelte die Hände. Dann verschränkte ich die Arme und presste die Fäuste unter meine Ellbogen. Mensch. Bleib Mensch, nur noch ein bisschen.
    Â»Norville!«
    Â»Ja. Ich bin dran.«
    Â»Hast du das alles gehört?«
    Â»Ja.

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