Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Stunde Der Woelfe

Die Stunde Der Woelfe

Titel: Die Stunde Der Woelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Vaughn
Vom Netzwerk:
Türen zu und näherten uns dem Haus.
    Ich flüsterte: »Lass mich vor dir hineingehen, Witterung aufnehmen, um sicherzugehen, dass es derselbe Kerl ist. Vielleicht dreht er durch, wenn er dich zuerst sieht.«
    Â»Na gut«, sagte er, wobei er jedoch skeptisch klang. »Gib mir einfach Bescheid, dann komme ich rein und schieße.«
    Warum beruhigte mich das nicht?
    Ich ging ein wenig schneller, ließ ihn hinter mir. Ein waagrechter Lichtstreifen drang durch die Jalousie am Vorderfenster des Hauses. Ich legte den Kopf schräg und lauschte. Drinnen erklang eine Stimme, tief und rau – ein Radio, das auf KNOB eingestellt war. Die Sendung war erst seit etwa einer halben Stunde vorbei. Ich trat auf den Gehweg und folgte ihm bis zur Eingangstür. Cormac hielt sich zwei Schritte hinter mir. Ich versuchte durch das Fenster zu sehen, aber die meisten Lamellen der Jalousie waren geschlossen.
    Ich legte die Hand auf den Knauf und drehte daran. Es war nicht abgesperrt. Da ließ ich den Knauf wieder los. Ich wollte niemanden in dem Haus überraschen. Also klopfte ich.

    Cormac verließ den Gehweg und stellte sich an die Hauswand, sodass er von der Tür aus nicht zu sehen war. Und zufälligerweise befand er sich von der Tür aus gesehen im Gegenwind. Oder vielleicht war es auch kein Zufall.
    Ich wartete eine Ewigkeit. Na ja, jedenfalls ziemlich lange. Ich wollte das Haus nicht betreten. Doch es kam niemand an die Tür. Vielleicht war er fort. Vielleicht unterwegs, um jemanden umzubringen. Wenn ich hineinging, konnte ich wenigstens seine Witterung aufnehmen. Ich würde wissen, ob es derselbe Kerl war, den ich an den Tatorten gerochen hatte.
    Ich öffnete die Tür und ging ins Haus.
    Der Hartholzboden im Vorderzimmer war voller Kratzer und Dellen, als seien etliche Generationen von Möbeln darauf hin und her verschoben und die eine oder andere Kinderschar darauf großgezogen worden. Doch das war lange her, in einem anderen Leben. In einer Ecke stand ein alter Fernseher auf dem Boden. Darauf befand sich das Radio. Vielleicht war es Rodney, der Nacht-DJ, der die letzten Stücke spielte. Mitten im Zimmer stand ein Sofa, das auf die Veranda des Hauses einer Studentenverbindung gepasst hätte. Viel mehr gab es dort nicht. Ein Karton, der vor Müll überquoll, stand in einer anderen Ecke. Die Wände waren vollkommen leer, und sie wiesen braune und gelbe Flecken auf. Ich fragte mich, was dieser Kerl arbeitete. Wenn er überhaupt arbeitete. Es gab hier keinerlei Anzeichen eines Lebens. Bloß ein Ort, traurig, heruntergekommen und provisorisch.
    Ich atmete tief durch die Nase ein.
    Im Grunde identifizierte ich den Geruch nicht wirklich,
sondern fühlte mich vielmehr blitzartig an die Tatorte zurückversetzt. Das Blut. Die Leiche des Opfers, über die Gasse verteilt. Man sagt, Gerüche seien mit Erinnerungen verknüpft. Was hat das für Werwölfe zu bedeuten, deren Geruchssinn derart ausgeprägt ist? Die Erinnerung wurde lebhaft entfacht, all das Gesehene und die Geräusche und die anderen Gerüche, die sich mir zusammen mit dem Geruch des Werwolfs, des Mörders eingeprägt hatten. Es drehte mir wieder den Magen um, mit der gleichen Übelkeit.
    Geradeaus vor mir führte ein Flur zum Rest des Hauses, wahrscheinlich Küche, Schlafzimmer, Badezimmer. Ein jäher Wasserschwall rauschte durch die Rohre des Hauses. Eine Toilettenspülung. Eine Tür ging auf und wieder zu. Ein Mann trat in den Flur und kam auf mich zu.
    Er trug ein einfaches weißes T-Shirt und ausgeblichene Jeans. Er war groß, mit dem Körperbau eines Bauarbeiters, dicken Armen, einem breiten Brustkorb. Er hatte einen Bürstenschnitt, der allmählich herauswuchs, und einen Drei-Tage-Bart. Er war barfuß. Er roch genauso wie das Zimmer, stickig und faulig.
    Bei meinem Anblick blieb er stehen. Seine Nasenlöcher blähten sich, und er witterte, wie es ein Werwolf täte. Er ballte die Hände. Mit wutentbranntem Blick kam er auf mich zu, wobei er sich wie ein Raubtier anpirschte.
    Ich stand aufrecht und achtete darauf, nicht zusammenzuzucken, kein Zeichen von Schwäche zu zeigen, das sein Wolf als Einladung zum Angriff sähe.
    Ich fragte: »Bist du James?«
    Wieder blieb er stehen, als sei er gegen eine Wand gelaufen.
Er runzelte die Stirn, sein Gesicht spiegelte Verwirrung wider. »Was hast du gesagt?«
    Er war es. Diese Stimme, tief und angespannt, kurz

Weitere Kostenlose Bücher